
Produkttest
Günstiger Vlogging-Monitor im Test: gute Idee, schwach umgesetzt
von Lorenz Keller

Der günstige Smartphone-Bildschirm von Patona war ein Reinfall. Macht es Rollei mit einem leicht anderen Konzept besser – und kann ich endlich die Hauptkamera für Selfies nutzen?
Ich mache viele Selfieaufnahmen – beruflich genauso wie privat für Social Media. Mich nervt, dass ich dafür immer nur die zweitbeste Kamera am Smartphone zur Verfügung habe, denn die Selfiecam ist meist deutlich schlechter als die auf der Rückseite verbaute Hauptkamera.
Ein zusätzlicher Bildschirm auf der Rückseite kann dieses Problem lösen. Leider ist der erste Versuch mit einem Modell von Patona kläglich gescheitert: Die Idee ist gut, die Umsetzung jedoch nicht.
Ich gebe noch nicht auf und teste deshalb ein zweites Modell, das einen leicht anderen Ansatz verfolgt. Rollei verzichtet beim Selfie-Monitor auf die Möglichkeit, das Handy per Kabel anzuschliessen – die Verbindung erfolgt immer drahtlos. Ob das besser klappt als bei der Konkurrenz?
Weder auf der Verpackung noch in der Anleitung verrät Rollei, mit welchen Handys das Gerät kompatibel ist. Auf den Produktbildern sehe ich ein iPhone – darum teste ich zuerst mit einem iPhone 15 Pro.
Der Bildschirm lässt sich nur drahtlos verbinden – das funktioniert sehr einfach. Ich schalte den Screen ein, worauf mir direkt eine Kurzanleitung angezeigt wird. Danach tippe ich auf dem iPhone auf «Bildschirmsynchronisierung» und kann den Rollei auswählen. Schon wird das Betriebssystem des iPhones auf dem zweiten Display angezeigt.
Leider ist die Anleitung in diesem Punkt zu ungenau. Die deutschsprachige Anleitung ist unzureichend übersetzt, sie spricht beim iPhone von «Screen Mirroring». Das suchst du auf einem auf Deutsch eingestellten iPhone vergeblich. Dort heisst es nämlich «Bildschirmsynchronisierung». Solche Ungenauigkeiten sind für Einsteigerinnen und Einsteiger mühsam. Ich musste ebenfalls zuerst googeln, um die Funktion zu finden.
Das grösste Problem des Bildschirms zeigt sich im Test schnell: Das Bild auf dem iPhone-Display und dem externen Monitor wird so lange synchron angezeigt, bis ich eine Videoaufnahme starte. In meiner bevorzugten Einstellung mit 4K-Auflösung und 30 Bildern pro Sekunde hat die Übertragung eine Verzögerung von vier bis fünf Sekunden. Das ist kaum mehr brauchbar.
Immerhin: Sobald ich in HD-Auflösung oder mit 4K und 24 Bildern pro Sekunde – oder gar nur in HD – aufzeichne, ist keine Latenz mehr sichtbar. Ich muss also auf meine 30 Bilder pro Sekunde verzichten, wenn ich den Rollei nutzen will. Die beste iPhone-Videoqualität von 4K mit 60 Bildern pro Sekunde lässt sich mit angeschlossenem Zweitbildschirm gar nicht einstellen.
Während bei der Konkurrenz von Patona die 4K-Auflösung nie ganz stabil läuft, ist das bei Rollei besser. Halte ich mich bei der Videoqualität zurück, treten keine Ruckler oder Verzögerungen auf.
Der Screen hat eine Auflösung von 480 × 800 Pixel. Die Farben sind blass, das Display ist von einem dicken, schwarzen Gehäuse umrahmt. Kein Vergleich mit dem eigentlichen Smartphone-Bildschirm – die Qualität ist sichtbar schlechter. Wenn ich überprüfen will, ob ich überhaupt im Bild bin, reicht das aus. Ob mein Gesicht fokussiert und scharf gestellt ist, lässt sich hingegen nur schwer erkennen.
Bei einem so günstigen Gerätepreis muss ich wohl damit leben. Warum der Hersteller einen Screen mit einem Seitenverhältnis von 15:9 gewählt hat, ist mir schleierhaft. Die meisten Smartphones haben ein Seitenverhältnis von 20:9 oder 19.5:9. Das Ergebnis des falschen Formates: Rechts und links sindzusätzliche schwarze Streifen zu sehen. Auf Knopfdruck kann ich zwar auf die volle Bildschirmbreite umstellen, verzerre damit aber das Bild.
Der Rollei-Bildschirm wird über physische Knöpfe bedient. Ich kann das Bild damit spiegeln oder die Helligkeit einstellen. Auch die Lautstärke des integrierten Lautsprechers lässt sich mit ihnen regulieren.
