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Ramon Schneider
Hintergrund

Miniatur Wunderland: Wie viel Diversität steckt in der kleinsten Welt der Welt?

Das Miniatur Wunderland in Hamburg begeistert mit präzisen Details und perfekter Illusion. Doch die Welt im Massstab 1:87 zeigt nicht nur, was ist, sondern auch, was fehlt. Eine Spurensuche zwischen Rennstrecke, Regenbogenflagge und Realität.

Mit vier Jahren bekam ich mein erstes Modellauto. Stundenlang fuhr es durch meine Fantasiewelt: über Bücher, unter Stühlen hindurch, vorbei an Playmobilfiguren und selbst gebauten Lego-Häusern. Jetzt stehe ich Jahrzehnte später vor der Miniaturversion von Monaco und das Gefühl ist zurück: Staunen. Kindliche Freude. Der Drang, genau hinzuschauen – aber diesmal mit einem kritischen Blick.

Kurz und Knapp: Zwei neuen Welten

Doch wie viel Realität zeigt diese Miniaturwelt wirklich? Ich habe die Ausstellung mit einem anderen Blick durchquert. Einem, der fragt: Wer ist sichtbar und wer nicht? Gibt es Menschen mit Behinderung? Queere Paare? People of Color? Szenen, die nicht nur Idylle zeigen, sondern auch soziale oder politische Spannung?

Gesucht: Vielfalt auf Augenhöhe

Ich habe gesucht und vereinzelt etwas entdeckt: Eine Person im Rollstuhl auf einer Brücke mit Treppen. Eine Regenbogenfahne auf einem Balkon. Ein Banner zur Rettung der Gletscher. Doch gemessen an der Grösse und Vielfalt der Modellwelt bleiben solche Szenen selten. Die Welt ist bunt, aber auffallend normiert.

Niklas Weissleder, Pressesprecher des Miniatur Wunderlands, erklärt: «Wir bemühen uns, alle Menschen abzubilden. Aber oft sind wir durch das Sortiment der verfügbaren Figuren eingeschränkt.» Einige Figuren gestaltet das Team selbst um, viele stammen jedoch aus Serienproduktionen. Welche Themen dargestellt werden, entscheidet sich nicht nach Plan, sondern entwickelt sich mit der Zeit. Ausgehend von einer Region, die Schritt für Schritt weiter ausgebaut wird.

Anspruch und Realität

Die Entwicklung ist deutlich sichtbar. Neuere Bereiche wie Monaco oder Rio wirken aufwendiger, detailreicher und mutiger als ältere Module wie die Schweiz oder Knuffingen. Offenbar hat sich auch der Blick auf die Welt verändert. Doch ein wirkliches Abbild gesellschaftlicher Realität entsteht dadurch nicht – oder nur in Fragmenten.

Gerade weil so viel gezeigt wird, fallen die Lücken umso stärker auf. Zwischen zehntausenden Figuren, hunderten Zügen und unzähligen Details wirkt es fast absurd, wie selten Menschen mit Behinderung zu sehen sind. Oder queere Paare. Oder People of Color. Oder Szenen, die Armut oder soziale Konflikte darstellen.

Gesellschaft im Nebenzimmer

Ich frage mich: Wenn Modellbau so viel Wirklichkeit schafft, warum nicht auch diese?

Zwischen Fortschritt und Figurenvitrine

Der Wille zur Veränderung ist spürbar. Auch wenn viele Aussagen aus dem Presseteam allgemein bleiben, wird deutlich: Diversität ist gewollt. Doch der Weg dahin ist mühsam, kleinteilig und häufig durch verfügbare Mittel und Machbarkeit limitiert.

Vielleicht liegt genau darin der Kern. Wer Modelle baut, entscheidet, was sichtbar wird und was nicht. Es geht nicht darum, das Wunderland politisch aufzuladen, sondern darum, mehr von der Welt zu zeigen, die wir alle kennen. Mit allem, was dazugehört.

Fazit: Eine grosse Welt mit kleinen Lücken

Das Miniatur Wunderland ist kein politisches Museum. Es will begeistern, zum Staunen bringen, Kindheitserinnerungen wecken. Und das gelingt. Doch gerade weil diese Welt so genau, so liebevoll und detailverliebt gestaltet ist, stechen die Lücken umso mehr hervor. In einer Welt, die fast alles zeigt: Warum nicht auch jene, die oft übersehen werden?

Vielleicht braucht es im Massstab 1:87 einfach einen weiteren Blick. Eine Frage zum Mitnehmen: Wenn du deine eigene Miniaturwelt bauen würdest, wer wäre sichtbar?

Titelbild: Ramon Schneider

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Bezahlt werde ich dafür, von früh bis spät mit Spielwaren Humbug zu betreiben.


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