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Hintergrund

Google geht auf Apple zu: Wie ein Knopf auf deinem Phone die Welt verändert

Google stellt um. Apps auf iPhones und iPads werden neu mit Apple-Komponenten gebaut. Für User ändert sich wenig, aber Google ist ein grosser Erfolg gelungen, selbst wenn sie der Konkurrenz unter die Arme greift.

Google Apps auf iPhones und iPads sollen mehr wie Apple Apps wirken.

Das alleine klingt nicht nach der grossen Sensation, bedeutet aber viel. Denn hinter dem Entscheid, die Google Apps Apple-iger zu machen, steckt viel Arbeit, Politik, Missgunst und Konkurrenzdenken.

Die Umstellung von Googles Eigenentwicklung auf Apple-Komponenten mag zwar der Konkurrenz in die Hände spielen, war aber bitter notwendig und lohnt sich für Google.

App-Architektur: Was hinter den Kulissen läuft

Jede App hat ein Framework. Beim Hausbau wäre das Framework das Baugerüst, auf das die Benutzeroberfläche, die du siehst und benutzt, aufgebaut ist. Frameworks existieren für Backends und Frontends. In diesem Artikel sind nur Frontends wichtig – also Benutzeroberflächen und alles das, was der Kunde sieht. Der Einfachheit halber nenne ich diese im Folgenden einfach «Framework».

Das Framework, dessen Wahl und dessen Eigenheiten, ist ein Entscheid, der von Managern gefällt wird, nicht nur von Programmierern.

Apps auf deinem Smartphone werden in einem sogenannten App Framework erstellt.

  • Google benutzt das UI-Framework Flutter.
  • Apple benutzt das UI-Framework UIKit.

Du kannst mit Apples SDK Android Apps machen. Denn UIKit und Xcode arbeiten mit der Programmiersprache Swift, die auch für Android Apps verwendet werden kann. Android arbeitet zwar mit Java, unterstützt aber so ziemlich jede geläufige Programmiersprache auf dem Markt.

Kurz: Es ist also möglich, mit Android-Programmierkünsten iOS Apps zu machen. Und andersrum auch. Nur, dass das in den wenigsten Fällen sinnvoll ist. Der Grund hierfür ist weniger technologisch, sondern mehr politisch.

Die Politik hinter dem Programmieren

Die SDKs sind gratis und frei zugänglich. Die Programmiersprachen sind open source und auch frei zugänglich. Das verspricht das grosse Zeitalter der Apps. Ein Programm, kompatibel mit allem. Technologisch wären die Wege geebnet, dass alle mit allen immer native Apps entwickeln und nutzen könnten.

Nur, dass weder Google noch Apple besonders viel Interesse daran haben, dass das so passiert.

Swift is a powerful and intuitive programming language for iOS, iPadOS, macOS, tvOS, and watchOS.
https://developer.apple.com/swift/, 11. Oktober 2021
The Apple Swift compiler has had the ability to compile code for the Android platform for a few years now, but it hasn’t made many friends in the developer community owing to its complexity.
Readdle, medium.com, 11. Oktober 2021

Google Maps auf iOS: Ein Gebastel, historisch gesehen

Mit dem Aufstieg der iPhones und dem gleichzeitigen Siegeszug Androids ist nicht nur eine Konkurrenzsituation entstanden, sondern auch ein Bedürfnis. Das Bedürfnis von Youtube auf dem iPhone, Google Maps und vielleicht Google Photos.

Warum auch? Wer die iCloud will, soll ein iPhone verwenden.

Wer Google Drive verwenden will, kann so ziemlich jedes Smartphone verwenden.

Sprich: Die erste Version von Google Maps auf Apples iOS war ein Gebastel. Die App hat Apple-eigene Libraries, Designelemente und Funktionen mit von Google nachgelieferten vermischt.

So war es. Neun Jahre lang.

Material Components: Im Maintenance Mode seit Juli

Damit macht Google einen grossen Schritt, politisch gesehen. Denn anstatt eigene Komponenten zu laden, setzen Jeff Verkoeyen und sein Team in der Zukunft vollends auf die Apple-eigenen Komponenten. Dies bestätigt Verkoeyen in einem Twitter Thread.

