

Mit dem Wasservelo auf den Spuren der Elfstedentocht

Das berühmte niederländische Eislaufrennen, die Elfstedentocht, fand 1997 das letzte Mal statt. Seither sind die Kanäle nicht mehr zugeforen. Die Tour durch historische Städte und grüne Landschaften lohnt sich aber auch mit dem Wasservelo.
Es ist eine legendäre Strecke: Die Elfstedentocht in den Niederlanden, auch bekannt als Elf-Städte-Tour. Traditionell ist sie Schauplatz eines Eisschnelllauf-Rennens mit absolutem Kult-Status. 1909 wurde die Tour das erste Mal gefahren; das letzte Mal sausten die Eisschnellläuferinnen und -läufer 1997 über die Kanäle zwischen elf friesischen Städten. Seither war kein Winter kalt genug, um die Gewässer vollständig zufrieren zu lassen.

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Ikonische Rennen auf SUP und Velo
Das Rennen hat eine solch hohe Bedeutung, dass der ehemalige Speed-Skate-Weltmeister Erben Wennemars in einem Fernsehinterview sagte, er würde auf alle seine Medaillen verzichten, wenn er nur einmal die Elf-Städte-Tour auf Schlittschuhen fahren könnte.
Inzwischen gibt es die Tour als weniger wetterabhängiges Rad- und SUP-Rennen, das 2025 die Schweizerin Andrea Forrer bei den Damen und der Kanadier Tim Oliver bei den Herren gewann.
Ich bin das SUP-Rennen über 220 Kilometer in fünf Etappen ebenfalls dreimal gefahren. Ein unvergleichliches Erlebnis, bei dem sich die körperliche und mentale Anstrengung durch landschaftliche Highlights, neue Freundschaften und ein starkes Gemeinschaftsgefühl zwischen den Teilnehmenden auszahlt.

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Und jedes Mal dachte ich: Wie schön wäre es, mir bei dieser Tour die mittelalterlichen Städtchen, die umliegenden Naturschutzgebiete und das Leben auf den Wasserwegen in Ruhe anschauen zu können. Nachdem mein Mann und ich das erste Mal auf Wasserfahrrädern sassen, stand fest: Wir fahren einen Teil der Tour mit Wasservelos.

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«Warum nur einen Teil?», fragst du dich vielleicht. Ganz einfach: Die ganze Tour wäre in der zur Verfügung stehenden Zeit in Stress ausgeartet – und das wollten wir nicht.
Gelungener Start vor historischer Kulisse
Los geht’s in Leeuwarden vorbei an historischen Flachbodenschiffen, modernen Jachten und Restaurants auf Schiffen. Die Stadt ist eine echte Wasserstadt, zahlreiche Grachten verbinden die Quartiere und schlängeln sich vorbei an historischen Bauten, Museen und unter Brücken hindurch. Leeuwarden ist die Hauptstadt der niederländischen Provinz Friesland; 2018 war sie europäische Kulturhauptstadt.

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Nach einer Stadtbesichtigung auf dem Wasser mit einem Stopp an einer Eisdiele starten wir in Richtung Dokkum. Neben Leeuwarden und Dokkum sind die Städte Sneek, Ijst, Sloten, Stavoren, Hindeloopen, Workum, Bolsward, Makkum und Franeker Teil der traditionellen 11-City-Tour.
Auf dem Weg nach Dokkum machen wir erstmals Bekanntschaft mit einem hartnäckigen Hindernis: Wasserpflanzen. Sie wickeln sich heimtückisch um die Propeller, die unsere Velos unter Wasser antreiben und verlangsamen unsere Fahrt erheblich. Immer wieder müssen wir anhalten, um das Grünzeug von unseren Antrieben zu entfernen.

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Nach 4,5 Stunden ist es geschafft: Wir fahren vorbei an der historischen Windmühle in Dokkum und können uns gleich auf der ans Wasser angrenzenden Terrasse unseres Hotels bei einem kalten Getränk erholen.
Neben der Windmühle und den historischen friesischen Backsteinhäusern aus dem 17. und 18. Jahrhundert ist das alte Waaghaus besonders sehenswert. Es beherbergt heute ein Restaurant. Früher stand dort die Butterwaage und im oberen Stock das Büro des ersten Dokkumer Ortsaufsehers. Ob er aufgrund des Dokkumer Kofje, eines mit dem Kräuterlikör Beerenburg und Rahm verfeinerten Kaffees, besonders oft ausrücken musste, ist nicht bekannt.
Unterkünfte direkt am Wasser
Wir planten eine entspannte Tour und haben die Unterkünfte im Voraus gebucht. Jede direkt am Wasser. So können wir anhalten, unsere Wasserfahrräder festbinden und sind direkt am Ziel. Ohne unsere Fahrzeuge auseinanderbauen oder tragen zu müssen – was aufgrund ihres relativ geringen Gewichts und der aufblasbaren Schwimmkörper aber auch kein Problem wäre.

