
Produkttest
Die Pulsar X2V2 sieht nicht nur gut aus, sie ist es auch
von Kevin Hofer
Mit «unendlichem Akku» bewirbt Angry Miao seine erste Maus. Dabei lässt sich dieser lediglich im Nullkommanichts tauschen. Trotz diesem irreführenden Marketing ist die AM Infinity Mouse ein hervorragendes Eingabegerät.
Geil sieht sie aus, die AM Infinity Mouse. Ihre organischen Konturen erinnern mich an die Designs von H.R. Giger zu den «Alien»-Filmen. Hersteller Angry Miao hat sich aber nicht vom Sci-Fi-Klassiker, sondern von der Auto-Konzeptstudie Lotus Evanora des indischen Designers Maitreya Dhanak inspirieren lassen.
Neben schickem Aussehen liegt die Maus verdammt gut in der Hand und überzeugt mich bei der Performance durchs Band.
Die grösste Innovation der AM Infinity Mouse ist ihr austauschbarer Akku, den Angry Mouse deshalb als «unendlich» bezeichnet. Sehe ich vom irreführenden Marketing ab, erachte ich vor allem die Art der Implementation als genial – tauschbare Akkus an sich gibt es bereits seit langem.
Der Akku hält magnetisch hinten unten im Gehäuse. Ich muss ihn nur herausdrücken und die Maus über die zweite, vollgeladene Batterie halten, die dann dank der Magnete sofort an den richtigen Platz springt. Das sieht so aus:
Der Tausch funktioniert überraschend gut. Mit etwas Übung bin ich schnell und es macht Spass. Die Magnete sind dabei derart stark, dass der Akku bombenfest im Gehäuse hält. Geladen wird er am Empfänger für die 2,4-GHz-Verbindung. Dadurch ist gleichzeitig sichergestellt, dass eventuelle USB 3.0 Ports keine Unterbrüche verursachen.
Laden kann ich einen 340-mAh-Akku innert weniger Stunden. Nutze ich die Maus mit 2,4-GHz-Verbindung und 8K-Polling-Rate, hält die Batterie bis zu drei Tage intensiven Gebrauchs im Homeoffice und kurzen Zockeinheiten am Abend. Angry Miao selbst spricht in diesem Fall von bis zu 17 Stunden Laufzeit. Bei einer 1K-Polling-Rate verlängert sich die Puste der Maus um mehr als das Doppelte. Bluetooth habe ich nicht getestet, aber aufgrund der besseren Effizienz dürfte sich die Laufzeit dort nochmals verdoppeln.
Neben den beiden Drahtlosverbindungen kann ich die Maus auch per USB-C-Kabel mit dem PC verbinden. Den Akku kann ich dann entfernen, wodurch der Nager nur noch 39 statt 49 Gramm wiegt. Das äusserst flexible mitgelieferte Kabel bemerke ich beim Zocken kaum. Das liegt aber auch an den fünf hervorragenden Gleitern auf PTFE (Teflon) auf der Unterseite.
Bevor ich die AM Infinity Mouse zum ersten Mal in die Hand nehme, befürchte ich, dass sie sich unangenehm anfühlt. Nach zwei Wochen des Gebrauchs kann ich sagen: Das Teil liegt sehr gut in der Hand. Mich stören die Aussparungen überhaupt nicht – im Gegenteil, sie geben mir zusätzlichen Halt.
Hinzu kommt, dass ich das Gerippe aus einer Aluminiumlegierung einfach gerne anfasse. Es fühlt sich viel besser an als all die Mäuse aus Kunststoff und ich habe das Gefühl, ein einzigartiges Produkt in der Hand zu halten. Durch die super Verarbeitung knarrt oder rattert nichts.
Optisch mag es nicht jedermanns Sache sein, dass die Innereien der Maus offen liegen. Mir gefällt das und es erleichtert die Reinigung: Einfach einmal die Woche mit dem Luftdruckreiniger auspusten und danach die Oberfläche mit einem feuchten Tuch abwischen. Aber sehr wahrscheinlich reicht auch deutlich weniger – ich bin einfach penibel.
Die Maus eignet sich für alle drei gängigen Grifftypen. Aufgrund des geringen Gewichts ermüde ich selbst beim Fingertip-Grip kaum. Ich kann mir aber vorstellen, dass Menschen mit kleineren Händen als ich – ich trage Handschuhgrösse L – die Maus nicht optimal packen können, weil sie dann in die Löcher greifen.
