Azeron Cyborg: Der abgefahrenste Controller, den ich je benutzt habe
Produkttest

Azeron Cyborg: Der abgefahrenste Controller, den ich je benutzt habe

Das Azeron Cyborg verfügt über einen Analog-Stick, 29 programmierbare Tasten und fast endlos viele Verstellmöglichkeiten. Schafft es dieses innovative Keypad die Tastatur zu ersetzen?

Keypads als Alternative zu Tastaturen sind nichts Neues. Razer, Logitech und Hori haben zahlreiche Modelle im Angebot. Solche mit echten Analogsticks wie sie Xbox- und Playstation-Controller besitzen, sind jedoch selten. Dabei würde es das Beste aus zwei Welten verbinden: die präzise Maussteuerung des PCs und die analogen Bewegungsmöglichkeiten von Konsolen. Das und noch viel mehr verspricht Azeron mit dem Cyborg.

Anpassbar bis zum Abwinken

Das Zubehör ist je nach Version sehr umfangreich.
Das Zubehör ist je nach Version sehr umfangreich.

Das Cyborg ist bereits das zweite Keypad der lettischen Firma Azeron. Der Name ist absolut treffend. Auf den ersten Blick sieht das Cyborg aus, wie die Hand des Terminators. Das auffällige Design dient aber nicht nur als Blickfang. Es ermöglicht schier endlose Anpassungsmöglichkeiten. Gewisse Dinge wie links- oder rechtshändig bestimmst du beim Bestellen. Das Cyborg wird für dich massgeschneidert, respektive 3D-gedruckt wie ich vermute.

Die vier Towers, wie sie Azeron nennt – also dort, wo du deine Finger platzierst –, können in praktisch alle Richtungen verschoben werden. Mit dem mitgelieferten Schraubenzieher kannst du jedes Gelenk nach vorne, hinten, steiler, flacher, schwenken und sogar seitwärts verstellen. Meist habe ich direkt beim Spielen Justierungen vorgenommen, so schnell und unkompliziert geht das. Du musst einfach darauf achten, dass sich die hinteren Tasten nicht in die Quere kommen, wenn du die Finger zu eng stellst.

Auf der Unterseite sind Schrauben, um schnell Anpassungen vornehmen zu können.
Auf der Unterseite sind Schrauben, um schnell Anpassungen vornehmen zu können.

Auch der Analogstick kann in alle Himmelsrichtungen verstellt werden. Ausserdem sind im Lieferumfang drei unterschiedlich lange Stickaufsätze enthalten. Für die Handauflage gibt es zwei Varianten. Ich habe die kurvige verwendet, wo die Hand in fixer Position auf dem Cyborg liegt. Es gäbe optional noch eine flache, die mehr Bewegungsfreiheit bietet, aber mir sagt erstere mehr zu. Ausserdem musst du für den Austausch eine anders geformte Schalung verwenden und dabei drei kleine Kabel neu anschliessen. Als Letztes kannst du auch noch die Höhe der Handauflage reduzieren, indem du die verschraubte Unterlage entfernst.

Das Design des Cyborgs ist absolut genial. Es lässt kaum Wünsche offen und fühlt sich mittlerweile an wie für mich gemacht. Auch die Verarbeitung ist erstklassig. Nichts klappert, alles ist fest verschraubt. Dass man die Spuren des 3D-Drucks noch erkennt, ist für mich Teil des Charmes dieser Terminator-Hand. Es ist ein Werkzeug, das allerdings Eingewöhnungszeit verlangt. Besonders die Höhe im Vergleich zu meiner flachen Logitech-G815-Tastatur fand ich anfangs sehr irritierend. Aber nachdem ich das Cyborg weiter vorne auf meinem Pult positioniert habe, damit ich meinen Arm ablegen kann, spielt es sich sehr entspannt damit. Wo wir beim entscheidenden Punkt angelangt sind: Was taugt das Cyborg beim Zocken?

Freie Tastenwahl

Das Azeron Cyborg benötigt definitiv etwas Übung. Besonders bei Spielen, die ich schon lange zocke oder wo ich immer die gleiche Tastenbelegung nutze, bin ich auch nach zwei Wochen noch nicht sattelfest. Die grösste Schwierigkeit liegt darin, sich zu merken, welche Taste wo ist. Anders als bei der Tastatur, wo ich ohnehin weiss, wo was ist, wären sie da auch beschriftet. Das sind sie beim Cyborg aus naheliegenden Gründen nicht.

Über die Azeron-Software können Tasten frei konfiguriert werden.
Über die Azeron-Software können Tasten frei konfiguriert werden.

Über die dazugehörige Software kannst du jede der 29 programmierbaren Tasten frei belegen, verschiedene Profile erstellen und direkt auf dem Gerät speichern. Über die Taste unterhalb der Handauflage wechselst du schnell zwischen Profilen hin und her. Erst wollte ich einfach die Belegung der Tastatur mehr oder weniger 1:1 übertragen, sprich, eine Reihe mit Zahlen, eine mit QWERTZ und so weiter. Weil aber Spiele davon ausgehen, dass du WASD zum Bewegen brauchst, macht das wenig Sinn, ausser, du passt in jedem Spiel die Tastenbelegung neu an. Ich habe die Tasten daher möglichst so belegt, dass ich die gängigen Buchstaben und Zahlen, die von den meisten Spielen verwendet werden, einfach erreichen kann.

