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Kritik

Strategie-Epos im neuen Gewand: «Final Fantasy Tactics: The Ivalice Chronicles»

Nach Jahren der Abstinenz kehrt «Final Fantasy Tactics» auf moderne Plattformen zurück. Das legendäre Taktik-RPG beweist, dass komplexe Geschichten und forderndes Gameplay zeitlos sind. Warum das Spiel auch 2025 noch zu den besten seiner Art gehört – und wo es dennoch Schwächen zeigt.

Es ist schon etwas absurd: Da zaubert Square Enix (damals noch Squaresoft) 1998 eines der besten Strategiespiele aller Zeiten aus dem Hut, und was machen sie daraus? Drei Teile in fast 30 Jahren. Drei! Selbst «Final Fantasy: Crystal Chronicles», das vernachlässigte Stiefkind der RPG-Schmiede, hat mehr Ableger bekommen.

Dabei hat das Original auf der Playstation eine derart loyale Fangemeinde kultiviert, dass bis heute in einschlägigen Foren darüber diskutiert wird, wer von den acht Dutzend Charakteren denn nun ein tragischer Held und wer ein manipulativer Bastard ist.

Mit dem Remaster des besten Ablegers der Serie erhält «Final Fantasy Tactics» zumindest ein längst überfälliges Lebenszeichen und zeigt: Das Spiel hat knapp 30 Jahre später nichts von seiner Faszination verloren.

Klassenkampf mit Chocobos

Die Story liest sich wie ein mittelalterliches Manifest über soziale Ungerechtigkeit: Adelige pressen die Bevölkerung aus, während sie in ihren Schlössern Intrigen spinnen. Die Kirche predigt Demut, während sie im Hintergrund dämonische Kräfte beschwört. Und mittendrin: Ein Haufen Söldner, die ihre Prinzipien für einen Sack Geld über den Haufen werfen und wahrscheinlich auch Babyrobben schlachten würden, wenn die Kasse stimmt.

Ein zwielichtiges Gespräch in einem zwielichtigen Raum.
Ein zwielichtiges Gespräch in einem zwielichtigen Raum.
Quelle: Square Enix

Die Zutaten mögen altbekannt sein, aber «Final Fantasy Tactics: The Ivalice Chronicles» verzichtet konsequent auf die üblichen JRPG-Klischees.

Protagonist Ramza Beoulve entstammt dem Hochade lund wechselt auf die Seite der Unterdrückten, als er merkt, dass er nur eine Spielfigur in einem komplexen Kampf um Macht und Herrschaft ist. Sein Gegenspieler und ehemaliger bester Freund Delita manipuliert indessen alle Konfliktparteien und lässt seine Motivation dafür lange im Dunklen.

Ramza und Delita: Freunde oder Feinde?
Ramza und Delita: Freunde oder Feinde?
Quelle: Square Enix

Als ich «Final Fantasy Tactics» das erste Mal gespielt habe, gingen die meisten Plotstränge an mir vorbei. Heute erkenne ich die vielen Parallelen zur Gegenwart. Man muss kein backsteinwerfender Marxist sein, um enttäuscht festzustellen, dass unsere Gesellschaft im Jahr 2025 mit denselben Herausforderungen kämpft.

Wer beim Spielen gelegentlich an CEOs denkt, die sich Weltraumrennen liefern, während ihre Angestellten in Flaschen schiffen müssen oder an Politiker, denen menschliches Leid egal ist, liegt nicht komplett daneben.

Taktik für Tüftler

«Final Fantasy Tactics: Ivalice Chronicles» ist ein klassisches Taktik-RPG. Die Kämpfe werden auf verschiedenen grossen Levels ausgetragen, in denen du deine Charaktere rundenbasiert auf einem Quadratraster platzierst. Bogenschützen und Magier greifen aus der Ferne an, Ritter und Samurai kämpfen an der Front – wenn du in den letzten Jahren irgendwann «Fire Emblem» oder «X-Com» gespielt hast, weisst du, wie es läuft.