Will ich über das Display ein Foto oder Video auslösen, muss ich es zusätzlich über Bluetooth mit dem Handy verbinden. Leider ist der Auslöseknopf ungünstig platziert und zudem mit einer weiteren Funktion belegt. Das ist nicht gut gelöst von Rollei, weil ich zuerst immer an der Seite nachschauen muss, welches nun der richtige Button ist.
Der Rollei-Selfie-Monitor hat auf der Rückseite die typischen MagSafe-Magnete eingebaut. Wie bei der Konkurrenz von Patona kann ich darüber den Bildschirm nicht laden und muss stattdessen ein USB-C-Kabel anschliessen. Die Magnete dienen nur dazu, den Screen auf der Rückseite des Handys zu befestigen. Für die normale iPhone-Grösse ist das Gehäuse allerdings etwas zu lang.
Rollei verbaut einen Akku mit 1300 mAh. Der Hersteller verspricht drei Stunden Akkulaufzeit. Im Test habe ich zwei Stunden und 15 Minuten gemessen – das ist in Ordnung und immerhin rund 20 Minuten länger als bei der Konkurrenz. Der Bildschirm funktioniert auch, wenn ich eine Powerbank anschliesse – das kann die Laufzeit verlängern.
50 Meter Reichweite verspricht Rollei. Nach 15 bis 20 Metern kommt es jedoch bereits zu Störungen in der Bildübertragung. Bei 50 Metern bricht das Bild zwar nicht ab, statt eines Livevideos wird jedoch nur etwa alle 20 Sekunden ein aktualisiertes Standbild angezeigt.
Das Display sollte mit Android-Handys kompatibel sein, steht in der Bedienungsanleitung (aber nicht auf der Verpackung). Genaue Informationen fehlen, etwa welche Modelle kompatibel sind und wie das genau funktioniert. Die Anleitung ist hier noch ungenauer als beim iPhone.
Rollei setzt auf den Standard Miracast – was ich allerdings erst durch eine Internetrecherche herausfinde. Leider unterstützen nicht alle Smartphone-Hersteller Miracast; Google verzichtet beispielsweise darauf. Im Test konnte ich auch bei einem Nothing Phone keine Verbindung herstellen, obwohl es hier eigentlich funktionieren sollte.
Bei Realme, Samsung und Xiaomi hingegen kann ich Handy und Bildschirm schnell und einfach drahtlos verbinden. Und wenn es dann einmal läuft, habe ich sogar Vorteile gegenüber der Apple-Welt: Ich kann 4K-Videos mit 60 Bildern pro Sekunde aufnehmen – ohne Ruckler oder Verzögerungen auf dem externen Screen.
Wirklich überzeugt hat weder der Monitor von Rollei noch das kürzlich getestete Modell von Patona. Brauchbar sind sie nur in ganz bestimmten Konstellationen.
iPhone: Am zuverlässigsten funktioniert das Modell von Patona mit Kabelverbindung. Der Monitor ist schnell und unkompliziert einsatzbereit. Willst du eine drahtlose Verbindung, ist der Rollei stabiler – allerdings nur, wenn du maximal eine Auflösung von 4K mit 24 Bildern pro Sekunde einstellst.
Android: Probiere unbedingt vorher aus, ob dein Smartphone Miracast unterstützt – zum Beispiel mit einem Smart-TV oder einem Windows-PC. Falls ja, kannst du die drahtlose Bildübertragung zum Rollei nutzen; diese funktioniert sogar mit der höchsten Videoauflösung. Bei Patona ist der Verbindungsaufbau hingegen deutlich komplizierter.
Nutzt du ein Android-Smartphone, das Miracast unterstützt, ist der Rollei-Selfie-Monitor ein brauchbarer und günstiger Zusatzbildschirm. Mit dem iPhone lohnt sich der Einsatz nur, wenn du nicht die volle Videoqualität einstellst. Preislich liegt das Modell von Rollei bei 55 Franken. Das ist für einen 4-Zoll-Screen mit Akku und MagSafe nicht viel Geld – und nochmals etwas günstiger als der bereits getestete Bildschirm von Patona.
Insgesamt gibt es etwas viele «aber», «nur» und «wenn». Zusätzlich enttäuscht der Hersteller bei der Ausgestaltung der Details: Der Bildschirm hat beispielsweise das falsche Format, und die Bildqualität ist nicht überzeugend.
Pro
Contra
Gadgets sind meine Passion – egal ob man sie für Homeoffice, Haushalt, Smart Home, Sport oder Vergnügen braucht. Oder natürlich auch fürs grosse Hobby neben der Familie, nämlich fürs Angeln.
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