
Kritik
«Bravely Default Flying Fairy HD Remaster» im Test: ein Fest für Fans von traditionellen JRPGs
von Domagoj Belancic
«Off» ist ein Indie-Spiel, das mit gelungenem RPG- und Rätsel-Gameplay lockt. Das Highlight ist aber eindeutig die skurrile, stimmungsvolle Welt.
«Off» ist erstmals im Jahr 2008 als ein spontanes Werk des belgischen Entwicklers Martin Georis aka Mortis Ghost erschienen. Drei Jahre später wurde das Spiel auf Englisch übersetzt und dadurch über Nacht zum Internet-Hit. Etwa auf der Website Tumblr.com wurde «Off» im Jahr 2013 als sechst-häufigstes Videospiel geteilt – alle Plätze davor galten AAA-Produktionen.
Zusätzlich dazu hat der Entwickler Toby Fox «Off» als eine der Inspirationen für sein Indie-Meisterwerk «Undertale» genannt. Das ist auch einer der Gründe, weshalb er einige Soundtracks für das Remaster neu komponiert hat.
Nun wird dieses Stück Videospielgeschichte in einem Remaster für moderne Plattformen neu veröffentlicht. Ich habe das Rollenspiel nie gezockt. Höchste Zeit, diese Wissenslücke zu schliessen.
«Off» durchbricht in den ersten Spielminuten direkt die vierte Wand. Ich werde als Spielerin direkt angesprochen und übernehme die Kontrolle über eine leblose Spielfigur namens «The Batter» («Der Schläger»). Eine Katze namens «The Judge» («Der Richter») gibt mir die heilige Mission, die Spielwelt von bösen Gestalten zu reinigen.
Dafür durchlaufe ich drei unterschiedliche Zonen und besiege alles, was sich mir in den Weg stellt: Gespenster, Verbrannte und abstrakte Wesen. Die Zonen werden von Wächtern regiert, die mir nach der Säuberung jeweils als Bossgegner gegenüberstehen.
Nach und nach decke ich mehr Informationen über die Spielwelt auf, doch abstrakt bleibt es bis zum Ende. Selbst als der Abspann über meinen Bildschirm rollt, bleiben viele Fragen offen. «Off» spricht selten Klartext. Dennoch gehört es aber auch zum Charme des Spiels, dass es nicht viel von sich preisgibt.
Die Welt und die Charaktere bleiben auch mit wenig Erklärungen zum Geschehen interessant. Das liegt unter anderem an den knackigen und humorvollen Dialogen, die die ansonsten düstere Spielwelt aufhellen. «Off» meistert den schwierigen Drahtseilakt zwischen Humor und Horror. Ausserdem verstehe ich meist, was sich direkt auf dem Bildschirm abspielt, doch für das Grosse Ganze schaffen Fan-Interpretationen Abhilfe. Da kommt es ganz gelegen, dass es «Off» seit beinahe 20 Jahren gibt und ich mich dementsprechend in viele Theorien einlesen kann.
Um im Spiel voranzukommen, brauche ich zum Glück keine Verständnishilfen. Das Gameplay ist sehr konservativ. «Off» spielt sich wie ein klassisches, rundenbasiertes Rollenspiel – inklusive Kämpfen, die zufällig stattfinden. Auf die Zufallskämpfe könnte ich verzichten, vor allem bei den gewöhnlichen Gegnern. Zu sehr gestört hat mich das System aber zum Glück nicht, denn das Kampfsystem ist grundsolide.
In Echtzeit läuft ein Timer unter meinen und den gegnerischen Charakteren ab, der die Kampf-Reihenfolge bestimmt. Dies wird über einen Balken dargestellt, der sich nach und nach füllt. Sobald er voll ist, ist der entsprechende Charakter dran. Das ähnelt den ATB-Balken aus der «Final Fantasy»-Reihe. Wenn ich dran bin, kann ich angreifen, meine Spielfigur verteidigen, um den Schaden zu begrenzen, Gegenstände einsetzen oder sogenannte «Competences» verwenden. Diese lassen sich am einfachsten als Zauber verstehen. So mache ich mit den Competences etwa mehr Schaden als mit gewöhnlichen Angriffen oder schwäche meine Gegner mit Effekten, die beispielsweise das Aufladen ihrer ATB-Balken verlangsamen und sie weniger häufig angreifen lassen. Ausserdem kann ich auch meine eigenen Charaktere verstärken, indem ich sie etwa heile oder ihren Angriffswert erhöhe.