Meine Gegner sind hier dank erhöhter Position im Vorteil.
Meine Gegner sind hier dank erhöhter Position im Vorteil.
Quelle: Square Enix

Das Herzstück des Spiels ist das Job-System. Mit 20 Grundklassen plus diversen Spezialklassen bietet das System eine schier unendliche Menge an Kombinationsmöglichkeiten, mittels derer du deine Party genau nach deinen Bedürfnissen gestalten kannst.

Jeder Charakter entwickelt sich durch das Sammeln von Job Points in verschiedenen Klassen weiter. Die dabei erlernten Fähigkeiten lassen sich klassenübergreifend kombinieren: Du willst einen Ninja-Chemiker? Klar, warum nicht. Einen heilenden Samurai? Kein Problem. Einen Shuriken-werfenden Buchhalter? Kein Witz: Auch das geht.

Über 20 Jobs stehen zur Auswahl.
Über 20 Jobs stehen zur Auswahl.
Quelle: Square Enix

Die Möglichkeiten sind so vielfältig, dass du locker zehn Stunden damit verbringen kannst, den perfekten Build anzupeilen.

Keine Gnade

Ivalice ist ein hartes Pflaster. Schon nach wenigen Kämpfen wird klar: Ohne Grinding geht hier nichts. Die Story-Missionen eskalieren schnell in ihrer Schwierigkeit und selbst nach zwanzig Stunden können Random Encounters zur tödlichen Falle werden. Ich bin ein Taktik-RPG-Veteran, musste aber dennoch regelmässig neu laden, weil ich mich in ausweglose Situationen manövriert habe oder eine wichtige Spielfigur abgemurkst wurde.

Diese bleibt übrigens tot, wenn du es nicht schaffst, sie innerhalb von drei Runden wiederzubeleben. Eine Zurückspulfunktion, wie etwa bei «Fire Emblem» gibt es nicht. Diese Härte ist gewollt und Teil der DNA des Spiels. Jeder Kampf erfordert taktisches Denken. Es ist Schach mit Schwertern und Magie und jeder Fehler wird bestraft. Der Easy-Mode ist in diesem Fall keine Kapitulation, sondern das empfohlene Setting, falls du mit dem Genre nicht vertraut bist.

Der Tod ist nie weit.
Der Tod ist nie weit.
Quelle: Square Enix

Erwähnenswert ist auch, dass das Gameplay für das Remaster kaum angerührt wurde. Das zeigt einerseits, wie zeitlos gut es ist, andererseits aber auch, dass Square Enix offenbar der Meinung war, dass 27 Jahre alte Designentscheidungen immer noch der Weisheit letzter Schluss sind.

Definitiv nicht definitiv

Das Remaster bringt einige willkommene Neuerungen mit sich. Ich habe mich vor allem über die Chronicles-Funktion gefreut – eine Art eingebautes Wiki, das Charaktere, Orte und Ereignisse erklärt.

Optisch wurde das Original nur subtil überarbeitet. Die Grafik wurde behutsam aufpoliert und behält den charmanten Diorama-Look des Originals. Die kleinen Sprite-Figuren bewegen sich über liebevoll gestaltete Schlachtfelder, die aussehen wie aus einem Pop-up-Bilderbuch. Die Entscheidung, auf HD-2D-Technik à la «Octopath Traveler» zu verzichten, verstehe ich trotzdem nicht ganz. Diese hätte dem Spiel perfekt gestanden.

Immerhin: Die pixelige Original-Version ist ebenfalls enthalten.
Immerhin: Die pixelige Original-Version ist ebenfalls enthalten.
Quelle: Square Enix

Noch rätselhafter ist der Entschluss, Inhalte der PSP-Version aus dem Jahr 2007 wegzulassen. Die zusätzlichen Zwischensequenzen, die neuen Jobs – alles fehlt. Stattdessen bekommen wir eine hybride Version, die weder die vollständige PSP-Fassung noch eine konsequente Neuinterpretation darstellt.

Die neue Sprachausgabe ist ebenfalls ein zweischneidiges Schwert. In «The Ivalice Chronicles» sind zum ersten Mal sämtliche Charaktere vertont. Das verleiht dem Ganzen zusätzliche Tiefe. Schade ist allerdings, dass ausgerechnet Hauptcharakter Ramza klingt, als hätte er sich gerade erst von seinem Stimmbruch erholt.

