Das perfekte Game Boy Display: BlackBerry-IPS-LCD für die Color-Konsole
Ratgeber

Das perfekte Game Boy Display: BlackBerry-IPS-LCD für die Color-Konsole

Martin Jud
31.3.2020

Ein IPS LCD Mod Kit macht deinen Game Boy so gut, wie er noch nie war. Knackige Kontraste, satte Farben und 350 cd/m² Leuchtkraft lassen Retro-Träume wahr werden. Ich zeige dir, wie die Game-Boy-Modifikation glückt.

Das IPS-Display eines BlackBerry-Smartphones verspricht satte Farben, einen guten Schwarzwert und insbesondere genügend Helligkeit. Alles, was ein Game Boy Color haben sollte. Daher ran an die Schraubenzieher – mit relativ wenig Aufwand wird dein Game Boy schöner sein, als jemals zuvor.

Falls du gleich mit Basteln loslegen möchtest, kannst du gerne zum ersten Modifizierungsphasen-Titel runterscrollen.

Gute Modifikationen, schlechte Modifikationen

Dass es auch nicht perfekt geht, habe ich im Januar gemerkt. Damals wollte ich das Display eines Game Boy Color mit einer billigen Vordergrundbeleuchtung modifizieren. Das Glück war mir nicht hold und ich pfuschte beim Basteln – einige Luftblaseneinschlüsse auf dem Display waren die Folge.

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Das Resultat dieser Modifikation kann aber auch sonst nicht überzeugen. Die Beleuchtung ist sehr schwach und den Farben des alten Displays fehlt Sättigung. Das wurmt mich, weshalb ich mich entschieden habe, allen Pfusch hinter mir zu lassen.

Nun soll endlich die perfekte Display-Modifizierung her. Also technologisch gesehen. Bei der Umsetzung liegt es an mir, diesmal nicht zu Pfuschen.

IPS LCD Mod: Was ist das?

Seit Jahren modden Retro-Freunde ihre Game Boys um. Sie wollen das schärfste und hellste Display ever. Seit Mai 2019 scheint es nun wirklich das perfekte Display zu geben. Der Mod-Kit-Produzent FunnyPlaying hat herausgefunden, dass das BlackBerry Curve 9380 ein hervorragendes Display hat, dessen Abmessungen beinahe mit einem Game Boy Advance Display übereinstimmen.

Das BlackBerry Curve 9380 kam im Dezember 2011 auf den Markt.
Das BlackBerry Curve 9380 kam im Dezember 2011 auf den Markt.

Daher entwickelte FunnyPlaying ein passendes FPC-Adapterkabel und verkaufte es gemeinsam mit dem Display als Mod Kit für den Game Boy Advance. FPC steht für Flexible Printed Circuit, wobei es sich zu Deutsch um eine dünne Flexleiterplatte auf Basis von Polyimid-Folie handelt. Darauf befinden sich Chips, die das Bild ähnlich einem Grafiktreiber für das Display neu aufbereiten.

Das Resultat der ersten Game Boy Advance mit Adapterkabel und IPS LCD war auf den ersten Blick gesehen grandios, doch hatte das Display ein Screen-Tearing-Problem. Daraufhin wurde das FPC-Adapterkabel überarbeitet und die Probleme mit Version 2 begraben.

Game Boy Advance mit IPS LCD V2 Mod: Er ist auch abseits des Displays der ultimative Game Boy, da er Rückwärtskompatibilität zu alten Game-Boy-Modulen bietet.
Game Boy Advance mit IPS LCD V2 Mod: Er ist auch abseits des Displays der ultimative Game Boy, da er Rückwärtskompatibilität zu alten Game-Boy-Modulen bietet.

Seit wenigen Monaten hat FunnyPlaying auch Adapterkabel für den ganz alten Game Boy und den Game Boy Color im Sortiment. Allerdings wird das BlackBerry-Display bei diesen Modellen im Hochformat verbaut. Im Gegensatz zu anderen LCD Displays wird die Original-Display-Fläche bei diesem Kit übrigens nicht beschnitten.

Beim Display handelt es sich um ein LG LH320h04-SD01. Ein 3,2 Zoll grosses IPS LCD mit 480 x 360 Pixel und einer Leuchtkraft von 350 cd/m². Es bietet 16.7 Millionen Farben, einen statischen Kontrast von 800:1, hat eine Frequenz von 60 Hz und einen guten Blickwinkel (80/80/80/80).

Modifizierungsphase 1: Ein Board muss her

Die Basis meines neuen Game Boy Color soll das Board von diesem defekten alten Gerät bilden:

Diesem Game Boy Color fehlen nicht nur Tasten, sein Inneres lässt mich schaudern.
Diesem Game Boy Color fehlen nicht nur Tasten, sein Inneres lässt mich schaudern.

Start- und Select-Taste sind nicht mehr vorhanden. Ausserdem fehlen dieser Konsole im Batteriefach zwei Kontakte. Den Batteriefachdeckel habe ich auch nicht mehr – daher werde ich auf ein neues Gehäuse zurückgreifen. Doch nun entferne ich erstmal mit Tri-Wing- und Kreuzschlitzschraubenzieher bewaffnet neun Schrauben sowie das Displaykabel und kralle mir das Board.

Typischerweise ist der Lautsprecher am meisten verschmutzt. Der braunen Kruste gehe ich mit Reinigungsalkohol an den Kragen. Das gereinigte Board lege ich danach erstmal zur Seite.

Modifizierungsphase 2: Platz im Gehäuse schaffen

Abgesehen vom Board verzichte ich nach dem Anblick der Schmutzkrusten im Inneren darauf, noch irgendwas des alten Game Boy weiter zu verwenden. Ersatzmaterial muss her. Ein neues Gehäuse, Tasten und leitfähige Silikonpads.