Bei den Schaltern setzt Angry Miao auf Optical Micro Switches V2 von TTC. Der Vorteil optischer Switches im Vergleich zu mechanischen ist, dass sie keinen Debounce Delay haben. Das sind jene Millisekunden, die ein mechanischer Switch braucht, um in die Ausgangsposition zurückzuspringen. Ebenfalls ein Vorteil von dieser Art Schalter: Es sollten keine versehentlichen Doppelklicks passieren. Die Switches sind für 100 Millionen Klicks ausgelegt.
Die Switches haben in meinen Tests immer zuverlässig reagiert. Egal, wo auf den Haupttasten ich drücke, die AM Infinity Mouse löst immer zum gleichen Zeitpunkt aus und benötigt durchweg gleich viel Kraftaufwand. Vor dem Auslösen spüre ich kaum Tastenhub. Bei Gaming-Mäusen gilt: je kürzer der Hub, desto besser. Es macht richtig Spass, auf die Tasten zu drücken. Das Klickgeräusch, ein metallener Klang, empfinde ich als äusserst befriedigend.
Die Seitentasten sind perfekt platziert. Ich kann bequem den Daumen unter ihnen ruhen lassen und erreiche sie bei Bedarf ohne viel Aufwand. Sie lösen gleichmässig aus und fühlen sich gut an. Leider sind sie aus Kunststoff und nicht aus Aluminium.
Auch das Mausrad liegt gut. Wie bei den Seitentasten hätte ich mir aber gewünscht, dass es aus Aluminium ist. Aber ich nörgle auf hohem Niveau. Immerhin bietet es dank der Gummierung guten Halt. Beim Scrollen rastet es deutlich ein. Beim Drücken spüre ich kaum Hub und das Klickgeräusch ertönt leiser als jenes der Haupt- und Seitentasten.
Leider bietet die AM Infinity Mouse keinen physischen DPI-Umschalter. DPI steht für Counts per Inch. Sie geben an, wie viele Pixel der Cursor bei einer Mausbewegung von einem Inch springt.
In der Maus steckt der PixArt-PAW3950-Sensor. Er verfügt über 30 000 DPI. So hohe DPI sind in der Regel nicht wirklich nötig. Persönlich spiele ich nie mit mehr als 1600 DPI. Bei den Inches per Second (IPS) liefert der Sensor mit 750 einen guten, zeitgemässen Wert. IPS besagen, wie schnell du die Maus bewegen kannst, damit der Sensor die Bewegungen noch exakt wahrnimmt. In die gleiche Kerbe schlägt die Beschleunigung von 50G, also wie schnelle Start- und Stoppbewegungen der Sensor erfassen kann.
In meinen Tests mit MouseTester v1.5 schneidet der PAW350 hervorragend ab. Bei der DPI-Präzision – also wie stark die eingestellte DPI von der tatsächlich gemessenen abweicht – messe ich eine durchschnittliche Abweichung von rund 1,5 Prozent. Alles unter fünf Prozent werte ich als gut.
Die Polling-Rate ist äusserst konsistent und beim Tracking Speed sowie der Acceleration liefert der Sensor ebenfalls Bestwerte.
Die Einstellungen der Maus ändere ich in der Software AM Master von Angry Miao, die für Windows und macOS verfügbar ist. Sie bietet die üblichen Features wie Anpassen der DPI, Macros erstellen oder die Beleuchtung der Ladestation ändern. Auch Firmwareupdates tätige ich über die Software. Die übersichtliche und zuverlässige App erhält von mir aber keinen Preis fürs Design.
Die AM Infinity Mouse mag sperrigen Namen haben. Der erste Nager aus dem Hause Angry Miao überzeugt daneben aber auf der ganzen Linie. Die Haptik, der Sensor sowie die Tasten sind spitze. Die austauschbaren Akkus sind zwar kein Novum, aber der Hersteller implementiert sie genial. Kurz: Es ist für mich die bislang beste Gaming-Maus.
Den verhältnismässig hohen Preis finde ich aufgrund der verwendeten Komponenten gerechtfertigt. Grosse Hersteller verlangen für ihre Top-Modelle ähnlich viel Geld, verwenden aber durchwegs Kunststoff im Gegensatz zum Aluminium der Infinity Mouse. Und sie fertigen bestimmt höhere Stückzahlen an, was den Produktionspreis deutlich geringer macht als beim Produkt von Angry Miao.
Einzige zwei Kritikpunkte für mich sind der fehlende physische DPI-Umschalter und dass die Software nicht für Linux verfügbar ist. Aber ich nörgle auf ganz hohem Niveau.
Achja, einen weiteren Kritikpunkt habe ich noch: Die AM Infinity Mouse gibt es (noch?) nicht bei uns im Shop zu kaufen. Ich habe sie mir im Zuge des Kickstarters geholt. Die Kollegen aus der Category veruschen aber ihr Bestes, das Gerät bei uns an Lager zu nehmen.
Pro
Contra
Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.