Twitter-Deal hängt wegen Bot-Debatte in der Luft
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Twitter-Deal hängt wegen Bot-Debatte in der Luft

Die Übernahme der Social-Media-Plattform mit dem blauen Vogel läuft alles andere als rund. Neubesitzer in spe, Elon Musk, will zuerst klären, wie hoch der Anteil an Twitter-Bots ist. Will der Milliardär so den Kaufpreis drücken?

Seit wenigen Wochen ist die Tinte auf dem Übernahmevertrag für die Social-Media-Plattform Twitter trocken. Still ist es um den Mega-Deal aber nicht geworden. Das, vor allem wegen des angehenden Neubesitzers Elon Musk. Der reichste Mann der Welt meldet sich seit der Bekanntgabe des Deals immer wieder via Twitter zu Wort.

So auch vergangenen Freitag. Musk verkündete in einem Tweet, dass der Deal mit dem Kurznachrichtendienst zwischenzeitlich auf Eis gelegt sei. Das, bis Twitter mehr Details zur aktuellen Anzahl an Bot-Accounts auf der Plattform vorlegen wird. Gemäss Reuters hat Twitter seit 2013 stets an der Aussage festgehalten, dass Spam- und Bot-Accounts auf der Plattform weniger als fünf Prozent ausmachen würden. Das, obwohl unabhängige Wissenschaftler schätzen, dass sich die wahre Zahl zwischen neun und 15 Prozent bewegen dürfte.

An Übernahme interessiert – am aktuellen Preis weniger

Kurz nach dem Tweet über den temporären Stillstand des Deals unterstrich Musk in einem Folge-Tweet, dass er grundsätzlich immer noch an der Übernahme festhalte. Am Samstag schwang das Pendel aber wieder in die andere Richtung und Musk doppelte mit einem weiteren Tweet nach: Um die Bot-Bestände zu untersuchen, analysiere sein Team eine zufällige Stichprobe von 100 Followern von Twitters eigenem Twitter-Account (@twitter). Dabei lud er die Netzgemeinde ein, es seinem Team gleichzutun.

Am Montag wiederholte Musk seine Befürchtungen an einer Technologiekonferenz in Miami in einem Interview. Gemäss der New York Times betonte der Milliardär, dass Twitters offizielle Zahlen unglaubwürdig seien. Eine Übernahme von Twitter zu einem niedrigeren Preis stehe deshalb «nicht ausser Frage», so Musk weiter.

Noch-CEO Parag Agrawal kontert

Am Montag schaltete sich Parag Agrawal, der aktuelle CEO von Twitter, in die Debatte ein. In einem langen Twitter-Thread erklärte der Geschäftsführer, dass man die Bot-Problematik sehr ernst nehme. Gleichzeitig unterstrich er, dass die Sperrung von Bot-Accounts technisch komplex sei und sich die Problemlage jeweils rasant verändere.

Auch bekräftigt Agrawal in seinem Thread, dass die Bot-Bestände auf Twitter unter fünf Prozent liegen. Zudem erklärte er, dass korrekte Schätzungen nicht von aussen gemacht werden könnten, weil dafür auch private Daten genutzt werden müssten. Zum Schluss bestätigte der CEO, dass man Musk vor einer Woche einen Überblick über diese Prozesse gegeben habe. Dieser antwortete Agrawal lediglich mit einem Kackhaufen-Emoji («Poop Emoji»).

Teure Klauseln

Wieso Musk die Bot-Debatte genau jetzt wieder aufleben lässt, ist unklar. Die Problematik ist schliesslich nicht neu. Wieso solche Unklarheiten nicht im Vorfeld eines Milliarden-Deals aus dem Weg geräumt wurden, bleibt schleierhaft.

Analysten bei Bloomberg vermuten, dass es sich um eine Taktik handelt, den Übernahmepreis zu drücken. Seit Bekanntgabe des Deals ist der Preis der Twitter-Aktie auf zurzeit 36,46 US-Dollar gefallen. Da bewegt sich Musks ursprünglich angebotener Kaufpreis von 54,20 US-Dollar pro Aktie deutlich darüber. Auch die Tesla-Aktien, die Musk als Garantie für die Twitter-Übernahme einsetzt, sind seit Bekanntgabe des Deals gesunken.

Ob Musk mit seinen Tweets tatsächlich den Preis drücken möchte, in letzter Sekunde einem Deal ausweichen will oder einfach ohne grössere Hintergedanken Tweets abfeuert, ist unklar. Klar ist, dass eine Kursänderung zu diesem Zeitpunkt teure Konsequenzen hätte.

Eine sogenannte «Walk-Away-Klausel» verpflichtet den Milliardär bei Abbruch der Übernahme eine Milliarde US-Dollar zu zahlen – und das ist nicht alles. Darüber hinaus gibt es eine «Specific-Performance-Klausel» – die ermöglicht es Twitter, Musk zu einer Übernahme zu zwingen, solange die von ihm beschaffte Fremdfinanzierung intakt bleibt. Gemäss der New York Times sei das 2001 bei der Übernahme der Fleischverpackungsfirma IBP so geschehen.

Um sich vom Mega-Deal zu befreien, könnte sich der Tesla- und SpaceX-CEO wiederum einer «Material-Adverse-Change-Klausel» bedienen. Diese regelt, welche Partei das Risiko negativer Ereignisse während der Übergangsphase einer Übernahme trägt. Von der New York Times interviewte Anwälte vermuten aber, dass Musk mit dem Blitzkauf der Social-Media-Plattform wenig Argumente dafür vor Gericht hätte.

​​ Titelbild: Shutterstock

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«Ich will alles! Die erschütternden Tiefs, die berauschenden Hochs und das Sahnige dazwischen» – diese Worte einer amerikanischen Kult-Figur aus dem TV sprechen mir aus der Seele. Deshalb praktiziere ich diese Lebensphilosophie auch in meinem Arbeitsalltag. Das heisst für mich: Grosse, kleine, spannende und alltägliche Geschichten haben alle ihren Reiz – besonders wenn sie in bunter Reihenfolge daherkommen. 


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