

900 Schichten im 3D-Druck: Apple zeigt, wie die Titan-Watch entsteht
Apples Titanuhren kommen neuerdings aus dem Drucker, zumindest das Gehäuse. Das spart Material. Ein Teil besteht aus 900 ultradünnen Schichten. Ungewöhnlich ist, dass der Konzern erstmals ziemlich detaillierte Einblicke zur Herstellung gibt.
«Die Zukunft gestalten» – darunter macht es Apple nicht. Die Formulierung steht in der Überschrift zur Medienmitteilung zum 3D-Druckverfahren für die aktuellen Titan-Modelle der Apple Watch. Unabhängig vom Marketing-Geschwurbel im Text vermeldet Apple doch Erstaunliches: Man werde in diesem Jahr, also 2025, alle Gehäuse der Apple Watch Ultra 3 und der aktuellen Apple Watch Series 11 aus Titan im 3D-Druckverfahren gefertigt haben. Und zwar sogar aus 100 Prozent recyceltem Titanpulver. Das sei «ein Meilenstein, der in dieser Grössenordnung zuvor nicht für möglich gehalten worden ist», wie es heisst.
Apple ist sonst ziemlich verschwiegen, wenn es um Details zur Herstellung eigener Produkte geht. Das ist beim 3D-Druckverfahren anders. Die Mitteilung erklärt die einzelnen Schritte, wie aus Titanpulver das Gehäuse einer Smartwatch wird.
Du darfst dir den Druck nicht vorstellen, wie aus einem Drucker für den Heimgebrauch. Bei Apple stellt eine Maschine gleich Dutzende Gehäuse her. Dabei wird für jede der insgesamt 900 Schichten eine Druckplatte mit einer Lage Titanpulver bestreut. Laser heizen die Pulverschicht dort auf, wo das Titan zu festem Material verschmolzen werden soll. Von oben nach unten wachsen die Gehäuse in schräg angeordneten Reihen langsam heran. Eine Schicht ist dabei gerade einmal 60 Mikrometer dick. Zum Vergleich: Ein normales menschliches Haar misst 60 bis 80 Mikrometer im Durchmesser.
Nach etwa 20 Stunden sind die Gehäuse-Rohlinge fertig gedruckt und bereit zur weiteren Bearbeitung. Überschüssiges Pulver wird per «Grobentpulverung» von der Bauplatte abgesaugt. Das ist nötig, weil das Gehäuse sehr diffizil ist. Apple schreibt, dass es «in nahezu finaler Form mit allen erforderlichen Verbindungselementen» gedruckt wird. In Ecken und Winkeln könne sich deshalb Pulver befinden, das komplett entfernt werden muss. Ein Ultraschallrüttler erledigt diese Aufgabe (siehe folgendes Video). Erst danach geht es weiter in der Produktion, also zum Einsetzen der Elektronikbauteile.
Die einzelnen Gehäuse sind in der Entstaubungsphase noch verbunden. Um sie im «Vereinzelungsprozess» zu trennen, wird ein dünner, elektrisch leitender Draht eingesetzt. Um beim Schneiden die Hitze gering zu halten, wird flüssiges Kühlmittel aufgespritzt.
Weniger Material nötig
Titan ist ein herausforderndes Material. Normales Titanpulver ist nämlich sehr reaktionsfreudig. Du würdest es zum Beispiel in Silvesterraketen finden, wo es bei Reaktion mit Sauerstoff für Blitze sorgt. Weil bei Apple das Pulver mit Lasern beschossen wird, mussten die Ingenieure und Materialwissenschaftlerinnen dafür sorgen, dass das Pulver wenig Sauerstoff enthält.
Das war Materialwissenschaft auf höchstem Niveau.
All der Aufwand scheint sich für Apple zu lohnen. Man rechne damit, in diesem Jahr mehr als 400 Tonnen Rohtitan einzusparen. Pro Tonne werden auf dem Weltmarkt Preise zwischen 5000 und 10&nbps;000 US-Dollar aufgerufen. Da kommen schnell Millionen zusammen.
Apple kommt damit auch seinem Ziel näher, bis zum Jahr 2030, also schon in fünf Jahren, CO2-neutral zu sein. Denn Abbau und Verarbeitung von Titan sind energieintensiv und belasten die Natur stark.
Fräsen als Alternative zum 3D-Druck
Die Fortschritte von Apple beim 3D-Druck sind bedeutend. Trotzdem wird das klassische Herstellungsverfahren wohl nicht so schnell aussterben. Mit viel Druck und Hitze werden Metalle geschmiedet. Das Metall wird in Rohlinge geschnitten und aus jedem auf CNC-Maschinen dann in die gewünschte Form gebracht. Dabei entsteht mehr Materialabfall als im 3D-Druckverfahren.
Warum also nutzt Apple das gewonnene Wissen nicht direkt, um zum Beispiel auch das iPhone-Gehäuse zu drucken? Die zuständige Managerin beantwortet die Frage gegenüber dem Magazin «Spiegel» zurückhaltend. Man müsse abwägen, welche Fertigungstechnologie für eine Form oder ein Produkt am besten geeignet ist.
Wir möchten mit dem 3D-Druck neue Möglichkeiten erschließen. Das bedeutet aber nicht, dass wir jetzt diesen, nennen wir es Hammer, für alle Nägel benutzen. Ein Smartphone ist ein ganz anderer ›Nagel‹ als eine Smartwatch.
Journalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln.
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