But as we continued on the pursuit of cross-platform pixel parity, our iOS components were slowly drifting further and further from Apple platform fundamentals because those fundaments were also evolving year over year.
Jeff Verkoeyen, Twitter, 7. Oktober 2021

Verkoeyen beschreibt die Situation, die in der nicht-gemeinsamen Entwicklung einer Software unausweichlich ist. Die Material Components werden weiterentwickelt und gehen in eine Richtung. Die Kernkomponenten Apples entwickeln sich weiter und gehen in eine andere Richtung. Die Brücke, die die Material Components schlagen muss, wird immer grösser.

Anfang 2021 fragt sich das Team um Jeff Verkoeyen: Muss der Brückenschlag überhaupt noch sein?

Der Blick auf das, was Apples SDK und dessen Komponenten können, zeigt: Apple kann das mittlerweile auch. Es war Zeit, ein paar unangenehme Fragen zu stellen: Muss ein einfacher Schalter in einer App wirklich eine eigene Komponente einer externen Library anfordern?

Es ist gut möglich, dass du als Nutzer diese Änderung gar nicht mitbekommst. Dies obwohl einfache Elemente in den Google Apps neu statt mit dem Material Component «App bar» mit dem Apple-eigenen «UINavigationController» gemacht werden.

App bars become UINavigationControllers. Standard controls just need light branded touches. Lists can align with modern UITableView and list-based collection view APIs. Menus are just UIMenus.
Jeff Verkoeyen, Twitter, 7. Oktober 2021

Natürlich werden diese Apple Components in Googles Apps nicht so aussehen, als ob sie Apple erstellt hätte. Googles eigene Markenidentität wird einfliessen.

Fazit: Geld (und ein bisschen Development) steht über Politik

Der Entscheid Googles, mit Apples Komponenten zu arbeiten, ist ein zweischneidiges Schwert. Er zeigt aber, dass die Vernunft siegen kann. Denn die Umstellung von Googles eigenen Komponenten auf Apples Äquivalente spart Google zwar Geld, bringt der Konkurrenz aber gleichzeitig Informationen, Wissen und vielleicht sogar Code, um etwas zu verbessern, das Apple bis dato nicht verbessern wollte. Oder von dem Apple nicht gewusst hat, dass es verbessert werden müsste.

Aber auf Funktionsseite ist der Entscheid vernünftig. Nur, weil etwas vor zehn Jahren gut oder gar notwendig war, heisst das nicht, dass es heute noch gut oder notwendig ist. Wenn Apple Komponenten liefern kann, die dieselbe Funktion wie die Google-eigenen übernehmen, dann ergibt es Sinn, die Eigenentwicklungen in Würde sterben zu lassen.

Google gelingt zudem ein grosser Wurf mit der Umstellung. Die Services, die die Apps der Suchmaschinengigantin liefern, sind allen Usern lieb. Aber die Kritik, dass die Apps auf iPhones sich nicht so gut anfühlen, wie sie es unter Android tun oder wie Apple Apps sich unter iOS anfühlen, ist berechtigt. Und mit der Umstellung sehr wahrscheinlich dann hinfällig.

Die Suchmaschinengigantin spart Geld, Zeit und macht sich bei den Usern beliebt. Ein Volltreffer.

Verkoeyens Team musste aber Mut beweisen. Denn zuzugeben, dass die Arbeit von zehn Jahren nicht mehr gebraucht wird, ist keine kleine Sache. Zum einen könnten so Stellen im Team verloren gehen, zum anderen beweisen Verkoeyen und Co., dass die «Sunk Cost Fallacy» überwunden werden kann. Oder sogar überwunden werden muss. Nur, weil bisher Geld und Zeit investiert wurde, heisst das nicht, dass sich eine weitere Investition lohnt.

Für User ändert sich vielleicht ein Schalter in der App. In der Hausbau-Metapher wäre das ein Isolationsmaterial in der Wand. Für Google und Apple aber hat sich soeben die Welt ein bisschen verändert.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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