
Hintergrund
Zu wenig Vitamin B12? Diese Risikogruppen müssen aufpassen
von Moritz Weinstock
Ein ausgefeiltes Abwehrsystem ist rund um die Uhr im Einsatz, um dich vor Angreifern zu schützen. Was es dabei mit Killerzellen auf sich hat und warum sich manche deiner Abwehrzellen zu deinem Schutz selbst zerstören, liest du hier.
Das Leben steckt voller Gefahren. Und hätten wir nicht dieses ausgefeilte Abwehrsystem, das 24/7 im Einsatz ist, wären wir den Abermillionen Angreifern, Schadstoffen und Toxinen in kürzester Zeit, weil schutzlos, ausgeliefert. Gut also, dass wir ein komplexes Verteidigungssystem haben, das uns in den meisten Fällen vor Bakterien, Viren, Pilzen und anderen Bedrohungen schützt. Von vielen Angreifern bekommen wir sogar gar nichts mit: Unser Immunsystem bekämpft eindringende Krankheitserreger, bevor sie uns Probleme bereiten können. Leider klappt das nicht immer und nicht bei allem, was unsere Gesundheit bedroht. Impfungen etwa unterstützen unser Immunsystem, indem sie unserem Körper Hinweise auf gefährliche Viren oder Bakterien geben, die ihm bis dahin unbekannt sind. Begegnen wir diesen Krankheitserregern dann, ist das Immunsystem schon darauf eingestellt und kann sich schneller wehren.
Unser Immunsystem besteht aus einem Netzwerk von Zellen, Geweben und Organen, die zusammenarbeiten, um den Körper vor eindringenden Krankheitserregern zu schützen. Neben der Haut und den Schleimhäuten gehören auch eine Vielzahl von Abwehrzellen zu diesem ausgeklügelten System. Zu den Immunorganen zählt der Thymus (hier entwickeln sich die T-Zellen), das Knochenmark (hier werden die Immunzellen gebildet), die Milz, die Lymphknoten und das lymphatische Gewebe der Schleimhäute (z.B. die Mandeln).
Aufgebaut ist das Immunsystem aus zwei Teilsystemen: dem angeborenen Immunsystem (unspezifische Abwehr) und dem adaptiven Immunsystem (spezifische Abwehr). Beide Systeme sind eng miteinander verbunden, erfüllen aber unterschiedliche Aufgaben.
Das angeborene Immunsystem, die unspezifische Abwehr, ist unsere erste Verteidigungslinie gegen Krankheitserreger. Es umfasst physische Barrieren wie die Haut und die Schleimhäute. Diesen Teil kannst du dir wie eine Burgmauer vorstellen, die in erster Instanz dafür da ist, die Feinde erst gar nicht eindringen zu lassen. Zusätzlich helfen Speichel, Tränen und Schleim dabei, die Schleimhautoberflächen sauber zu halten und Bakterien durch spezielle Proteine abzutöten. Lysozym etwa kommt hier zum Einsatz, das die Zellwände zahlreicher Bakterien zersetzt.
Aber nicht nur diese Hürden und Sekrete stehen immer bereit, auch spezielle Zellen sind stets auf der Hut. Oft genug dringen Krankheitserreger trotz aller Abwehrmechanismen in den Körper ein, zum Beispiel wenn die Haut durch eine Verletzung ihre Schutzfunktion nicht mehr ausüben kann. Dann kommen die zellulären Abwehrmechanismen ins Spiel: Fresszellen (Phagozyten) und Killerzellen.
Wie der Name schon sagt, fressen Phagozyten ihre Feinde einfach auf. Die Fresszellen sind weiße Blutzellen (Leukozyten), die die Blutbahn verlassen und in infizierte Gewebe einwandern können. Dort machen sie sich über die Eindringlinge her. Haben sie genug Keime verspeist, zerstören sie sich selbst. Ihre Überreste und damit auch die zerstörten – und somit unschädlichen – Krankheitserreger können dann gefahrlos abtransportiert werden.
Bei den Killerzellen handelt es sich um sogenannte zytotoxische (für Zellen tödliche) T-Zellen oder NK-Zellen (natürliche Killerzellen). Und auch hier ist der Name Programm: Killerzellen erkennen Körperzellen, die von Krankheitserregern (oder auch Krebs) befallen wurden und machen kurzen Prozess. Sie greifen die Plasmamembran, also die Zellhülle, an und bringen die infizierten Zellen zum Platzen [1].