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Unser Gepäck transportieren wir in wasserdichten Taschen auf aufblasbaren Gepäckplattformen, die wir für die Tour gekauft haben. Das klappt sehr gut. Da wir uns für die Strecke Zeit nehmen, sind wir bei Tagesausflügen auch mal ohne Gepäck unterwegs.
Überall Hinweise auf die Schlittschuhtour
Was für einen hohen Stellenwert die Elfstedentocht in den Niederlanden hat, ist überall spürbar. Alle, mit denen wir ins Gespräch kommen, kennen die Tour, die Städte und die Besonderheiten des Langstreckenrennens, das inzwischen ersatzweise als alternative Elfstedentocht am Weissensee in Österreich stattfindet.
In der Nähe von Leeuwarden erinnert eine Brücke mit einem Mosaik aus Portrait-Kacheln an die Rennfahrerinnen und -fahrer. Auch das Portrait des Onkels einer Freundin, die ich hier beim SUP-Rennen kennengelernt habe, ist dort verewigt.

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Gegenwind macht das Vorankommen schwer
Gemütlich und entspannt – so hatten wir uns die Tour gewünscht. Und so ist sie auch zum grossen Teil. An zwei Tagen wird es allerdings recht heftig. Zusätzlich zu den Wasserpflanzen machen uns starker Gegenwind und Schiffswellen arg zu schaffen.

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Das Vorwärtskommen gelingt nur im Schritttempo – oder langsamer. Statt der geplanten fünf bis sechs treten wir acht Stunden in die Pedalen. Unterwegs geht uns bei schwül-warmem Wetter das Trinkwasser aus. Von der nächsten Ortschaft sind wir noch Kilometer und somit Stunden entfernt. Glücklicherweise treffen wir einen Angler, der unsere Trinkflaschen füllt. Wir freuen uns über die Hilfe und eine weitere nette Begegnung.
Solche gibt es immer wieder. Schiffskapitäninnen und -kapitäne winken und häufig ergibt sich im Vorbeifahren ein kurzes Gespräch. Das motiviert und macht die Tour noch angenehmer.
Ein Blick aufs Meer
In Harlingen kommen wir an der Nordsee an. Wir bewundern die vielen historischen und modernen Boote im Hafen, unter ihnen eine originalgetreue Rekonstruktion eines Expeditionsschiffs aus dem Jahr 1596 und ein Feuerwehrschiff, das erst als mobiler Leuchtturm und später als Disko diente.

Quelle: Siri Schubert
Nachdem wir auch die Stadt Franeker mit ihren Grachten und dem Hafen besucht haben, geht’s zurück nach Leeuwarden. Da wir nicht jedes Mal warten möchten, bis sich eine der vielen Zugbrücken für ein grösseres Schiff öffnet, fahren wir oft auch unten durch – manchmal allerdings in zusammengekauerter Haltung.

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Wie sehr das Land auf Verkehr auf dem Wasser ausgerichtet ist, merken wir nicht nur daran, dass viele Leute ihr Boot nutzen, um zum Einkaufen in die nächste Stadt zu fahren. Auch die Aquädukte, die über Schnellstrassen und Autobahnen führen, zeugen davon, dass Boote, SUP, Kajaks und jetzt auch Wasservelos beliebte Transportmittel sind.
Zurück in Leeuwarden
Am Ende der Tour wartet ein Highlight auf uns. Die Bonkevaart – die Elfstedentocht-Ziellinie. Der Metallbogen über dem Wasser ist geformt wie ein halbes Elfstedenkreuz, die Medaille für die besten Speedskaterinnen und -skater. Auf dem Wasser oder Eis erscheint durch die Reflexion das ganze Kreuz.

Quelle: Tjallien Kalsbeek
Die Tour auf dem Wasserfahrrad durch die Grachten und Kanäle der friesischen Provinz war ein geniales Erlebnis. Einerseits, weil wir unsere Leidenschaften Wassersport und Velofahren voll ausleben konnten und andererseits, weil die Elfstedentocht auf dem Wasser und in den Städten für uns so richtig lebendig wurde.
Wenn du Lust hast, die Tour einmal selbst zu fahren, mit dem Boot, dem Kajak, dem SUP oder dem Wasservelo, findest du hier Tipps und Inspiration.



Forschungstaucherin, Outdoor-Guide und SUP-Instruktorin – Seen, Flüsse und Meere sind meine Spielplätze. Gern wechsel ich auch mal die Perspektive und schaue mir beim Trailrunning und Drohnenfliegen die Welt von oben an.
Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.
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