«Dave the Diver» im Test: Ein kulinarisches Tauchabenteuer
Spielkritik

«Dave the Diver» im Test: Ein kulinarisches Tauchabenteuer

Ein Spiel, zum Abtauchen, sprich- und wortwörtlich. «Dave the Diver» ist eine Mischung aus Restaurant-Manager und Tauch-Spiel – bis es viel mehr wird.

«Dave the Diver» ist grossartig, hol es dir! Reicht, das nicht? Muss ich noch mehr schreiben? Kann ich nicht stattdessen auf Tauchstationen gehen? Ich müsste nur noch kurz einen Walknochen finden, ein berüchtigter Weisser Hai treibt sein Unwesen und nach meinem Restaurant müsste ich auch mal wieder sehen. Na gut, wenn ich schon mal hier bin.

Im Körper des wohlgenährten Dave erkunde ich tagsüber die Tiefen der mysteriösen Bucht Blue Hole. Anfangs geht es im Spiel des koreanischen Studios Mintrocket primär darum, genügend Fische in diesem traumhaften Tauchspot zu fangen, damit die Gäste im Sushi-Restaurant am Abend was auf den Teller bekommen. Dort serviert der fleissige Dave exotische Fischgerichte, die Bancho, eine wortkarge Kochlegende zubereitet. Dieser Gameplay-Loop wäre schon motivierend genug, ist aber nur der Anfang eines unvergesslichen Abenteuers.

Nicht jeder Fisch kommt «freiwillig».
Nicht jeder Fisch kommt «freiwillig».
Quelle: Mintrocket

Einfach abtauchen und eintauchen

Den grössten Teil der Zeit verbringe ich in diesem zauberhaften Pixel-Abenteuer unter Wasser. Mit meiner alten Harpune jage ich anfangs nur kleine Fische. Dafür halte ich die A/X-Taste, ziele mit dem linken Analog-Stick und feuere mit RT/RB. Das ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber schnell treffe ich auch die flinksten Schwimmer.

Am zweiten Tag lerne ich Duff kennen. Ein nerdiger Weeb und Waffennarr, der mir zusätzliche Ausrüstung wie Schrotflinte, Fangnetzwerfer oder Betäubungspfeile herstellt. Wahllos mit der Flinte auf Meerestier zu schiessen, zahlt sich nicht aus. Fische, die ich mit dem Netz fange oder betäube, sind von besserer Qualität und erzielen im Restaurant höhere Preise. Für grössere Schwimmer wie Thunfische oder Haie brauche ich gar Fangnetzminen und Unterwasserdrohnen. Dabei lauern in der Tiefsee auch Gefahren. Haie und andere aggressive Fische greifen mich an. Weil die Sauerstoff-Anzeige mit der Lebensanzeige gekoppelt ist, gilt es da besonders aufzupassen.

Bei Duff wird die Ausrüstung verbessert.
Bei Duff wird die Ausrüstung verbessert.
Quelle: Mintrocket

Neben den Kämpfen ist oft Geschick gefragt: Beim Fangen mit der Harpune verlangt das Spiel teilweise spezielle Eingaben. Mal muss ich den linken Analog-Stick schnell hin und herbewegen oder eine Taste schnell drücken, um einen Balken aufzufüllen. Meist sind solche Quick-Time-Events in Spielen rein pro forma. In «Dave the Diver» reicht entspanntes Knöpfchen-Drücken hingegen nicht. Ich muss so energisch auf die Tasten hämmern oder sie drehen, dass ich mir Sorgen um meinen Controller mache.

Pro Tag sind zu Beginn des Spiels zwei Tauchgänge möglich – einmal am Morgen und einmal am Nachmittag. Theoretisch kann ich so lange tauche, wie ich möchte, solange mir der Sauerstoff nicht ausgeht. Dank herumliegenden O2-Tanks kann ich das länger als es jede Padi-Ausbildung erlauben würde. Geht mir doch mal die Luft aus, sterbe ich zwar nicht, dafür verliere ich meine gesamte Beute. Lediglich einen Gegenstand darf ich behalten.

