
Kritik
«Super Mario Party Jamboree» – Switch-2-Upgrade im Fokus
von Michelle Brändle
Nintendos experimentelles Rollstuhl-Basketball-Spiel überzeugt mit einer aussergewöhnlichen Maus-Steuerung und erinnert an «Rocket League». Leider gibt es in der tristen und grauen Welt von «Drag X Drive» nicht viel Spannendes zu tun.
Es war vielleicht der grösste «WTF-Moment» an der Switch-2-Vorstellung im April. Neben altbekannten Gesichtern wie Mario, Donkey Kong oder Kirby stellte Nintendo ein komplett neues Game vor: «Drag X Drive». Ein für Nintendo-Verhältnisse düster aussehendes Spiel mit Basketball spielenden Robotern in Rollstühlen. Eben: WTF.
Ich habe das merkwürdige Multiplayer-Spiel ausführlich getestet und bin enttäuscht. Die Doppel-Maus-Steuerung ist zwar verdammt cool und die Online-Matches oftmals spannend. Trotz des soliden Gameplays bietet der Titel aber sehr wenig, um mich langfristig an die Joy-Con-2-Controller zu fesseln.
Um die Rollstuhl-Roboter in «Drag X Drive» zu lenken, verwende ich beide Joy-Con-2-Controller im Maus-Modus. Um vorwärts oder rückwärts zu fahren, ziehe ich die Mäuse auf einer ebenen Fläche gleichzeitig entweder nach vorne oder nach hinten. Dabei spüre ich das Rattern der Speichen in den Controllern, als würde ich einen echten Rollstuhl bedienen. Das fühlt sich unheimlich cool an. Um mich nach links oder rechts zu drehen, schiebe ich nur einen der Controller nach vorne oder hinten.
Mit den Schulterknöpfen bremse ich und passe den Ball an meine Mitspieler. Möchte ich den Ball in den Korb werfen, hebe ich eine Hand und ahme eine Wurfbewegung nach. Um den Wurf eines Gegners zu verhindern, hebe ich beide Hände und blocke. Alternativ rase ich mit meinem Rollstuhl frontal in den Gegenspieler, um ihm den Ball abzuluchsen.
Es dauert eine Weile, bis ich mich an die merkwürdige Steuerung gewöhne. Ständig fahre ich am freiliegenden Bällen oder Gegnern vorbei oder lenke zu sehr ein, weil ich einen Joy-Con-2-Controller zu stark verschiebe. Zudem verkrampfen meine Hände, weil ich nicht weiss, wie ich die Mini-Controller am besten halten soll.
Nach einigen Trainings gegen Bots und Online-Matches gegen echte Gegner fühle ich mich sicherer im virtuellen Rollstuhl. Ich versuche mich auch an Tricks. So rase ich immer wieder in die Halfpipe unter dem Korb, hebe ab und dunke den Ball wie ein gottverdammter Roboter-Basketball-Rollstuhl-Pro in den Korb. Das fühlt sich grossartig an – trotz gelegentlichen Handkrämpfen.
Die steile Lernkurve und das anstrengende Hin-und-Herbewegen der Controller wird nicht allen zusagen. Es kann zudem frustrierend sein, ein adäquates Setup für die Doppel-Maus-Steuerung zu finden. Nintendo behauptet zwar, dass man die Joy-Con-2-Mäuse auch auf Hosenbeinen bedienen kann, in der Praxis funktioniert das bei «Drag X Drive» aber nur mässig: Die Inputs werden unpräzise erfasst.
Mein Setup-Tipp: Mit zwei Mausmatten auf dem Sofa sitzen – eine links und eine rechts. Oder mit der Switch 2 im Tabletop-Modus auf dem Bürotisch – aber auch mit Mausmatte, sonst nutzen sich die Gleiter an den Controllern durch die ständige Reibung schnell ab.
Das Highlight des Spiels sind zweifelsohne die spannenden Online-Matches gegen echte Gegner – wahlweise gegen zufällige Fremde oder mit Freunden. Schade ist, dass ich nicht gezielt mit Freunden zusammen gegen fremde Gegner antreten kann.
In der Testphase erlebe ich zahlreiche Begegnungen, die ultraknapp ausgehen. Mit all den rasenden und springenden Fahrzeugen sowie dem riesigen Ball fühle ich mich in meine «Rocket League»-Zeiten zurückversetzt.