Das adaptive Immunsystem (die spezifische Abwehr) ist ein ausgeklügeltes Abwehrsystem, das bestimmte Krankheitserreger erkennt und sich auch noch später an sie erinnert. Zwei Zelltypen sind hier hauptsächlich relevant: T-Lymphozyten und B-Lymphozyten. Diese Zellen können Antikörper (spezifische Proteine) produzieren, die sich ganz gezielt gegen bestimmte Krankheitserreger richten.
Die Antikörper erkennen unter anderem feindliche Viren, Bakterien, Pilze aber auch Pollen oder Gewebetransplantate an speziellen Oberflächenstrukturen, die man Antigene nennt. «Antigen» steht für «Antikörper generieren», da die Antigene Lymphozyten aktivieren, die dann beginnen, Antikörper herzustellen.
Diese aktivierten Zellen teilen sich dann außerdem: Jeder Lymphozyt, der an das spezielle Antigen bindet, bildet in der Folge zwei Kopien von sich. Einerseits entstehen sogenannte Effektorzellen, die das Antigen bekämpfen. Diese Zellen richten sich also im Moment der Infektion direkt gegen den Angreifer. Andererseits bereitet der Körper sich schon jetzt auf zukünftige Angriffe desselben Feindes vor, indem langlebige Gedächtniszellen gebildet werden. Dieser Prozess stellt die Immunisierung gegen diesen entsprechenden Krankheitserreger dar. Der Körper merkt sich diesen Feind und kann ihn bei der nächsten Infektion schnell als gefährlich erkennen und direkt bekämpfen. Die Gedächtniszellen erkennen das Antigen oft noch Jahre später oder gar ein Leben lang wieder. Diesen Prozess macht man sich auch bei einer Impfung zu Nutze: Das Immunsystem bekommt Krankheitserreger (in unschädlich gemachter oder fragmentierter Form) dargeboten, um sie als bedrohlich abzuspeichern und bei einer Infektion mit den tatsächlich schädlichen Erregern schnell auf sie reagieren zu können.
Das Immunsystem überwacht den Körper ständig auf potenzielle Bedrohungen und ist in der Lage, schnell auf neue Eindringlinge zu reagieren. Aber – wie alles auf der Welt – ist es nicht perfekt, und manchmal kann es zu Fehlfunktionen kommen. Wenn es fälschlicherweise körpereigenes Gewebe angreift, kann das zu Autoimmunkrankheiten führen. Außerdem sind einige Krankheitserreger in der Lage, sich dem Immunsystem zu entziehen, wie zum Beispiel das Humane Immundefizienz-Virus (HIV), das AIDS verursacht. Die HI-Viren infizieren bestimmte T-Zellen (CD4-T), die dadurch beschädigt und abgebaut werden. Das Immunsystem wird geschwächt. Zudem verändern sich die Viren ständig und erschweren so die Immunantwort. Und sie können sich dauerhaft in Reservoirs im Körper verstecken, an denen sie für Medikamente oder das Immunsystem nur schwer zu erreichen sind.
Übrigens: Auch die Mikrobiome (die Ansammlungen von Mikroorganismen, die in und auf uns leben) spielen eine entscheidende Rolle bei der Formung und Unterstützung des Immunsystems. 2009 konnten Forschende zum Beispiel zeigen, dass das Darmmikrobiom dazu beiträgt, das Immunsystem so zu trainieren, dass es Krankheitserreger besser erkennen und auf sie reagieren kann [2].
Quellen:
[1] Akbari, O., & De Groot, A. S. (2015). Innate immune recognition of pathogens and danger signals. Cold Spring Harbor perspectives in medicine, 5(11), a017921.
[2] Round, J. L., & Mazmanian, S. K. (2009). Inducible Foxp3+ regulatory T-cell development by a commensal bacterium of the intestinal microbiota. Proceedings of the National Academy of Sciences, 106(35), 12033-12038.
Titelbild: pexels/Polina TankilevitchWissenschaftsredakteurin und Biologin. Ich liebe Tiere und bin fasziniert von Pflanzen, ihren Fähigkeiten und allem, was man daraus und damit machen kann. Deswegen ist mein liebster Ort immer draußen – irgendwo in der Natur, gerne in meinem wilden Garten.