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Sexuelle Belästigung bei Barbie

Ein Bericht von Solidar Suisse über sexuelle Belästigung in chinesischen Barbie-Fabriken hat im November 2020 für Aufregung gesorgt. Hat Mattel seitdem was dagegen unternommen?

Hinter Barbie steckt der zweitgrösste Spielzeughersteller der Welt, Mattel. Das US-amerikanische Unternehmen ist seit mehreren Jahren mit sexueller Belästigung in seinen Fabriken konfrontiert. Bereits 2004 sind zwei Fabriken in Mexiko deswegen aufgefallen. Vor zwei Jahren wurde nach einer mehrwöchigen Untersuchung von Solidar Suisse bekannt, dass eine Barbie-Fabrik in Foshan, China, nicht nur gegen das Arbeitsrecht verstösst, sondern auch Fälle von sexueller Belästigung aufweist. Mattel wollte zu diesem Zeitpunkt keine Stellung dazu nehmen und kündigte keine Massnahmen an.

Im Bericht vom November 2020 wurden weitere Fälle aus einer anderen Fabrik in Dongguan bekannt. Unter anderem unangemessene Kommentare zum körperlichen Erscheinungsbild, Bemerkungen mit sexueller Konnotation, Berührungen und Verbreitung erniedrigender Fotos. Oft haben sich Frauen nicht bei ihren Vorgesetzten beschwert, da sie Angst um ihren Arbeitsplatz hatten.

Eine 19-jährige Studentin hatte zum Beispiel damit zu kämpfen, dass ein älterer Arbeitskollege sie immer wieder aufforderte, auf seinen Schoss zu sitzen. Er nannte sie «Liebling», da ihn dies erregte. Obwohl dies vor den Augen anderer Arbeiter*innen geschah, griff niemand ein. Ebenfalls wurde der Mann dabei gesehen, wie er versuchte, andere Frauen zu streicheln und sie fragte, ob er bei ihnen übernachten könne. Weiterer Beweis für sexuelle Belästigung sind Ausschnitte aus einer WeChat-Gruppe der Werkstatt. Dort sollten eigentlich Produktionsziele und Zeitpläne besprochen werden, jedoch wurde nach sexuellen Dienstleistungen gefragt oder Bilder von nackten Frauen geteilt.

Wie hat Mattel darauf reagiert?

Gerade mal einen Tag nach der Veröffentlichung des Berichts folgte laut Solidar Suisse eine Stellungnahme seitens Mattel. Darin steht, dass sie keine Form von Belästigung dulden und sich für einen fairen und respektvollen Umgang mit den Mitarbeitenden einsetzen.

«Wir folgen einem strengen Verhaltenskodex. An unseren Produktionsstandorten in China führen wir Schulungen gegen Belästigung durch, schulen unsere Mitarbeiter im Verfahren zur Meldung von Problemen am Arbeitsplatz und haben ausserdem eine Hotline eingerichtet, über die unsere Mitarbeiter Belästigungen oder andere Beschwerden anonym melden können.»

Weiter liess Mattel verlauten, dass der Konzern die Vorwürfe sehr ernst nimmt und eine gründliche Untersuchung einleiten wird, deren Ergebnisse bis Ende Februar 2021 vorliegen sollten. Obwohl Solidar Suisse die Ankündigung einer Untersuchung von Mattel begrüsste, waren die Bedenken noch lange nicht aus dem Weg geschafft. So schrieb Solidar Suisse: «Solche Zusagen sind mit Vorsicht zu geniessen, denn Unternehmen setzen die Anforderungen an ihre Untersuchungen oft so tief, dass sie lediglich geeignet sind, den Schein zu wahren. Für tatsächliche Verbesserungen braucht es jedoch klare Verpflichtungen und transparente Schritte, nicht nur ein wohlformuliertes Statement.»

Was hat Mattel tatsächlich unternommen?

Laut einer Quelle von Solidar Suisse in einer chinesischen Fabrik sei zu keinem Zeitpunkt eine Schulung zu sexueller Belästigung gemacht worden und die versprochene Hotline sei nicht anonym, wodurch deren Wirksamkeit nicht gegeben ist. Anfang März fragte Solidar Suisse bei Mattel nach und wollte die Ergebnisse ihrer Untersuchung und die eingeleiteten Schritte in Erfahrung bringen. Die Antwort war laut Solidar Suisse ungenügend. Mattel war nicht bereit, Details der Untersuchung preiszugeben und lieferte keinen Nachweis über neue Massnahmen gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Mattel versicherte lediglich kontinuierliche Verbesserung.

Solidar Suisse lässt jedoch nicht locker. Sie üben weiterhin Druck auf Mattel aus, bis konkrete Verbesserungen sichtbar sind. Sie fordern eine Null-Toleranz gegenüber sexueller Belästigung und eine ernsthafte Untersuchung der Vorfälle.

Update 30.03.2021

Unterdessen hat sich Mattel mit einem offiziellen Statement zu den Vorwürfen von Solidar Suisse gemeldet:

«Mattel toleriert keinerlei Belästigung und wir setzen uns dafür ein, dass alle im gesamten Unternehmen, auch in unseren Produktionsstätten, fair und mit Respekt behandelt werden. Wir haben einen strengen Verhaltenskodex. In unseren Produktionsstätten in China führen wir Anti-Belästigungs-Schulungen durch, schulen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Meldung von Problemen am Arbeitsplatz und verfügen über eine Ethik-Linie, über die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Belästigungen oder andere Ansprüche anonym melden können. Wenn wir Berichte über Belästigungen erhalten, untersuchen wir den Vorwurf sofort und ergreifen auf der Grundlage unserer Ergebnisse geeignete Maßnahmen. Darüber hinaus überprüft das ICTI Ethical Toy Program unsere Produktionsstätten für Spielzeug, um sicherzustellen, dass die Sicherheits- und Arbeitsplatzstandards eingehalten werden. Wir nehmen diese Anschuldigungen sehr ernst und werden eine gründliche Untersuchung durchführen, um sicherzustellen, dass wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiterhin ein sicheres Arbeitsumfeld bieten.»

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Bezahlt werde ich dafür, von früh bis spät mit Spielwaren Humbug zu betreiben.

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