Beisse ich in den Seetang, ist meine ganze Beute futsch, bis auf einen einzigen Gegenstand.
Beisse ich in den Seetang, ist meine ganze Beute futsch, bis auf einen einzigen Gegenstand.
Quelle: Mintrocket

Trotz dieser Gefahr ist die Unterwasserwelt so einladend und richtig entspannend, gerade wegen des gemütlichen Soundtracks. Ich will oft gar nicht mehr auftauchen.

Immer, wenn du glaubst, alles gesehen zu haben…

Im Verlauf des Spiels entdecke ich immer neue Fischarten. Für tiefere Tauchausflüge muss ich meinen Taucheranzug verbessern. Mehr Tragekapazität wäre auch nicht schlecht und grössere Sauerstoff-Flaschen, damit ich länger unter Wasser bleiben kann, stehen auch auf meiner Wunschliste. Das und mehr gibt es in der iDiver-App zu kaufen. Fast alle Jobs und Interaktionen werden übers Smartphone gelöst.

Um tiefer zu tauchen, muss ich erst meine Ausrüstung verbessern.
Um tiefer zu tauchen, muss ich erst meine Ausrüstung verbessern.
Quelle: Mintrocket

Dazu gehören Forschungsaufträge einer schnippischen Ökologin, die lieber auf dem Trockenen bleibt, Kartensammelei namens FishMon oder Dr. Bacons Suche nach einer Unterwasser-Zivilisation. In «Dave the Diver» geht es nämlich nicht nur ums Fischen und Essen, es gibt auch eine Story. Und die schickt mich regelmässig auf abenteuerliche Missionen wie das Erkunden versunkener Schiffswracks, Rettungsaktionen pinker Delfine oder Kämpfe gegen Riesentintenfische. Daneben ergründe ich das Geheimnis hinter mysteriösen See-Erdbeben. Das ist längst nicht alles. Immer, wenn ich denke, alles gesehen zu haben, tischt das Spiel eine neue Mechanik auf. Diese zu entdecken, gehört zum Spass des Spiels, darum möchte ich nicht mehr verraten. Schliesslich habe ich noch fast nichts über die zweite grosse Komponente erzählt: dem Sushi-Restaurant.

An Anspielungen wie hier an ein bekanntes Open-World-Spiel mangelt es nicht.
An Anspielungen wie hier an ein bekanntes Open-World-Spiel mangelt es nicht.
Quelle: Mintrocket

Restaurant-Manager

Bancho kocht im exklusiven Sushi-Restaurant aus meiner Beute exotische Fischgerichte. Was auf das Menü kommt, bestimme ich. Sofern genügend Zutaten vorhanden sind, kann ich Gerichte verbessern, damit sie höhere Preise und Zufriedenheit bei den Gästen erzielen. Aber nicht nur was, sondern auch wie viel aufgetischt wird, bestimme ich. Lasse ich mehr Seefledermaus-Reisschüsseln vorbereiten, als verkauft werden, landet der Rest auf dem Müll. Das gilt auch, wenn ich zu langsam beim Servieren bin. Sobald ich das Restaurant öffne, strömen die Gäste hinein und wollen bedient werden. Dabei haben sie weniger Geduld als Zürcher-Restaurant-Gäste. Also sprinte ich von Bancho zu den Gästen und halte stets meine Ausdauer-Anzeige im Auge. Übertreibe ich es, schleicht Dave nur noch hinter dem Tresen.

Zu Beginn lässt sich das Restaurant entspannt managen, aber das ändert sich schnell.
Zu Beginn lässt sich das Restaurant entspannt managen, aber das ändert sich schnell.
Quelle: Mintrocket

Auch der Wasabi-Vorrat darf nie zur Neige gehen und schmutziges Geschirr will auch abgeräumt werden. Zum Glück kann ich zusätzliches Personal per Annonce anheuern. Die kann ich anschliessend weiterbilden, damit sie schneller werden oder lernen, Getränke auszuschenken – nein, das können sie nicht von Anfang an.