Weil das BlackBerry-Display im Hochformat verbaut wird, stören einige Kanten unterhalb und oberhalb der originalen Display-Position. Aber damit nicht genug – auch ein Teil des Steuerkreuzes sowie der Kante darüber muss verschwinden.

Alles Rote muss weggeschliffen werden.
Alles Rote muss weggeschliffen werden.

Und so mache ich mich an die Arbeit.

Plastik spickt in alle Richtungen. Für einmal bin ich froh, Brillenträger zu sein. Wenn du kein Brillenträger bist, solltest du eine Schutzbrille aufsetzen.

Auch ein Teil des Steuerkreuzes ist verschwunden.
Auch ein Teil des Steuerkreuzes ist verschwunden.

So, fertig geschliffen.

Modifizierungsphase 3: IPS LCD einbauen

Da haben wir das wohl beste IPS LCD für den Game Boy.

Es ist dünn und darf nur behutsam angefasst werden, weil es sonst bricht. Das Display an sich bekommst du im Internet für sieben bis acht Schweizer Franken. Der teure Teil ist das FPC-Adapterkabel. Da es nicht nur ein Signal weiterleiten, sondern das Bild neu aufbereiten und positionieren muss, sind darauf eine Menge Chips zu sehen. Mein Kabel habe ich in einem asiatischen Store bestellt – gemeinsam mit IPS LCD habe ich dafür 36 Schweizer Franken inklusive Versandkosten bezahlt.

Auch ein doppelseitiges Klebeband in Passform wird im Umbau-Kit mitgeliefert. An dieser Stelle bin ich mir nicht sicher, ob ich es verwenden soll. Denn ich habe im Netz gelesen, dass bei einer Fehlplatzierung des Displays beim Ablösen respektive Korrigieren der Position schon LCDs zu Bruch gegangen sind. Eine gute Alternative wäre der Griff zur Leimpistole. Allerdings hat meine gerade keinen Leim mehr. Daher klebe ich wie vom Mod-Kit-Hersteller vorgesehen.

Bei der Positionierung des LCDs orientiere ich mich an der rechten Kante. Zu dieser benötigt das Display etwa einen Millimeter Abstand, um an korrekter Stelle zu sein. In der Höhe darf das Display so hoch wie möglich eingeklebt werden. Einfach so, dass noch Platz für die Infrarotschnittstellen-Abdeckung bleibt. Diese ist auf obigem Bild über dem Display in Schwarz zu sehen.

Dass das Display so hoch wie möglich geklebt werden darf, finde ich übrigens gerade heraus. Denn die Bastelanleitung, die ich zu diesem Mod Kit erhalten habe, ist leider lausig. Gemäss dieser muss ich mit rund zwei Millimeter Abstand zum oberen Rand kleben. Was ich hier auch tue. Böse, nun ist mein neues Display nicht perfekt mittig platziert. Da werde ich mich am Ende bestimmt ärgern. Doch noch weiss ich das nicht.

Um das frisch eingeklebte LCD vor Schmutz zu schützen, bringe ich ein neues Display Cover an.

Jetzt kommt das FPC-Adapterkabel zum Einsatz. Die Verbindungsstelle, wo das Kabel des Displays ran muss, siehst du auf obigem Bild rot eingekreist. Da ist das Verbindungskabel bereits angeknipst. Das Verbinden funktioniert wie bei einem Druckknopf. Nur dass du mit mehr Feingefühl und weniger Druck als bei einem Knopf drücken solltest.

Der Game Boy ist nun bereit, um wieder zusammengebaut zu werden. Ich montiere die Tasten und Silikonpads.

Das Board kommt oben drauf.

Nun gilt es, das kleine schwarze Kabel, das auf dem Bild oben hinter dem orange-gelben Displaykabel durchgeht, richtig zu positionieren. An dessen Ende befindet sich ein kleiner Kontaktsensor, mit dem sich die Display-Helligkeit stufenweise verstellen lässt.

So funktioniert der Sensor.
So funktioniert der Sensor.
Quelle: FunnyPlaying

Der Sensor wird direkt an der schwarzen Infrarotabdeckung platziert. Da diese Abdeckung bei den meisten Gehäusen noch minimalen Spielraum hat, reicht dies, um durch Antippen den darunterliegenden Sensor auszulösen. Zumindest in Theorie. In Praxis klappt das meistens, aber nicht immer, wie ich in den Artikelbewertungen des Kits lese. Standardmässig startet der Game Boy mit zweithellster Display-Helligkeitsstufe.

Displaykabel bis zum Anschlag in den Port stecken...
Displaykabel bis zum Anschlag in den Port stecken...
...die beiden Hebel daneben nach unten schieben.
...die beiden Hebel daneben nach unten schieben.

Als letztes muss das Displaykabel am Board angeschlossen werden. Es wird wie oben abgebildet bis zum Anschlag in den weissen Port auf dem Board gesteckt. Danach fixiere ich es, indem die kleinen schwarzen Hebel links und rechts vom Kabel nach unten geschoben werden.

Drei Schrauben fixieren das Board. Das Gehäuse kann geschlossen werden.

Game Boy Color mit IPS LCD

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Zwar hätte ich das Display noch zwei Millimeter höher platzieren können, doch tut das meinem Spielspass keinen Abbruch.

Das Bild verfügt über satte Farben und ist für Game-Boy-Verhältnisse gestochen scharf.

Und auch der Sensor tut seine Arbeit. Ich freue mich.

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Der tägliche Kuss der Muse lässt meine Kreativität spriessen. Werde ich mal nicht geküsst, so versuche ich mich mittels Träumen neu zu inspirieren. Denn wer träumt, verschläft nie sein Leben.


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