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Kim Muntinga
Kritik

«The Last Ronin II – Re-Evolution»: Die Turtles wagen den Generationenwechsel

Kim Muntinga
30.7.2025
Bilder: Kim Muntinga

«Re-Evolution» lässt die Vergangenheit hinter sich und begleitet vier junge Turtles auf einer Reise zwischen Selbstzweifeln, Cyberschrott und Zusammenwachsen.

Jetzt, mit «The Last Ronin II – Re-Evolution», geht die Geschichte in der dritten Runde weiter. Aber anders. Frischer. Jünger. Nicht minder tragisch, allerdings mit einer neuen Energie. Und ja: Ich war skeptisch.

Die Gesamtausgabe als Hardcover ist seit dem 8. Juli 2025 auf Englisch erhältlich. Verantwortlich für Text und Story sind erneut Kevin Eastman und Tom Waltz, die Zeichnungen stammen von Ben Bishop und SL Gallant, koloriert wurde der Band von Luis Antonio Delgado.

Achtung: Dieses Review enthält Spoiler.

Rückblick auf «The Last Ronin»: die düsterste Schildkrötengeschichte aller Zeiten

Bevor wir über «Re-Evolution» sprechen, möchte ich dir nochmal bewusst machen, was «The Last Ronin» eigentlich war. Und warum dieser Comic so eingeschlagen hat. Denn das war keine klassische Turtles-Geschichte. Kein Pizza-Spaß im Untergrund, keine Cowabunga-Memes, keine fröhliche Kanalratten-Familie.

Es war eine Tragödie.

Der Comic erschien zwischen Oktober 2020 und April 2022 als fünfteilige Mini-Serie. Die Sammlung aller Geschichten wurde im Juni 2022 erstmals als Gesamtausgabe veröffentlicht.

«The Last Ronin» war nicht nur eine Hommage an alte Turtles-Comics. Es war ein Schlussstrich, ein Abgesang, ein düsteres «Was wäre, wenn?» und gleichzeitig ein Comic, der etwas wagte. Gewalt, Tod, Trauma: Selten fühlten sich die Panels so schwer an. Aber gleichzeitig war da immer diese leise Hoffnung. Der Glaube, dass selbst im Untergang noch Ehre und Herz möglich sind. Und Michelangelo, so verloren er auch war, wurde zum Mythos.

Am Ende von «The Last Ronin», dem ersten Teil der bisherigen Trilogie, stirbt Michelangelo. Sein Tod ist nicht nur das Ende einer Ära, sondern der Beginn einer neuen. Denn kurz vor Schluss wird klar: April O'Neil und ihre Tochter Casey Marie Jones haben im Geheimen eine neue Generation Turtles erschaffen: genetisch veränderte Mutanten aus Michelangelos DNA.

Der zweite Teil, «The Lost Years», blickt zurück auf Mikeys letzte Jahre: seine Reise ins Exil, sein innerer Kampf, das harte Training fernab der Heimat. All das, was ihn überhaupt erst zu jenem gebrochenen Ronin gemacht hat. Gleichzeitig zeigt der Comic, wie Casey Marie die jungen Turtles großzieht. In der Gegenwart – nach Mikeys Tod – sind sie noch unreif, wütend, unkontrollierbar. Aber sie sind da. Und sie wachsen.

«The Lost Years» ist keine bloße Nebengeschichte, sondern das emotionale Fundament zwischen Abschied und Aufbruch. Es macht Mikeys Entwicklung nachvollziehbar und bereitet leise, aber kraftvoll die Bühne für das, was «Re-Evolution» nun endlich in den Mittelpunkt rückt: den Generationenwechsel.

Einordnung von «Re-Evolution»: Was passiert nach dem letzten Ronin?

Wenn der letzte Ronin fällt – was bleibt dann? «Re-Evolution» gibt eine Antwort. Sie ist mutig, aber auch riskant. Denn dieser Comic schließt nicht nahtlos an das Ende der ursprünglichen Geschichte. Stattdessen springt er einige Jahre in die Zukunft. In eine Welt, die äußerlich noch immer zerstört ist, sich innerlich aber längst in Bewegung gesetzt hat.

Der Ton ist dabei spürbar verändert. Während «The Last Ronin» eine ruhige, fast mythologische Tragödie erzählte und «The Lost Years» diese Stille noch einmal vertiefte, schlägt «Re-Evolution» eine unruhigere Note an. Der Comic wirkt aufgekratzter, getriebener, ohne sich im Chaos zu verlieren. Die Unsicherheit der Gegenwart ersetzt die Schwere der Vergangenheit.