Sind die Gäste zufrieden, teilen sie ihre Begeisterung auf «Cooksta». Vergiss Instagram und TikTok, diesen Feed darfst du nicht verpassen. Ihn anzuschauen, dient zwar lediglich deinem Vergnügen, aber die liebevoll gezeichneten Fotos der fantasievollen Gerichte sind ein echtes Highlight.

Vergiss Insta, die coolen Fische hängen auf Cooksta.
Vergiss Insta, die coolen Fische hängen auf Cooksta.
Quelle: Mintrocket

Als wären die normalen Gäste nicht genug, besuchen in regelmässigen Abständen VIPs das Restaurant. Für sie zaubert Bancho besondere Leckerbissen auf den Teller. Für mich bedeutet das, dass ich den Ozean nach neuen ausgefallenen Zutaten absuchen muss. Wird das Gericht schliesslich serviert, werde ich mit einer kurzen Zwischensequenz belohnt. Die Clips sind eine Mischung aus Anime und Samurai-Filmen in Pixeloptik. Sie dauern lediglich ein paar Sekunden, sind aber so sehenswert inszeniert, dass ich sie auch ein zweites oder drittes Mal nicht übersprungen habe. Das gilt auch, wenn ich meine Ausrüstung bei Duff verbessere oder ein neues Menü lerne. Einfach grosse Klasse.

Fazit: Ich hänge am Haken

«Dave the Diver» ist ein Spiel, das ich kaum weglegen kann. Die Fischjagd motiviert mich auch nach 20 Stunden noch wie beim ersten Tauchgang. Dafür sorgt die bunte Fischwelt und das wachsende Arsenal an origineller Ausrüstung. Auch im Sushi-Restaurant gibt es immer etwas zu tun. Der hektische Service-Abend kombiniert mit Management-Simulation sind der perfekte Ausgleich für die lauschigen Tauchgänge. Und als ob diese beiden Elemente nicht reichen würde, fügt das Spiel in regelmässigen Abständen neue Beschäftigungen hinzu.

Jede neue Begegnung birgt Überraschungen.
Jede neue Begegnung birgt Überraschungen.
Quelle: Mintrocket

«Dave the Diver» ist nicht einfach ein Abarbeiten von To-Do-Listen. Also eigentlich schon – es gibt sogar die entsprechende App dafür. Aber die Aufgaben sind in eine unterhaltsame Erzählung verpackt, die mit schrillen Charakteren gespickt ist, sodass es sich nie nach Arbeit anfühlt. Wenn eine ältere Dame auf ihrem Floss mein Boot anpaddelt, reibe ich mir freudig die Hände. Was kommt da wohl auf mich zu?

Die Story um den verschlossenen Sushi-Guru Bancho, die geheimnisvollen Unterwassermenschen, und die See-Erdbeben, die das Blue Hole erschüttern, begeistert mich stets aufs Neue. Man spürt an jeder Ecke, wie viel Liebe in diesem Spiel steckt. Müsste ich etwas bemängeln, könnte die Unterwasserwelt noch etwas bunter und abwechslungsreicher gestaltet sein. Das machen die kurzen Zwischensequenzen wieder wett, die mich immer wieder zum Lachen bringen.

«Dave the Diver» ist ein grossartiges Abenteuer, das du dir nicht entgehen lassen solltest – vor allem, weil es keine 30 Franken kostet.

«Dave the Diver» ist verfügbar für PC und Mac und wurde mir von Mintrocket zur Verfügung gestellt.

In der aktuellen Tech-telmechtel-Folge reden wir ebenfalls über «Dave the Diver».

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Als Game- und Gadget-Verrückter fühl ich mich bei digitec und Galaxus wie im Schlaraffenland – leider ist nichts umsonst. Wenn ich nicht gerade à la Tim Taylor an meinem PC rumschraube, oder in meinem privaten Podcast über Games quatsche, schwinge ichmich gerne auf meinen vollgefederten Drahtesel und such mir ein paar schöne Trails. Mein kulturelles Bedürfnis stille ich mit Gerstensaft und tiefsinnigen Unterhaltungen beim Besuch der meist frustrierenden Spiele des FC Winterthur. 


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