Keycap Kevin: Logbuch meines ersten Cerakote-Versuchs
Hintergrund

Keycap Kevin: Logbuch meines ersten Cerakote-Versuchs

Kevin Hofer
28.4.2023

Ich verschönere eines meiner Tastaturgehäuse mit einer keramischen Beschichtung – oder probiere es zumindest. Mein erstes Mal mit dem Verfahren verläuft nicht so, wie ich mir das wünsche.

Kann ich Cerakote auch selbst machen? Das frage ich mich immer wieder, wenn ich mir auf Reddit die Posts von Tastaturen mit der keramischen Beschichtung anschaue. Irgendwann entschliesse ich mich dazu, es zu versuchen. Ich besorge mir alles Erforderliche – denke ich zumindest. Denn wie mein Logbuch zeigt, vergesse ich einiges und noch mehr geht schief.

  • Hintergrund

    Keycap Kevin: Mein Cerakote-Abenteuer beginnt

    von Kevin Hofer

Freitag, 14. April; 08:31 Uhr

Ich belade das Familienauto mit meiner Ausrüstung: Cerakote-Starterkit, Sandstrahlausrüstung, Abdeckmaterial und Ofen. Dachte ich noch, dass es nicht viel für Cerakote braucht, werde ich jetzt eines Besseren belehrt. Der Kofferraum ist ähnlich voll wie in den Sommerferien.

Die Familien-Karosse ist bis obenhin gefüllt.
Die Familien-Karosse ist bis obenhin gefüllt.
Quelle: Kevin Hofer

Freitag, 14. April; 09:51

Nachdem ich den Jüngsten in der Kita abgeliefert und noch die letzten Besorgungen getätigt habe, komme ich bei meinem Vater an. Ich habe mich dazu entschlossen, in seiner Garage zu arbeiten. Hier bin ich witterungsgeschützt, gleichzeitig ist die Belüftung dank offenem Tor gut.

Als erstes muss ich meine Tastatur eine halbe Stunde in Aceton tränken. Für meinen ersten Versuch habe ich nur den Tastaturoberteil dabei. Ich lege diesen in eine grosse, metallene Gratinform und gebe das Aceton bei. In diesem Bad muss das gute Stück jetzt eine halbe Stunde liegen. Dadurch sollte jegliches Fett gelöst werden. In der Zwischenzeit baue ich meine restliche Ausrüstung auf. Als nächstes steht Sandstrahlen an.

Beim Bad in Aceton sollen alle Fettrückstände vom Teil lösen.
Beim Bad in Aceton sollen alle Fettrückstände vom Teil lösen.
Quelle: Kevin Hofer

Freitag, 14. April; 10:02

Der Druckluftschlauch vom Kompressor meines Vaters ist zu dünn. Fürs Sandstrahlen sollte der Inndurchmesser des Schlauches mindestens 10 Millimeter sein, um genügend Luft zu fördern. Ich muss nach Hause fahren und einen Schlauch von mir holen. Es wird nicht das einzige Mal sein, dass ich mir etwas besorgen muss und Zeit verliere.

Freitag, 14. April; 10:26

Mit dem dickeren Schlauch kann ich endlich anfangen. Zumindest fast. Das Tastaturteil muss erst noch lufttrocknen, was bei Aluminium glücklicherweise nicht lange dauert.

Freitag, 14. April; 10:48

Jetzt kann es so richtig losgehen. Ich bin ja erst seit über zwei Stunden dran. Da meine Sandstrahlpistole den Behälter für das Mittel befestigt hat, kann ich sie nicht wirklich gut bewegen in meiner selbstgebauten Sandstrahlkabine. Die Pistole mit dem Behälter sind zu gross für die Kabine. Zu klein ist diese auch für mein Tastaturteil. Ich kann es nicht gut drehen und wenden.

Damit nicht genug: Das Strahlmaterial im Behälter meiner Pistole ist derart schnell aufgebraucht, dass ich es nach weniger als einer Minute Strahlen nachfüllen muss. Da ich das Material wiederverwenden will, kehre ich es jeweils mit Besen und Schaufel zusammen und gebe es zurück in den Behälter.

Mein erstes Mal Sandstrahlen ist derart mühsam, dass ich am liebsten aufgeben würde.
Mein erstes Mal Sandstrahlen ist derart mühsam, dass ich am liebsten aufgeben würde.
Quelle: Kevin Hofer

Die Arbeit ist sehr mühsam und zieht sich. Ich strahle über eine Stunde. Irgendwann sehe ich vor lauter Staub kaum mehr mein Werkstück. Hinzu kommt, dass der Kompressor meines Vaters nicht die nötige Luftmenge hat. Sprich: Es fehlt an Pfupf und deshalb zieht es sich noch mehr. Irgendwann gibt der über 30-jährige Kompressor sogar den Geist auf.

Freitag, 14. April; 12:35

Nachdem ich meinem Vater einen neuen Kompressor gekauft habe, der mehr Luft fördert, geht die Arbeit schneller voran. Eigentlich wollte ich das Werkstück noch vor Mittag im Ofen zum Aushärten haben, jetzt bin ich erst fertig mit Sandstrahlen. Fazit vom Sandstrahlen: Bereite dich richtig vor, nicht wie ich.