Story und Figuren im Fokus: vier neue Stimmen im Echo der Vergangenheit

Und genau da liegt der emotionale Kern von «Re-Evolution»: Diese neuen Turtles sind keine Helden. Noch nicht. Sie sind Teenager mit Waffen und Schuldkomplexen. Sie wurden ungefragt in eine Rolle hineingeboren, auf die sie nicht vorbereitet sind. Und das merke ich von der ersten Szene an.

April O’Neil bleibt dabei mehr als nur ein Schatten der Vergangenheit. Sie ist älter, vorsichtiger, doch keineswegs schwächer geworden. Aus dem Hintergrund heraus wirkt sie als moralischer Kompass, Archivarin alten Wissens und als stille Kraft im Wiederaufbau. Die Beziehung zwischen Mutter und Tochter ist komplex: geprägt von Stolz, Sorge und einem tiefen gegenseitigen Verständnis.

Zeichenstil & Atmosphäre: Cyber-Dreck, Neon-Trauer und rohe Energie

Optisch schlägt «Re-Evolution» eine eigene Richtung ein. Wo «The Last Ronin» noch schwer, fast filmisch inszeniert war, ist dieser Teil kantiger, schärfer, greller. Die Welt ist keine Ruine mehr. Sie ist ein asymmetrisches Cyborg-Konstrukt. Überwachungsdrohnen, LED-Verfall, Betonbrücken mit Stromadern. New York wirkt nicht mehr nur verloren. Es wirkt mutiert.

Die Panels sind oft überladen, voller Bewegung, mit grellen Farbakzenten. Manchmal verliere ich fast den Überblick, aber genau das ist Teil der Wirkung. Es ist das Gefühl, überfordert zu sein. Desorientiert. Wie ein Teenager mit einer Waffe in der Hand, der noch nicht weiß, wohin sie gehört.

Aber es gibt auch stille Bilder. Momente, in denen die Zeit stehen bleibt: ein Blick aufs alte Turtle-Versteck, verlassen, staubig. Ein Monolog am Rande eines Daches. Ein Graffiti mit einem maskierten Michelangelo. Diese Panels wirken wie kurze Atemzüge zwischen zwei Explosionen.

Themen und Motive: Erbe, Wut und das Recht auf Zukunft

«Re-Evolution» ist ein Comic über Kämpfe. Nicht nur physische, sondern auch existenzielle. Es geht um das Ringen um Bedeutung. Um das Recht, selbst zu definieren, was Heldentum bedeutet.

Das zentrale Thema ist Erbe und was es heißt, eins tragen zu müssen. Die vier neuen Turtles leben im Schatten einer Legende, die größer ist als sie selbst. Sie sind geschaffen worden, um «die Nächsten» zu sein. Aber was, wenn sie das gar nicht wollen? Was, wenn das Vermächtnis eine Last ist, kein Geschenk?

Es geht auch um Wut als Antrieb und ihre Schattenseiten. Moja verkörpert das fast körperlich. Sie will kämpfen, zuschlagen, aufbegehren. Sie weiß jedoch nicht, wogegen genau. Das Regime ist übermächtig, die Stadt gleichgültig. Der Gegner ist diffus, und das macht die Gewalt oft beliebig. Die Frage ist: Wo endet blinde Rebellion, und wo beginnt echte Veränderung?

Daneben schwingen klassische Coming-of-Age-Motive mit, ohne dass es je nach Jugendbuch klingt. Es geht um Selbstfindung, Loyalität, Verrat, Scham, Sehnsucht. Die vier Turtles sind jung, und das merke ich sofort. Sie reden nicht in großen Monologen wie einst Splinter. Sie schreien. Sie zögern. Sie machen Fehler. Und genau das ist berührend.

Ein unterschätztes, aber starkes Thema ist Zugehörigkeit. Diese Turtles sind nicht aus Zufall entstanden. Sie sind bewusst erschaffen worden. Und das wirft Fragen auf: Können sie überhaupt frei sein? Oder sind sie Produkte einer gescheiterten Generation, die verzweifelt versucht, das Alte zu konservieren? Die Beziehung zwischen Casey Marie und April, zwischen der neuen und alten Welt, spielt diesen Gedanken leise, aber wirksam durch.

April wirkt wie jemand, die weiß, dass sich Geschichte nicht einfach wiederholen darf, ohne hinterfragt zu werden. In diese moralische Grauzone passt auch Professor Honeycutt. Seine Figur agiert als eine Art moralischer Kompass vor allem für April. Er hinterfragt ihre Entscheidungen, stellt ethische Fragen zur Erschaffung der neuen Generation und erinnert daran, dass gute Absichten nicht automatisch zu guten Ergebnissen führen.

