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Hintergrund

Nach 30 Tagen: Wieso ich bei Linux bleibe

Kevin Hofer
4.6.2025

Als Experiment habe ich Windows für einen Monat den Rücken gekehrt und die Linux-Distribution Bazzite ausprobiert. Bereits nach wenigen Tagen war mir klar: Ich bleibe beim Open-Source-Betriebssystem.

«Das ist gar nicht mal so schwierig», war mein Fazit nach meinem Umstieg auf Linux. Jetzt, einen Monat später, geht es mir immer noch so. Ich vermisse Windows nicht, im Gegenteil: Ich will nicht mehr zurück. Das, obwohl ich auch mit einigen Problemen zu kämpfen habe. Hier meine sechs wichtigsten Gründe, wieso ich bei Linux bleibe.

  • Hintergrund

    Umstieg auf Linux: gar nicht mal so schwierig

    von Kevin Hofer

1. Für alles gibt es eine Lösung – ausser für Abstürze

Ein Problem war etwa, dass mein Lieblings-CAD Fusion nicht unter Linux läuft. Dank der Community von Digitec Galaxus habe ich schnell eine Alternative für Fusion gefunden. Zumindest vorerst konstruiere ich meine Modelle für den 3D-Druck mit Onshape. Das funktioniert grundsätzlich gleich wie Fusion, läuft aber im Browser. Künftig möchte ich jedoch auf Blender umsteigen, weil dieses nativ unter Linux läuft und ebenfalls Open Source ist.

Onshape statt Fusion: Das CAD läuft im Browser, wird aber irgendwann durch Blender ersetzt.
Onshape statt Fusion: Das CAD läuft im Browser, wird aber irgendwann durch Blender ersetzt.
Quelle: Kevin Hofer

Mit dieser Lösung fehlt mir unter Linux nun nichts mehr. Leider verlief mein erster Monat mit dem Betriebssystem auch abseits fehlender Programme nicht reibungslos.

Für Digitec Galaxus schreibe ich auch Spielkritiken. Dabei erhalte ich bereits vor dem Release Zugang zu den Games, was unter Umständen auch nicht optimale Grafikkarten-Treiber miteinschliesst. Unter Windows war das bislang kaum ein Problem. Unter Linux hatte ich jedoch mit «Lost Records: Bloom & Rage» und «Clair Obscur: Expedition 33» diverse Abstürze. Da es sich bei Ersterem um den zweiten Teil eines bereits im Februar erschienen Spiels handelte, hätten die Treiber eigentlich optimal sein sollen. Trotzdem schmierte mir das Spiel mehrmals ab. Hier hat mein neues Betriebssystem eindeutig noch Luft nach oben.

Auch sonst bin ich immer wieder auf kleinere Probleme gestossen. Zu Beginn konnte ich einen Tag lang schlicht nicht auf mein WLAN zugreifen – trotz korrektem Passwort und mehreren Neustarts. Mit dem Hotspot über das Smartphone – das notabene mit meinem WLAN verbunden war – funktionierte es jedoch. Am nächsten Tag lief es dann wieder reibungslos. Wieso, weiss ich bis heute nicht.

Ein weiteres Problem, das nicht per se mit Linux zu tun hatte, verursachte Firefox. Bei diesem verlor ich auf gewissen Homepages die Möglichkeit zu scrollen. Ich konnte mir so den Inhalt dieser Seiten nicht anschauen, weshalb ich auf den Zen-Browser gewechselt bin.

Zen statt Firefox: Den Browser musste ich wechseln, weil der feurige Fuchs rumzickte.
Zen statt Firefox: Den Browser musste ich wechseln, weil der feurige Fuchs rumzickte.
Quelle: Kevin Hofer

2. Linux ist schlanker

Abseits der Spiele hatte ich keine Abstürze. Hier lief bislang alles reibungslos. Ausserdem habe ich den Eindruck, dass Linux grundsätzlich effizienter läuft als Windows. Was hauptsächlich mit den geringeren Hardwareanforderungen zu tun hat. Bazzite ist schlicht schlanker als das überladene Windows.

So starten etwa Programme in meiner Wahrnehmung einen Tick schneller und arbeiten auch effizienter. Das fällt mir vor allem bei der Fotobearbeitung in Darktable auf. Das dürfte aber nicht nur an Linux liegen, sondern auch am Programm selbst, das im Vergleich zu Lightroom ressourcenschonender ist.

3. Linux ist personalisierbar

Der Look des Betriebssystems ist für viele ausschlaggebend. Linux steht für Freiheit und Flexibilität. Anders als bei Windows, wo sich die Anpassungsmöglichkeiten auf oberflächliche Änderungen wie Designs und Hintergrundbilder beschränken, bietet Linux umfassende Anpassungsmöglichkeiten. Von der Auswahl der Desktop-Umgebung bis hin zur Optimierung der Systemkonfigurationen ermöglicht es Linux mir von Haus aus, mein System an meine Bedürfnisse anzupassen.

Falls ich mal etwas ganz anderes ausprobieren will, kann ich einfach die Distribution wechseln. Mit diesem Gedanken spiele ich bereits jetzt. Bazzite läuft zwar gut, aber etwas anderes auszuprobieren, wäre auch cool. Arch Linux sieht gut aus.

4. Updates, wann ich will

Microsoft veröffentlicht ein Software-Update, wenn Probleme auftreten oder ein wichtiger Fehler behoben werden muss. Ich habe den Eindruck, dass es meist lange dauert, bis ein Bug gefixt wird und es kommt auch mal vor, dass ein Update neue mit sich bringt. Bei Bazzite ging das bislang meist zügig und aus dem Fix resultierende Bugs wären mir bislang nicht aufgefallen.

Zudem werden mir unter Windows die Updates quasi aufgezwungen. Wenn ich nach den Ferien mit der Arbeit beginnen will, muss ich bestimmt erstmal zig Updates installieren. Ich kann zwar definieren, dass sie am Abend oder in der Nacht durchgeführt werden, das muss ich aber erstmal tun.

Wahl statt Qual: Updates mache ich, wann ich will und nicht wann es mir das Betriebssystem aufzwingt.
Wahl statt Qual: Updates mache ich, wann ich will und nicht wann es mir das Betriebssystem aufzwingt.
Quelle: Kevin Hofer

5. Kein vermeintlicher Online-Account-Zwang

Als Hardware-Tester habe ich in meinem Leben so manches Gerät mit Windows aufgesetzt. Was die letzten Jahre immer mühsamer wurde: Einen lokalen Account erstellen. Ich will nicht immer mit meinem Microsoft-Account verbunden sein, zumal ich ausser Outlook und Teams fürs Geschäft keine Programme des Herstellers nutze. Unter Linux ist der Online-Account gar kein Thema.

6. KI wird mir nicht aufgedrängt

Was mich an Windows ebenfalls nervt: Copilot. Ich bin kein grosser Fan von Künstlicher Intelligenz. Ich nutze sie äusserst selten und wenn, dann nur die, die ich will. Und Copilot will ich nicht. Zumal die KI in immer mehr Programme von Microsoft eindringt und es immer komplizierter wird, sie zu deaktivieren. Linux gibt mir die Freiheit, mich für eine KI meiner Wahl zu entscheiden und drängt mir nicht penetrant eine eigene auf.

Titelbild: Shutterstock / Jeremy Richards

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.

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