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Meinung

Frauen erwähnen statt mitmeinen: Ich ändere meine Sprache

Thomas Meyer
17.2.2021

Ich bin 1974 geboren – drei Jahre, nachdem in der Schweiz das Frauenstimmrecht eingeführt worden war. Also in keiner sonderlich progressiven Epoche. So sehr war ich Kind meiner Zeit, dass ich feministische Linguistik bis vor wenigen Jahren nur belächelte. Mittlerweile sehe ich ein, wie arrogant das war – und wie wenig es einen kostet, sich eine andere Sprache anzugewöhnen.

Liebe Leser!

Der Denkfehler, den ich damals beging und nicht einsehen wollte, bestand darin, dass ich für andere Menschen zwei grundsätzliche Dinge bestimmte: Erstens, wie über sie gesprochen wird – beziehungsweise eben nicht –, und zweitens, wie sie dabei zu empfinden hatten – beziehungsweise eben nicht. Das war ausgesprochen anmassend von mir.

Wehrte ich mich gegen diese Bemerkungen, liess man mich wissen, ich sei überempfindlich, humorlos oder anstrengend, vermutlich alles zusammen. Niemand liess meine Ansicht je gelten, niemand bat je um Verzeihung. Ich hätte also wissen müssen, wie es sich anfühlt, wenn man mit einer Sprache konfrontiert wird, die einen erniedrigt. Aber offenbar genügte das nicht, um meine eigene diskriminierende Wortwahl zu verändern.

Regeln sind Regeln, fand ich

Ist natürlich leicht gesagt, als Mann.

Dann kamen Donald Trump, Harvey Weinstein und #metoo und eine intensive Diskussion über die Frage, warum unsere Gesellschaft Frauen nicht genügend Respekt entgegenbringt. Neu war die Debatte nicht, aber sie wurde so engagiert geführt, dass ich mich fragen musste: Habe auch ich Sexismus in mir? Wohnt auch in mir ein kleiner Trump?

Lange überlegen musste ich nicht. Wenn einer über Jahre hinweg Frauen den Wunsch abschlägt, sprachlich sichtbar gemacht zu werden, und über ihre Vorschläge nur lachen kann, ist das sexistisch.

Ich merkte, dass es überhaupt nicht schlimm ist, «Schweizer*innen» zu schreiben. Oder, wenn ich etwas erzähle, von meinen «Freundinnen und Freunden» zu sprechen. Es ist zugegebenermassen etwas umständlicher. Aber was für mich einen kleinen zusätzlichen Aufwand bedeutet, beim Denken, Reden und Schreiben, bedeutet für die Hälfte der Menschheit, von mir gesehen, gehört und geachtet zu werden. Zudem kann es andere inspirieren. Gerade durch den schreibenden Beruf.

Ich finde, wir müssen sprachlich besser miteinander umgehen. Sorgfältiger. Mitfühlender. Auch wenn wir nichts davon haben, sondern sogar Mehraufwand betreiben müssen. Andere haben aber etwas davon, nämlich Respekt. Darum finde ich es nicht seltsam, wenn Galaxus von «Kund*innen» spricht, sondern richtig und anständig. Die Hälfte der Leute, die hier einkaufen, sind nun einmal keine «Kunden».

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Der Schriftsteller Thomas Meyer wurde 1974 in Zürich geboren. Er arbeitete als Werbetexter, bis 2012 sein erster Roman «Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse» erschien. Er ist Vater eines Sohnes und hat dadurch immer eine prima Ausrede, um Lego zu kaufen. Mehr von ihm: www.thomasmeyer.ch. 


Meinung

Hier liest du eine subjektive Meinung der Redaktion. Sie entspricht nicht zwingend der Haltung des Unternehmens.

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