«Off» ist zum Glück kein Grindfest. Das bedeutet, ich komme auch gut voran, ohne stundenlang in Kämpfen Erfahrungspunkte sammeln zu müssen. Das Spiel profitiert im Allgemeinen sehr von seiner überschaubaren Spieldauer. Würde es mehr als die fünf bis sieben Stunden Spielzeit andauern, würden die rätselhafte Natur der Welt und die Zufallskämpfe irgendwann nervig werden.
Um die Mission des «Batters» zu erfüllen, gilt es nicht nur Gegner zu besiegen, sondern auch immer wieder Rätsel zu lösen. In regelmässigen Abständen muss ich Gegenstände für Charaktere besorgen, Schalterrätsel betätigen oder Zahlencodes durch die geschickte Kombination von Fakten herausfinden. Dafür kritzle ich immer wieder in meinem Notizbüchlein im echten Leben herum.
Die Rätsel sind nicht kinderleicht, aber auch nicht so komplex, dass dafür ein Doktoratsstudium notwendig ist. Die meiste Denkarbeit ist schliesslich immer noch der Handlung vorbehalten.
Das Remaster passt dem Original gegenüber das Kampfsystem an und verbessert das Balancing. Die interessanteren Neuerungen dürften aber die versteckten Bosse sein, die der Entwickler des Originals eingebaut hat. Gegenüber den restlichen Gegnern bieten sie kein komplett neues Erlebnis – mitgenommen habe ich die Kämpfe trotzdem gerne.
«Off» bietet in seiner Aufmachung im Vergleich zu vielen Videospielen eine etwas andere Erfahrung. Grund dafür ist vor allem die Grafik, die zwischen Pixel-Look und skizzenartigen Zeichnungen wechselt. Auch der Soundtrack ist einzigartig. Dessen Spektrum reicht von atmosphärischen Klängen, die unter anderem von Spielen wie «Silent Hill 2» inspiriert wurden, bis hin zu gemütlicher Jazz-Musik, die während den Kämpfen läuft.
Soundtracks wie etwa «Silencio» schaffen es sowohl im Original als auch im Remaster ohne Jumpscares, ein trübes und unangenehmes Gefühl zu vermitteln.
Apropos: Den Originalsoundtrack hörst du aus rechtlichen Gründen nicht im Remaster. Stattdessen haben begabte Künstler und Künstlerinnen wie der eingangs erwähnte Toby Fox die Lieder neu komponiert.
«Off» erscheint am 15. August 2025 für Nintendo Switch und PC über Steam. Die PC-Version wurde mir von Fangamer zu Testzwecken zur Verfügung gestellt.
Ich bin auf «Off» aufmerksam geworden, weil es mit «Undertale» eines meiner liebsten Spiele überhaupt inspiriert hat. Wenn du den skurrilen RPGs von Entwickler Toby Fox oder ähnlichen Spielen wie «Earthbound» etwas abgewinnen kannst, dann lohnt sich der kurze Trip in die surreale Welt von «Off»..
Abgesehen davon kann das Spiel auch stolz für sich allein da stehen. Obwohl die Welt im ersten Augenblick merkwürdig und abstrakt wirkt, weiss sie dank knackiger Dialoge und klaren Aufträgen stets zu fesseln. Das Bedürfnis, mehr über die Zonen in «Off» erfahren zu wollen, treibt mich stets voran. Der gelungene Soundtrack, der aus einer Mischung von Musik und Umgebungsgeräuschen besteht, tut sein übrigens.
Dabei kommt es «Off» gelegen, dass es mit seiner knackigen Spieldauer von rund fünf bis sieben Stunden nicht zu lang ist. So kommt nie Langeweile auf und die zufallsgenerierten Kämpfe seien dem Spiel ebenfalls verziehen.
Pro
Contra
Meinen ersten Text über Videospiele habe ich mit acht Jahren geschrieben. Seitdem konnte ich nicht mehr damit aufhören. Die Zeit dazwischen verbringe ich mit meiner Liebe für 2D-Husbandos, Monster, meinen Krawallkatzen und Sport.