Dieses Material ist «unschneidbar»
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Dieses Material ist «unschneidbar»

Nach einer Minute ist der Winkelschneider stumpf und der Schnitt trotzdem kaum tiefer: Dank seines raffinierten Aufbaus kann man dieses Material nicht schneiden.

Wissenschaftler haben ein Material entwickelt, das sich weder mit einem Bohrer noch mit einem Winkelschleifer durchtrennen lässt. Es enthält Kugeln aus Keramik mit knapp anderthalb Zentimeter Durchmesser, die in einen relativ flexiblen Aluminiumschaum eingebettet sind. Die Kombination aus harten und weichen Komponenten führt zu Vibrationen, die auf das Schneidgerät zurückwirken und es stumpf machen. Gleichzeitig reibt der Bohrer oder die Scheibe des Trennschleifers von den Keramikkugeln pulverförmiges Material ab, das ebenfalls den Schneidkanten zusetzt und das Werkzeug blockiert.

Im Fachmagazin «Scientific Reports» stellt das Team um Stefan Szyniszewski von der Durham University ihre Erfindung vor. Man produziert dazu zunächst die Kugeln sowie Stäbchen aus gepresstem Aluminiumpulver, das einen Schaumbildner enthält. Beides wird in eine Form gegeben, wobei die Kugeln ein regelmässiges Muster bilden und vom Aluminium ummantelt wird. Unter Hitze schäumt das Aluminium auf und bildet die äussere, weiche Matrix. Bei ihrer Entwicklung haben sich die Wissenschaftler nach eigenem Bekunden von der Schale der Grapefruit und den extrem widerstandsfähigen Schalen der Seeohren inspirieren lassen. Auch diese Materialien verdanken ihre Widerstandsfähigkeit einem Mix aus weich und hart.

Die Zukunft für sichere Haustüren und Veloschlösser?

Den Proben aus dem Material, das die Forscher nach seiner inneren Wandelbarkeit «Proteus» nannten, kam man auch mittels Wasserstrahlschneiden nicht bei: Die Kugelform der eingebetteten Keramik habe den Strahl immer wieder abgelenkt und aufgeweitet, was ihn wirkungslos gemacht habe, schreibt das Team, an dem auch Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Chemnitz beteiligt waren.

Eine Probe von «Proteus». Zwar kommt man mit dem Winkelschleifer unter die Oberfläche, doch früher oder später stösst man auf eine Kugel. Bild: Dr. Florian Bittner, Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik IKK, Leibniz Universität Hannover, Deutschland/ Fraunhofer-Institut für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut WKI, Hannover, Deutschland
Eine Probe von «Proteus». Zwar kommt man mit dem Winkelschleifer unter die Oberfläche, doch früher oder später stösst man auf eine Kugel. Bild: Dr. Florian Bittner, Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik IKK, Leibniz Universität Hannover, Deutschland/ Fraunhofer-Institut für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut WKI, Hannover, Deutschland

Dank seiner vielen Hohlräume ist das Material vergleichsweise leicht, aber trotzdem stabil gegenüber Druck. Je nach Anwendungsgebiet könne man die Grösse der Kugeln, die Porosität des Schaums sowie zahlreiche weitere Parameter feinjustieren, schreiben die Wissenschaftler – je nachdem, ob das Material in einer Haus- oder Safetür oder auch in Form einer schnittfesten Armschutzplatte zum Einsatz kommen soll. Denkbar wären auch Sicherheitsanwendungen wie Veloschlösser.

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