Keycap Kevin: Dieses Gadget bräuchte selbst ich nicht
Hintergrund

Keycap Kevin: Dieses Gadget bräuchte selbst ich nicht

Kevin Hofer
24.2.2023

Ich habe mir eine Switch-Break-in-Maschine gekauft. Die betätigt Schalter für mechanische Tastaturen maschinell. Nach Hunderttausenden von Auslösungen sollen sie sich so besser anfühlen und anhören.

Ein Motor, an dem zwei Führungsrollen befestigt sind. Zwei 3D gedruckte Arme mit Händen, welche die Switches festhalten und vom Triebwerk betätigt werden. Das ist meine Switch-Break-in-Maschine, die ich mir bei DingKey Designs geholt habe. Das sieht in Aktion so aus:

Wie der Motor eines Autos sollen die Switches so «eingefahren» werden. Falls du nicht weisst, wie ein Switch aufgebaut ist, empfehle ich dir folgenden Artikel. Damit du alle Aussagen nachvollziehen kannst, ist das Wissen daraus Voraussetzung.

  • Ratgeber

    Kleine Schalterkunde, Teil 2: So ist ein mechanischer Switch aufgebaut

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Aber warum?

Die Maschine ist höllisch laut und betätigt 36 Switches bis zu 18 500 Mal in der Stunde. Wozu? Taster, die viele tausend Male betätigt wurden, sollen sich geschmeidiger anfühlen und sich weniger kratzig anhören als neue. Wie wenn du Holz schleifst, soll sich der Stängel, der sich auf und ab bewegt, am Gehäuse abschmirgeln. Das Gehäuse soll dadurch auch feiner werden. Geschmeidiger und weniger kratzig kannst du Switches auch mit Schmieren machen. Das braucht aber viel aktive Zeit von dir.

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Mein erster Versuch

Ich stecke 36 fabrikneue Hippo-Schalter in die Maschine und lasse sie zwölf Stunden laufen. Dadurch werden die linearen Schalter 222 000 Mal betätigt. So hört sich ein neuer im Vergleich zu einem eingefahrenen Switch an:

Ich bin enttäuscht. Als Tastatur-Nerd hätte ich mir mehr erhofft. Obwohl, «mehr» ein starker Ausdruck ist. Denn ich höre und spüre absolut keinen Unterschied. Das mag daran liegen, dass der Stängel des Hippo-Switches zu einem Teil aus UHMWPE besteht. Ultra-Hochmolekulares Polyethylen zeichnet sich durch einen hervorragenden Gleitreibungskoeffizienten aus. Stängel aus diesem Material flutschen von Haus aus besser im Gehäuse, als es beispielsweise Stängel vom Hersteller Cherry tun.

Mein zweiter Versuch

Ich entscheide mich, es mit einem Switch von Cherry zu versuchen. Der Hersteller spezifiziert nicht, aus welchem Material die Switches genau sind. Bei den Kunststoffkomponenten schreibt der Hersteller «plastic polymer». Ich gehe davon aus, dass sie einen grösseren Gleitreibungskoeffizienten haben, als der UHMWPE-Stängel im Hippo Switch. Da ich noch Cherry MX Silent Blacks herumliegen habe, nehme ich die. Es handelt sich ebenfalls um einen linearen Schalter.

Dieses Mal lasse ich die Maschine geschlagene 36 Stunden laufen. Die Schalter werden also über 600 000 Mal betätigt. Hierzu ebenfalls ein Vergleich:

Hier bemerke ich einen Unterschied. Der Spürbare ist grösser als der Hörbare, aber den kann ich dir nicht zeigen. Allgemein fühlt und hört sich der eingefahrene Switch weniger kratzig an. Aber immer noch nicht so gut, wie wenn ich die Switches schmieren würde.

Mich stört aber etwas anderes viel mehr: Beide Switches erzeugen ein Ping-Geräusch. Dieses wird durch die Feder erzeugt, wenn sie wieder in die Ausgangsposition zurückspringt. Das ist nervtötend und ich würde die Feder entweder ersetzen oder schmieren. Dazu müsste ich jedoch jeden Switch öffnen. Dann könnte ich auch gleich die Stengel mittels Massenschmieren im Kunststoffbecher modifizieren. Die Break-in-Maschine nimmt mir so also keine Arbeit ab.

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Mein dritter Versuch

Für meinen dritten Versuch nehme ich Switches, die ich bereits geschmiert, aber noch nicht gebraucht habe. Wenn ich neue Taster einsetze, habe ich immer das Gefühl, dass ich zwei, drei Wochen auf ihnen schreiben muss, bis sie sich wirklich gut anfühlen. Ich vermute, dass es die Schmiere ist, die sich durch Betätigen noch besser verteilt. Dieses Mal nehme ich Penyu Switches von Rebult und lasse sie eine Stunde in der Maschine. So werden die linearen Schalter über 18 000 Mal betätigt.

Ich höre keinen Unterschied zwischen den beiden Switches, aber ich spüre einen. Der eingefahrene Switch fühlt sich so an, wie ich mir das wünsche. Er gleitet noch etwas geschmeidiger als der weniger betätigte.

Fazit: Eigentlich brauche ich das nicht, aber …

Mittlerweile besitze ich über 20 Tastaturen. Brauche ich die alle? Nicht wirklich. Ähnlich verhält es sich mit der Switch-Break-in-Maschine. Von meinen drei Versuchen kann ich nur einen Anwendungsfall für mich ausmachen: Bereits geschmierte Switches ein paar tausend Mal betätigen, damit sie sich von Beginn weg gut auf der neuen Tastatur anfühlen. Dasselbe könnte ich auch manuell erreichen, indem ich die Tastatur zwei, drei Wochen jeden Tag verwende.

Da ich aber gerne alle paar Tage die Tastatur wechsle, müsste ich so nicht wochenlang mit derselben schreiben. Für mich ein grosses Plus. Ich setze die Break-in-Maschine deshalb künftig tatsächlich ein.

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.


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