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Hintergrund

Pflanzliche Antibiotika-Alternativen: Steckt in deinem Gewürzregal eine übersehene Waffe gegen Infekte?

Anna Sandner
24.12.2025

Thymian, Oregano, Meerrettich: Was sonst im Essen landet, zeigt eine erstaunliche Wirkung gegen Infekte. Aber macht das die Pflanzen auch zu einer effektiven Antibiotika-Alternative?

Ein wichtiger Hinweis vorab: Dieser Artikel ersetzt keine ärztliche Beratung. Antibiotika sind bei schweren bakteriellen Infektionen wie Lungen- oder Hirnhautentzündungen oft lebensrettend und unverzichtbar. Die hier vorgestellten pflanzlichen Alternativen sind zur Unterstützung bei leichten bis mittelschweren Infekten oder zur Vorbeugung gedacht, nicht als Ersatz für eine medizinisch notwendige Therapie. Bitte setze verordnete Medikamente nie eigenmächtig ab und suche bei anhaltenden oder starken Beschwerden immer deine Ärztin oder deinen Arzt auf.

Hand aufs Herz: Wann hast du das letzte Mal in deinem Gewürzregal nach Medizin gesucht? Vermutlich eher selten. Dabei schlummert dort möglicherweise ein Teil der Lösung für eines der größten Probleme der modernen Medizin.

Die Situation ist ernst – und das ist leider kein Clickbait. Antibiotika, regelrechte Wundermittel gegen Bakterien, verlieren erschreckend schnell ihre Kraft. Durch falschen und übermäßigen Einsatz verschießt die Menschheit ihre Munition gegen unzählige Krankheiten. Keime entwickeln sogenannte antimikrobielle Resistenzen, dadurch können sie trotz Antibiotikagabe weiterleben und sich vermehren. Bakterien werden resistent, Antibiotika wirkungslos. Die Folge: Infektionskrankheiten lassen sich schwerer behandeln und die Sterblichkeit steigt.

Die WHO stuft antimikrobielle Resistenzen als eine der zehn größten globalen Bedrohungen für die öffentliche Gesundheit ein.

Pflanzliche Alternativen als Ergänzung zum Medizin-Hammer

Während Forschende auf der ganzen Welt mit Hochdruck nach neuen Antibiotika suchen, hat die Natur schon was in petto. Viele Pflanzen halten Stoffe bereit, die Keimen den Garaus machen, ohne dabei auch viele notwendige Bakterien (Stichwort Darmflora) abzutöten.

Das soll nicht heißen: «Trink ein bisschen Salbei-Tee, dann brauchst du kein Antibiotikum.» Keine Frage, dass konventionelle Antibiotika bei schweren Infektionen wirklich wie eine Wunderwaffe wirken können. Aber damit sie in diesen ernsten Fällen helfen können, ist es entscheidend, dass sie auch nur dann zum Einsatz kommen. Solange es allerdings um Vorbeugung oder eine leichte Infektion geht, lohnt sich manchmal auch der Blick auf die bunte Palette der pflanzlichen Unterstützung.

Salbei wirkt entzündungshemmend und kann zum Beispiel bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum Linderung bringen.
Salbei wirkt entzündungshemmend und kann zum Beispiel bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum Linderung bringen.
Quelle: New Africa

Dabei ist wichtig zu verstehen: Die meisten pflanzlichen Wirkstoffe unterscheiden sich grundlegend von herkömmlichen Antibiotika. Während letztere meist gezielt bestimmte Stoffwechselprozesse in Bakterien hemmen, wirken pflanzliche Substanzen oft über komplexere Mechanismen und in der Regel deutlich schwächer. Der große Vorteil pflanzlicher Alternativen liegt in ihrer Vielseitigkeit. Sie kombinieren oft antibakterielle mit entzündungshemmenden und immunstimulierenden Eigenschaften.

Pflanze schlägt Pille? Was die Wissenschaft sagt

«Pflanzliche Alternative» klingt vielleicht nach Kräutertee und gutem Zureden. Tatsächlich hat die Forschung bereits anderes gezeigt:

Beispiel 1: das Husten-Dreamteam Efeu und Thymian

Eine Doppelblindstudie (der Goldstandard in der Forschung) hat gezeigt, dass die Kombination aus Thymian und Efeu Hustenattacken bei akuter Bronchitis signifikant schneller und effektiver lindert als ein Scheinmedikament. Die Teilnehmenden berichteten von einem deutlichen Rückgang der Hustenintensität und waren im Schnitt früher beschwerdefrei als die Kontrollgruppe.