Nach einer gefühlten Ewigkeit bin ich endlich fertig mit Sandstrahlen. Da ich nur die sichtbare Seite der Tastatur färben will, strahle ich nicht das ganze Teil.
Nach einer gefühlten Ewigkeit bin ich endlich fertig mit Sandstrahlen. Da ich nur die sichtbare Seite der Tastatur färben will, strahle ich nicht das ganze Teil.
Quelle: Kevin Hofer

Freitag, 14. April; 13:16

Nach einer kurzen Mittagspause geht es weiter. Ich muss mein Werkstück nun fürs Färben vorbereiten. Ich befestige zwei Drähte am Tastaturgehäuse, um es später aufzuhängen. Da Cerakote sehr dünn aufträgt, muss ich die Gewinde nicht abdecken. Bevor ich mit Sprühen anfangen kann, gebe ich das Werkstück erst in den Ofen und «backe» es während einer Stunde bei rund 150 Grad aus. Dadurch sollten Rest-Flüssigkeit und -Fett verdunsten.

An den Drähten kann ich die Tastatur zum Sprühen und Backen aufhängen.
An den Drähten kann ich die Tastatur zum Sprühen und Backen aufhängen.
Quelle: Kevin Hofer

Freitag, 14. April; 14:24

Langsam rennt mir die Zeit davon. Ich muss in etwas mehr als einer Stunde bereits wieder los und den Kleinsten von der Kita abholen. Da ich von der Arbeit am Morgen immer noch gefrustet bin, habe ich mir eine Pause gegönnt. Ich fange erst jetzt an, alles fürs Sprühen vorzubereiten. Dabei fällt mir auf: Meine Sprühpistole verlangt eine Schnellkupplung mit Innengewinde. Alle meine Schnellkupplungen zum Anschluss an den Kompressor haben aber ein Aussengewinde. Ich muss mir also eine andere besorgen.

Da das wieder Zeit frisst, entshcliesse ich mich dazu, die Übung für heute abzublasen. Ich befürchte, dass ich unter Zeitdruck Fehler mache. Ich besorge mir lieber in Ruhe die Kupplung und bereite mich aufs Sprühen vor, das ich am nächsten Morgen erledigen will.

Samstag, 15. April; 10:19

Es geht in die nächste Runde. Heute muss ich nur noch sprühen und meine Tastatur im Ofen aushärten. Ich habe mir am Vortag das offizielle Trainingsvideo von Cerakote angeschaut und stelle mein Sprühpistole entsprechend ein. Zuerst teste ich das Sprühmuster auf einem Stück Karton. Mir scheint, dass ich etwas zu viel Farbe aufs Mal sprühe und stelle den entsprechenden Regler etwas zurück.

Ein «Probe-Sprutz». Es kommt noch zu viel Farbe aus der Sprühpistole.
Ein «Probe-Sprutz». Es kommt noch zu viel Farbe aus der Sprühpistole.
Quelle: Kevin Hofer

Nun kann ich mich endlich ans Werk machen. Gemäss Anleitung soll ich die schwierigen Stellen zuerst sprühen. Davon hat es bei meinem Stück einige. Die Ecken bei den Aussparungen für die F-, Navigtations- und Pfeiltasten sind besonders schwierig für einen Neuling wie mich. Wie ich später feststelle, versage ich vor allem hier.

Es hätte mir schon hier auffallen müssen, dass ich zu dick auftrage.
Es hätte mir schon hier auffallen müssen, dass ich zu dick auftrage.
Quelle: Kevin Hofer

Samstag, 15. April; 10:58

Nach dem Sprühen geht es ans Aushärten. Endlich hängt meine Tastatur im Ofen. Hier muss sie jetzt zwei Stunden bei rund 120 Grad Celsius bleiben.

Endlich ist das Teil im Ofen. Ich ahne bereits, dass ich mit dem Ergebnis nicht zufrieden bin.
Endlich ist das Teil im Ofen. Ich ahne bereits, dass ich mit dem Ergebnis nicht zufrieden bin.
Quelle: Kevin Hofer

Samstag, 15. April; 13:11

Die zwei Stunden sind um und das Teil ausreichend abgekühlt. Endlich kann ich mir meine Arbeit im Detail anschauen. Mir gefällt die Farbe, die ich ausgewählt habe – Tungsten, was ich am ehesten als Anthrazit bezeichnen würde. Damit hat es sich aber auch schon mit Positivem. Insgesamt habe ich wohl immer noch mit zu viel Farbe gesprüht. In einigen Ecken hat es Farbwülste und auch sonst scheint mir zu viel Farbe aufgetragen. Ich muss nochmal ran. Anderthalb Tage Arbeit für die Katz.

Hier sieht’s einigermassen gut aus…
Hier sieht’s einigermassen gut aus…
Quelle: Kevin Hofer
hier hingegen hat es unschöne Abschlüsse.
hier hingegen hat es unschöne Abschlüsse.
Quelle: Kevin Hofer

Auch wenn meine ersten Schritte mit Cerakote vor allem von Frust geprägt waren, will ich dran bleiben. Ich finde das Verfahren zu toll, um aufzugeben. Vorerst brauche ich etwas Abstand – und eine richtige Sandstrahlkabine. Das Sandstrahlen hat meine Erfahrung nämlich am meisten negativ geprägt. Wenn es effizienter geht, habe ich auch mehr Energie und Fokus beim Sprühen. Ich halte dich auf dem Laufenden.

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.


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