Tasten gibt es sowieso en Masse. Jeder Finger erreicht zwischen fünf und sechs Tasten. Oberhalb des Analogsticks gibt es optional einen zusätzlichen Joystick, der nochmal fünf Tasten bietet. Der Analogstick ist natürlich auch noch klickbar und rechts daneben gibt es nochmal eine Taste für den Daumen.

Der Analogstick kann zusätzlich angepasst werden.
Der Analogstick kann zusätzlich angepasst werden.

Beim Analogstick kannst du ausserdem Sensitivität, Deadzone oder den Winkel verstellen. Der Winkel bestimmt, welche Richtung für den Stick vorne ist. Standardmässig bewegst du dich nämlich vorwärts, wenn du den Controller nach unten bewegst. Für mich ist es intuitiver, den Controller in Richtung Monitor zu drücken, um zu laufen. Schliesslich hast du noch die Wahl, ob sich der Analogstick wie ein echter Xbox-360-Analogstick verhalten oder ob er eine Tastatur emulieren soll. Denn viele Spiele wissen nicht so recht was anfangen mit dieser merkwürdigen Steuerung. Der Analogstick sagt dem Spiel, dass ein Controller zum Einsatz kommt und die Maus wiederum, dass mit Maus und Tastatur gespielt wird. Je nach Spiel musst du eine andere Voreinstellung auswählen.

Wie zockt es sich damit?

Gar nicht so viel anders, muss ich etwas überraschend feststellen – zumindest auf den ersten Blick. Die Steuerung mittels Analogstick dürfte mittlerweile nicht nur Konsolenspielern vertraut sein. Sie funktioniert auch in dieser etwas anderen Handposition wunderbar. Der Analogstick dürfte für meinen Geschmack etwas mehr Widerstand bieten. Die Tasten sind perfekt positioniert – dafür sorgst du ja schliesslich selbst. Die ersten Gehversuche wage ich mit «Necromunda Hired Gun». Der Shooter im Warhammer 40 000-Universum steuert sich mit dem Cyborg einwandfrei. Abgesehen davon, dass ich immer kurz überlegen muss, bevor ich die richtige Taste für den Enterhaken oder meinen gefrässigen Kampfhund betätige, spielt es sich nicht viel anders als mit der Tastatur. Es fühlt sich aber verspielter an und die Tasten sind auch allesamt einfacher zu erreichen, weil die Wege kürzer sind.

Ein interessanter Testkandidat ist «The Ascent». Das Cyberpunk-Action-RPG spielt sich meiner Meinung nach besser mit dem Controller als mit Maus und Tastatur, weil ich damit besser manövrieren kann. Zielen würde ich jedoch lieber mit der Maus. Das Cyborg macht genau das möglich. Leider mit einer kleinen Einschränkung, die in vielen Spielen auftritt: «The Ascent» versteht Inputs vom Cyborg nur, wenn der Analogstick in der Azeron-Software als «Tastatur» eingestellt ist. Der Nachteil davon ist, dass du dann nicht das 360-Grad-Bewegungsmuster hast. Aber selbst ein kastrierter Analogstick bietet mehr Flexibilität in «The Ascent» als WASD auf der Tastatur.

Mit dem Cyborg hast du auch mehr Platz für die Maus.
Mit dem Cyborg hast du auch mehr Platz für die Maus.

Das kürzlich veröffentlichte «Aliens Fireteam Elite» ist ein weiteres gutes Beispiel, das Möglichkeiten und Limitationen des Cyborgs zeigt. Auch hier funktioniert der Analogstick nur als Tastatur-Imitat. Das hat mich in diesem Third-Person-Shooter aber nicht gestört. Aber wo mit Maschinengewehren Horden von Aliens niedergeballert werden, braucht es auch keine filigrane Steuerung. Schwierigkeiten bereitet mir das Cyborg hingegen bei den Quick-Time-Events. Wenn mir ein sabberndes Alien Zungenküsse verteilen will und ich schnell W oder S oder eine andere Bewegungstaste drücken soll, um den unerwünschten Begatter abzuschütteln, tu ich mich damit verdammt schwer. Das Umdenken, dass ich für W den Analogstick nach vorne drücken muss, habe ich noch nicht verinnerlicht.