Besonders toll finde ich das Punktesystem. Normale Körbe geben 2 Punkte, Treffer ausserhalb der Drei-Punkte-Linie 3. Führe ich beim Schuss einen Trick aus, gibt es Bonuspunkte hinter dem Komma. Ein schöner Halfpipe-Korb gibt 2,1 statt 2 Punkte. Ein Weitschuss, während ich mit dem Rollstuhl springe, gibt 3,2 statt 3 Punkte.
So wäge ich ständig ab, ob es sich lohnt, beim Schiessen zu tricksen (das geht oft schief) oder ob ich doch lieber auf Nummer sicher gehe und normal werfe. Oftmals lohnt sich das Risiko, denn ich erlebe immer wieder Matches, in denen Dezimalpunkte über Sieg oder Niederlage entscheiden.
Leider gibt es in den Online-Matches keinerlei Fortschrittssystem. Ich spiele immer wieder gegen zufällige Gegner und schalte nichts frei – keine kosmetischen Items, keine Upgrades für meinen Rollstuhl, absolut gar nichts. Es gibt auch keine Ränge, in denen ich aufsteigen könnte, um gegen bessere Spielerinnen anzutreten. Mir fehlt eine übergreifende Struktur, ein Ziel, auf das ich hinarbeiten kann. So geht die Motivation schnell flöten – trotz gelungenem Gameplay-Kern.
Abgesehen von den traditionellen 3v3-Matches kann ich online auch in zwei Minispielen antreten. In Rennkursen fahre ich gegen andere Spieler um die Wette und in der «Rebound Randale» jagen alle einem Basketball hinterher. Beides haut mich nicht vom Hocker.
Wenn ich nicht mit anderen spielen möchte, kann ich auch alleine diverse Challenges angehen, die in der Spielwelt verteilt sind. Parcours-Kurse mit Hütchen, Hüpfwettbewerbe und Halfpipe-Herausforderungen warten auf mich. Absolviere ich erfolgreich eine Challenge, erhalte ich Trophäen, mit denen ich kosmetische Items freischalte. Viel erwartet mich nicht. Es gibt lediglich Helme zu gewinnen, die das Aussehen meines Roboters minim verändern.
Auch der visuelle Auftritt des Spiels überzeugt nicht. «Drag X Drive» läuft zwar flüssig, sieht aber wie ein Switch-1-Spiel aus. Zudem wirkt die ganze Spielwelt mit dominanten Grautönen ungewöhnlich trist für ein Nintendo-Spiel. Die Basketballhalle und die ausdruckslosen Roboter sehen kalt und seelenlos aus.
Übertreibe ich? Vielleicht. Aber schau dir mal an, wie «Arms» ausgesehen hat. Ein vergleichbar experimenteller Multiplayer-Titel, der zum Launch der Switch 1 veröffentlicht wurde. Auch wenn das Game nicht perfekt war, hatte es diese Nintendo-Magie, die ich bei «Drag X Drive» komplett vermisse. Dieses gewisse Etwas, dieser Charme, der mich an den Controller fesselt.
Schade, denn der gelungene Gameplay-Kern hätte definitiv eine schönere Aufmachung und mehr Inhalte für die Langzeitmotivation verdient.
«Drag X Drive» erscheint am 14. August 2025 für die Nintendo Switch 2. Das Spiel wurde mir von Nintendo zu Testzwecken zur Verfügung gestellt.
Die ungewöhnliche Gameplay-Grundlage von «Drag X Drive» überzeugt. Es macht Spass, mit der Maussteuerung im Rollstuhl über den Basketballplatz zu flitzen und spektakuläre Körbe zu schiessen – auch wenn ich mich dabei manchmal verkrampfe. Die spannenden Online-Matches gegen echte Fahrerinnen und Fahrer sind das Highlight des Spiels.
Abgesehen davon bietet der Titel wenig Argumente für einen Kauf. Uninspirierte Zusatzinhalte, ein fehlendes Fortschrittssystem und die triste Optik lassen das Game bisweilen seelenlos wirken. Mir fehlt die Nintendo-typische Magie. Selbst für 20 Franken oder Euro kann ich das Spiel deshalb nicht empfehlen – ausser du möchtest unbedingt die geniale Steuerung ausprobieren.
Pro
Contra
Meine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.