Dagegen ist ein Kraut gewachsen: und zwar Thymian gegen Hustenanfälle.
Dagegen ist ein Kraut gewachsen: und zwar Thymian gegen Hustenanfälle.
Quelle: Brent Hofacker

Beispiel 2: die Blasen-Retter Kapuzinerkresse und Meerrettich

Wenn du schon mal eine Blasenentzündung hattest, kennst du den Schmerz und den Griff zum Antibiotikum. Aber es geht oft auch anders. Forschende verglichen eine Kombination aus Kapuzinerkresse und Meerrettich mit Standard-Antibiotika. Das Ergebnis: Die Pflanzen-Kombination erwies sich bei unkomplizierten Infekten genauso gut, hatte aber weniger Nebenwirkungen.

Meerrettich schmeckt nicht nur gut, sondern kann zusammen mit Kapuzinerkresse bei Blasenentzündung helfen.
Meerrettich schmeckt nicht nur gut, sondern kann zusammen mit Kapuzinerkresse bei Blasenentzündung helfen.
Quelle: Orest lyzhechka

Beispiel 3: der Superkeim-Killer Oregano

Und jetzt wird es richtig spannend. Was sonst für das gewisse Etwas auf der Pizza sorgt, entpuppt sich im Labor als medizinisches Schwergewicht: Oregano-Öl. Laboruntersuchungen zeigen, dass Oregano-Öl (speziell der Wirkstoff Carvacrol) sogar gegen multiresistente Keime wie MRSA wirkt. Also gegen genau die Bakterien, bei denen die gängigen Krankenhaus-Antibiotika oft versagen. Die Pflanzenstoffe knacken den Schutzschild der Bakterien, den sogenannten Biofilm. Allerdings stammen die Erfolge bisher vor allem aus dem Labor. Ob sich dieser Effekt in klinischen Studien bestätigt, ist derzeit noch offen.

Ein Kompass für die grüne Apotheke

Pflanzliche Alternativen können also funktionieren. Wie genau, erklärt die Heilpraktikerin Aruna M. Siewert in ihrem Buch «Pflanzliche Antibiotika» aus dem GU Verlag. Wie eine Gebrauchsanweisung für die Naturapotheke, beschreibt sie dort, welche Pflanzen bei welchen Symptomen Linderung versprechen und wie du sie richtig zubereitest und verwendest.

Pflanzliche Antibiotika (Deutsch, Aruna M. Siewert, 2020)
Ratgeber

Pflanzliche Antibiotika

Deutsch, Aruna M. Siewert, 2020

Siewert kommt aus der Praxis. Und das merkst du dem Buch an. Es ist keine trockene Abhandlung, sondern ein «Do-it-yourself»-Guide für die Gesundheit. So erklärt sie zum Beispiel nicht nur, dass und wie Zwiebeln antibakteriell wirken, sondern wie du daraus einen wirksamen Sirup kochst, wenn der Hals kratzt.

Der Ratgeber bietet eine Übersicht der häufigsten Krankheiten und welche Pflanzen dagegen helfen.
Der Ratgeber bietet eine Übersicht der häufigsten Krankheiten und welche Pflanzen dagegen helfen.
Quelle: Anna Sandner

«Pflanzliche Antibiotika» porträtiert rund 30 «Must-haves» für deine Pflanzenapotheke – von Klassikern wie Knoblauch bis zu Spezialisten wie Usnea (Bartflechte). Was mir gut gefällt: Sie zieht ganz klar Grenzen, wo eine Selbstbehandlung sinnvoll und geraten ist (z.B. leichte Sinusitis) und wann ich definitiv zur Ärztin oder zum Arzt gehen sollte. So bleibt die pflanzliche Unterstützung seriös und sicher.

Um das zum Abschluss nochmal deutlich zu sagen: Wenn du eine schwere Lungenentzündung hast, geh bitte ins Krankenhaus und nimm die Medikamente, die dir verschrieben werden. Schulmedizin rettet Leben. Punkt.

Aber für die vielen kleinen Infekte des Alltags – den kratzenden Hals, die beginnende Blasenentzündung oder den hartnäckigen Husten – haben wir oft eine wirksame und schonendere Alternative im Schrank, die viele völlig unterschätzen.

Wie stehst du zum Thema Heilpflanzen? Hast du Lieblingspflanzen, die dir bei bestimmten Krankheiten helfen? Oder setzt du rein auf Schulmedizin? Schreib es in die Kommentare.

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Wissenschaftsredakteurin und Biologin. Ich liebe Tiere und bin fasziniert von Pflanzen, ihren Fähigkeiten und allem, was man daraus und damit machen kann. Deswegen ist mein liebster Ort immer draußen – irgendwo in der Natur, gerne in meinem wilden Garten.


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Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.

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