
Meinung
Das hätte ich gerne gewusst, bevor ich Katzen bekam
von Darina Schweizer
Geht es um Hütedienste für Katzen, bin ich ein gebranntes Kitten. Nach dem Flop mit einer selbständigen Sitterin habe ich eine Online-Plattform getestet. Das ist mein Fazit.
«Mist!» Es ist kurz vor meinen Herbstferien und ich realisiere zwei Dinge: Erstens, niemand aus meiner Familie oder Nachbarschaft kann meine Katzen hüten. Zweitens, mit einer selbstständigen Katzensitterin habe ich erst gerade schlechte Erfahrungen gemacht.
«Über 20 Jahre Erfahrung» hatten gut geklungen – die (wenigen, nur positiven) Google-Bewertungen noch besser. Doch nach dem Urlaub begrüsste uns ein muffiger Geruch, Kotstückchen lagen vor der Toilette und die Katzen waren durch den Wind. Vermutlich hatte die Hüterin nie gelüftet, zu wenig Streu nachgefüllt und kaum mit Jasper und Joy gespielt.
Noch eher hätte ich den Urlaub abgesagt, als sie ein weiteres Mal zu engagieren. Was also tun? Da fällt mir eine Online-Plattform ein, die mir meine Kollegin empfohlen hat: Cat in a Flat. Hier melden sich private Sitter freiwillig an.
Auch ich registriere mich und suche nach Katzensittern in der Nähe meines Wohnorts. Sofort ploppen Profile auf. Mit so vielen hätte ich nicht gerechnet. Und mit so guten Preisen auch nicht: Alle Sitter verlangen zwischen 20 und 25 Franken pro Besuch. Also rund zehn Franken weniger als bei der selbständigen Sitterin. Da ich mehr als knapp dran bin, habe ich wenig Hoffnung.
Doch siehe da: Wenige Stunden später meldet sich eine Frau bei mir. «Kann ich gerne machen», lautet die Antwort. Ich schaue ihr Profil an: viele gute Bewertungen, einige Wiederbuchungen. Erleichtert schlage ich vor, uns für einen Kennenlerntermin und die Schlüsselübergabe zu treffen.
Dann herrscht Stille. Die Antwort lässt auf sich warten. Und warten und warten. Auch eine zweite Sitterin sagt mir nach langem Hin und Her kurzfristig ab. Als zwei Tage vor dem Urlaub der Posteingang noch immer leer ist, habe ich nur noch eine Option: Ich gebe ein Last-Minute-Inserat über Cat in a Flat auf.
Keine zehn Minuten später meldet sich eine junge Medizinstudentin aus der Nachbargemeinde. Ich überfliege ihre 29 Rezensionen und traue meinen Augen nicht: sage und schreibe 28 Wiederbuchungen! 22 Personen haben sie als Lieblingssitterin markiert. Diesmal bleibt es nicht beim «Kann ich machen», sondern es wird ein «Soll ich gleich vorbeikommen?» daraus. «Ähm, ja klar», antworte ich verdutzt und begeistert zugleich.
Die junge Frau steht pünktlich vor der Tür. Sie ist unkompliziert, interessiert und sehr erfahren. Alles, was ich mir von der doppelt so alten, selbstständigen Sitterin gewünscht hätte. Tja, Qualität wird nicht in Jahren gemessen. Ohne Zögern übergebe ich ihr den Wohnungsschlüssel. Endlich kann ich ans Kofferpacken denken.
Ein leicht mulmiges Gefühl habe ich am Anfang der Ferien schon. Was, wenn es wieder im Desaster endet? Nach wenigen Tagen nimmt mir die junge Frau die Angst: Per Whatsapp schickt sie mir Fotos von einem zufriedenen Jasper und einer entspannten Joy. Ein Blick auf die Kamera im Futterautomat, den wir zusätzlich hingestellt haben, zeigt: Sie war über eine Stunde da und scheint sich ausgiebig mit den Katzen beschäftigt zu haben.
Als ich zu Hause wieder die Tür öffne, bin ich nicht erstaunt: kein Gestank, keine Kotstückchen, keine verstörten Katzen. Sie sind sogar fast noch verschmuster als vor meinem Urlaub.
Was ich gelernt habe? Nur, weil jemand schon lange seinen Job macht, muss er ihn nicht gut machen. Ich unterstütze lokales Gewerbe nur, wenn es gute Arbeit leistet. Und ja, bei Online-Hütediensten habe ich die Gefahr von Unverbindlichkeit. Doch habe ich die nicht überall? Kommt es nicht viel mehr auf die Einzelperson an als auf den Weg, der sie zu mir führt?
Die junge Medizinstudentin war definitiv nicht das letzte Mal bei uns.
Welche Hütedienste hast du schon ausprobiert? Verrate es in einem Kommentar.
Ich liebe alles, was vier Beine oder Wurzeln hat – besonders meine Tierheimkatzen Jasper und Joy sowie meine Sukkulenten-Sammlung. Am liebsten pirsche ich auf Reportagen mit Polizeihunden und Katzencoiffeurinnen umher oder lasse in Gartenbrockis und Japangärten einfühlsame Geschichten gedeihen.
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