Auch interessant ist das Thema der technologischen Kontrolle durch Drohnen, Cyborgs, digitale Überwachung. Aber das steht nie plakativ im Mittelpunkt. Es bleibt Kulisse, wenn auch eine bedrohliche. Wie ein ständiges Flimmern im Hintergrund, das daran erinnert: Hier geht es nicht nur um persönliche Kämpfe. Hier geht es um ein ganzes System, das Freiheit nicht mehr kennt.

Kritik & Lob: Zwischen Aufbruch und Altlast

Was funktioniert, ist der Perspektivwechsel. Der Generationensprung fühlt sich nicht wie ein Reboot an, sondern wie ein nötiger Schritt. Auch die Dynamik zwischen den vier Turtles funktioniert. Nicht, weil sie reibungslos ist, sondern weil sie es eben nicht ist. Ich spüre die Spannung, die Unreife, die Uneinigkeit. Hier wird nicht künstlich Harmonie behauptet. Hier wird gestritten, gedrängelt, gezweifelt. Das bringt Leben in die Seiten und macht sie glaubwürdig.

Ebenso stimmt die emotionale Fallhöhe. Wenn Yi zweifelt, spüre ich das. Wenn Uno einen dummen Spruch raushaut, während hinter ihm die Welt brennt, dann tut das weh, weil ich merke, dass es eine Schutzreaktion ist. Diese Figuren fühlen sich nicht geschrieben an. Sie fühlen sich lebendig an. Und das ist in einem Franchise, das seit Jahrzehnten existiert, keine Selbstverständlichkeit.

Auch der Weltentwurf verdient Lob. Das neue, heruntergekommene New York wirkt nicht einfach wie ein dystopischer Abklatsch anderer Endzeit-Städte, sondern hat ein Eigenleben. Überwachung, Widerstand, technische Mutation, soziale Zersetzung. Das alles wirkt glaubwürdig in seiner Abstraktion. Die Bedrohung ist real, aber nie plakativ. Es ist eine Gesellschaft, die längst den moralischen Kompass verloren hat, aber noch vorgibt, ihn zu besitzen.

Wo der Comic etwas schwächelt, ist im Pacing. Manche Szenen hetzen fast an einem vorbei. Der Aufbau ist stark, die Figurenkonflikte gut gesetzt, aber sobald die Action dominiert, wirkt alles ein wenig überladen. Es fehlt die Luft zum Atmen. Gerade bei den größeren Konfrontationen habe ich mich mehr als einmal gefragt: War das jetzt schon der Höhepunkt? Oder nur ein Zwischenschritt?

Aber all das – das leichte Stolpern, das Überdrehen, das gelegentliche Chaos – fühlt sich merkwürdig passend an. Denn «Re-Evolution» ist genau das: ein Werk im Übergang. Wie seine Figuren muss auch der Comic selbst noch seinen endgültigen Ton finden. Und genau das macht ihn so spannend. Er ist mutig genug, nicht glatt zu sein. Und das ist in dieser Franchise-Größe ein Kompliment.

Besonders nach den großen Twists, die ich hier extra nicht thematisiert habe, bin ich sehr gespannt auf den nächsten Teil.

Fazit

Wütend, jung, ungeschliffen, aber mit viel Herz

«The Last Ronin II – Re-Evolution» ist kein nostalgisches Aufwärmen, sondern ein mutiger Richtungswechsel. Der Comic wagt sich raus aus dem Schatten der Vergangenheit und setzt alles auf eine neue Generation: unsichere, streitende, zweifelnde Mutanten, die sich ihren Platz erst noch erkämpfen müssen. Dabei entstehen viele starke Momente.

Was den Band auszeichnet, ist seine emotionale Unruhe. Alles fühlt sich ein wenig roh an, ein wenig unausgegoren, aber genau darin liegt der Reiz. Das Worldbuilding überzeugt, die Figuren leben und atmen, doch der Ton ist sprunghafter, das Pacing nicht immer rund. Gerade in Actionszenen wirkt der Erzählfluss gehetzt.

Trotz kleinerer Schwächen und struktureller Unebenheiten zeigt «Re-Evolution», dass das Turtles-Franchise noch lange nicht auserzählt ist.

Pro

  • mutiger Tonwechsel mit jugendlicher Wucht
  • emotional glaubwürdige neue Turtles
  • starke Bildsprache und atmosphärisches Worldbuilding
  • relevante Themen wie Identität, Erbe und Zugehörigkeit

Contra

  • Erzählstruktur wirkt stellenweise fragmentiert
Titelbild: Kim Muntinga

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