Ein Spiel, bei dem der Analogstick in Verbindung mit der Maus schon fast etwas unfair ist, ist «PUBG» oder auch alle anderen Battle-Royale-Spiele, in denen du schleichen willst. Als PC-Spieler drücke ich dafür standardmässig W für vorwärts und zusätzlich CTRL zum Schleichen. Auf einem Controller reicht es, wenn du den Stick langsam bewegst. Das gleich kann auch das Cyborg, das in «PUBG» als echter 360-Grad-Analogstick erkannt wird. Leider funktioniert es auch hier nicht vollumfänglich. Das Problem ist, dass das Spiel, sobald du den Stick berührst, die Benutzeroberfläche auf Konsole umstellt. Öffnest du das Inventar und möchtest mit der Maus etwas verschieben, bewegst dich aber gleichzeitig, wechselt die Anzeige und der Mauszeiger verschwindet. Eine Challenge ist auch das Autofahren. Solange du den Stick nach vorne drückst ohne die Maus zu berühren, klappt alles. Berührst du aber nur kurz die Maus, vergisst das Spiel, dass du den Stick nach vorne drückst und das Auto verlangsamt sich. Schleichen mit dem Analogstick funktioniert hingegen einwandfrei und ist etwas, das ich nicht mehr missen möchte. Auch links oder rechts hinter einem Mauervorsprung hervor Linsen (normalerweise auf Q und E), geht einfacher von der Hand, als wenn meine Finger gleichzeitig mit WASD beschäftigt sind.

Die Tasten sind durch die kurzen Wege sehr gut und schnell zugänglich.
Die Tasten sind durch die kurzen Wege sehr gut und schnell zugänglich.

«Apex Legends» funktioniert ebenfalls nur so halb. Zwar wird der analoge Stick vollständig erkannt, allerdings lässt sich die Maus nicht mehr richtig steuern, sobald du den Stick benutzt. Es wirkt so, als ob sich Inputs überlagern würden. Hilft nur der Wechsel zum Tastatur-Profil.

Am häufigsten funktioniert hat der Analogstick mit Spielen aus dem Windows Store, die es auch für die Xbox gibt. Möglicherweise gibt es weniger Komplikationen mit Treibern, wenn das Azeron auf das Profil eines Xbox-360-Controllers setzt.

Nicht unbedingt besser, aber spassiger

Das Azeron Cyborg ist ein absolut abgefahrenes Spielzeug. Das Design ist bis ins kleinste Detail durchdacht und erlaubt schier endlose Konfigurationsmöglichkeiten. Hier sollte sich wirklich jede Hand wohlfühlen. Das Gleiche gilt für die Software, mit der du kinderleicht Anpassungen des Analogsticks oder der Tastenbelegung vornehmen kannst. Viele Freiheiten bietet dir Azeron auch beim Aussehen des Geräts, das in verschiedensten Farben, Grössen und Konfigurationen – zum Beispiel auch für Linkshänder – erhältlich ist.

Das Cyborg liegt extrem gut in der Hand, respektive die Hand im Cyborg.
Das Cyborg liegt extrem gut in der Hand, respektive die Hand im Cyborg.

Für mich als PC-Spieler stellt sich grundsätzlich die Frage: Spielst du damit besser als mit der Tastatur? Jein. Grundsätzlich finde ich, dass das Cyborg eine sinnvollere Steuerung ist als eine Tastatur. Die wurde schliesslich auch fürs Tippen konzipiert. Trotzdem habe ich selbst in Spielen, die den vollwertigen Analogstick erkennen, keine entscheidenden Vorteile bemerkt. Das Spielgefühl ist einfach ein anderes. Vielleicht braucht es mehr Zeit, denn bis du dich mit dem Cyborg so vertraut fühlst, wie mit deiner Tastatur, dauert es lange...

Der grösste Dämpfer ist, dass viele Spiele den Analogstick nur als Tastatur verstehen, dazu gehören beispielsweise «Counter-Strike:GO» oder «Warzone». Zwar macht es selbst mit dieser Einschränkung Spass, das volle Potenzial kann das Cyborg damit aber nicht ausschöpfen. Am meisten Freude bereiten Spiele wie «Necromunda Hired Gun» oder auch «Sea of Thieves», die perfekt funktionieren.

Bist du Konsolenumsteiger und suchst nach einer wirklich ungewöhnlichen Steuerung oder willst einfach deine Kumpels an der nächsten LAN imponieren, dann könntest du mit dem Azeron Cyborg glücklich werden. Allerdings nicht vergessen: Du brauchst ein gutes Stück Geduld für die Eingewöhnung.

Das Azeron Cyborg wurde mit zu Testzwecken zur Verfügung gestellt. Aktuell ist das Gerät nur über Azeron beziehbar, wir sind aber in Abklärung, ob wir es auch selber anbieten können.

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Als Game- und Gadget-Verrückter fühl ich mich bei digitec und Galaxus wie im Schlaraffenland – leider ist nichts umsonst. Wenn ich nicht gerade à la Tim Taylor an meinem PC rumschraube, oder in meinem privaten Podcast über Games quatsche, schwinge ich mich gerne auf meinen vollgefederten Drahtesel und such mir ein paar schöne Trails. Mein kulturelles Bedürfnis stille ich mit Gerstensaft und tiefsinnigen Unterhaltungen beim Besuch der meist frustrierenden Spiele des FC Winterthur. 


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