Die Zwischensequenzen verlieren etwas an Gravitas, weil Ramza manchmal klingt wie ein 11-Jähriger, der seine Mutter fragt, ob er raus zum Spielen darf.
Die Zwischensequenzen verlieren etwas an Gravitas, weil Ramza manchmal klingt wie ein 11-Jähriger, der seine Mutter fragt, ob er raus zum Spielen darf.
Quelle: Square Enix

Einige technische Limitierungen frustrieren zusätzlich: Die Kamera lässt sich nur in 90-Grad-Schritten justieren, die Levelarchitektur verdeckt ständig die Action und die HUD-Einstellungen müssen nach dem Kampf neu festgelegt werden.

Immerhin: Wo ist Wal – ehm, Ramza?
Immerhin: Wo ist Wal – ehm, Ramza?
Quelle: Square Enix

Es sind am Ende Kleinigkeiten, aber auch die sind ärgerlich. Zumal Square Enix vorab nicht müde wurde, zu bekräftigen, dass «The Ivalice Chronicles» die definitive Version des Spiels werden soll.

Eine verpasste Chance

Das liest sich jetzt wahrscheinlich negativer, als es eigentlich gemeint ist. Ich hatte nämlich sehr viel Spass bei meiner Rückkehr nach Ivalice. Mit den fordernden Schlachten, mit dem Micromanagen des Jobsystems, mit dem Cameo von zwei beliebten Charakteren aus «Final Fantasy VII» (Tipp: Benutze einen Guide ab dem 4. Kapitel, falls du den Auftritt der beiden nicht verpassen willst. Die Nebenquest dafür ist sehr obskur) und mit vielem mehr.

Dementsprechend finde ich es auch schade, dass Square Enix nicht die sprichwörtliche Extrameile gegangen ist, um wirklich alles aus dem Spiel herauszuholen.

«Final Fantasy Tactics – The Ivalice Chronicles» ist erhältlich auf PC, PS4, PS5, Xbox Series X/S, Switch und Switch 2. Ich habe die PS5-Version getestet, die mir Square Enix zur Verfügung gestellt hat.

Fazit

Zwischen Triumph und Kompromiss

«Final Fantasy Tactics» bleibt auch im Jahr 2025 ein Monument des Gamedesigns und des Storytellings. Die moralisch ambivalente Geschichte über Klassenkampf und religiösen Fanatismus hat nichts von ihrer Relevanz verloren. Das Job-System bietet eine Tiefe, die selbst moderne Spiele selten erreichen und die taktischen Kämpfe fordern und belohnen in gleichem Masse.

Das Remaster macht vieles richtig: Die Chronicles-Funktion hilft beim Navigieren der komplexen Handlung, die modernisierte Steuerung verbessert den Spielfluss. Und trotzdem bleibt ein bitterer Nachgeschmack. Dies hätte die definitive Edition werden können – mit HD-2D-Grafik, allen Inhalten der verschiedenen Versionen und überarbeiteter Kamera. Stattdessen bekommen wir eine gute, aber eben nicht grossartige Neuauflage.

Ich empfehle das Spiel trotzdem uneingeschränkt. «Final Fantasy Tactics» ist zu wichtig, zu einzigartig, zu brillant, um ignoriert zu werden. Es ist eines der wenigen Spiele, die ihre Spieler ernst nehmen, die Komplexität nicht scheuen und Geschichten erzählen, die noch Jahre später zum Nachdenken anregen.

Pro

  • endlos motivierende Schlachten
  • vielschichtiges Job-System
  • komplexe Story mit glaubwürdigen Charakteren
  • stimmiger Soundtrack
  • viel Umfang
  • Original-Version ist ebenfalls enthalten

Contra

  • fehlende Inhalte
  • durchwachsene Sprachausgabe
  • Kamerawinkel nicht ideal
Square Enix Final Fantasy Tactics The Ivalice Chronicles (PS5)
Game
−12%
EUR69,28 statt EUR78,34

Square Enix Final Fantasy Tactics The Ivalice Chronicles

PS5

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In den frühen 90er-Jahren vererbte mir mein älterer Bruder sein NES mit «The Legend of Zelda» und startete damit eine Obsession, die bis heute anhält.


Kritik

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