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Christian Walker
Hintergrund

Schweizer Seiden-Revival: In Bern lebt eine alte Tradition wieder auf

Zeit und Geduld verwandeln die Blätter des Maulbeerbaums in Seide. Einer, der das aus erster Hand weiss, ist Ueli Ramseier. Der Vereinspräsident von Swiss Silk hat uns in der Berner Seidenmanufaktur begrüsst.

Neuer Seiden-Hotspot Bern

Fast zwei Jahrhunderte später, 120 Kilometer weiter westlich, führt Swiss Silk nun eine Renaissance der Schweizer Seide herbei. Die überschaubare Seidenmanufaktur in Bolligen, Bern, war laut Vereinspräsident Ueli bis vergangenen November sogar der einzige Betrieb in Europa, der Kokons zu Seidenfäden verarbeitet.

Massive Maschinen, zarte Handarbeit

Ueli öffnet eine von dutzenden blauen Tonnen voller Kokons, die in der Manufaktur gelagert werden: «Sie müssen sicher aufbewahrt werden – die Mäuse sind verrückt danach.» Jeweils zu viert suchen er und sein Team aus den Tausenden von Kokons die grössten, rundesten und weissesten heraus. Nur rund ein Drittel der Ernte taugt für die hochwertige Haspelseide, die aus dem bis zu zwei Kilometer langen Faden aus dem Mittelteil des Kokons besteht.

Von äusseren und inneren Werten

Ueli führt uns ins «Labor» von Swiss Silk, wie er mit einem ironischen Augenzwinkern anmerkt. Sie seien ja schliesslich keine Forschenden, sondern Handwerkerinnen und Handwerker, die einen guten Faden herstellen wollen. Mir springt eine kunstvolle antike Waage ins Auge. «Ein schönes Stück, was?», meint der 62-Jährige begeistert und zeigt, wie damit die Fadenstärke, also die Dicke, geprüft wird.

Als Gewichtseinheit dient die alte französische Gewichtseinheit Denier, die auch für Strumpfhosen verwendet wird und in Gramm pro 9000 Meter gemessen wird. Der Seidenfaden von Swiss Silk entspricht etwa 20 Denier – und darf somit pro neun Kilometer gerade mal 20 Gramm wiegen.

Zweiwöchiger Crashkurs in Indien

Als Ueli das Projekt Swiss Silk ins Leben rief, brachte er einen beeindruckend vielfältigen Hintergrund mit: zwei Lehrabschlüsse als Textilingenieur und Landwirt, eine Ausbildung als Lehrer, zwei Bachelorabschlüsse in Biochemie und Religionswissenschaften sowie einen Master in Ethnologie. An praktischer Erfahrung in der Herstellung des Seidenfadens fehlte es ihm jedoch gänzlich.

Umgang mit dem Töten von Lebewesen

Die meisten wirbellosen Tiere, einschliesslich Insekten, sind in der Schweiz vom Tierschutzrecht ausgenommen. Aus diesem Grund hat Swiss Silk einen eigenen Standard für eine «tierfreundliche Haltung» der Seidenraupen entwickelt. Er verbietet unter anderem den Einsatz von Hormonen, begrenzt den Transport auf maximal sechs Stunden und legt bestimmte Haltungsbedingungen, wie etwa natürliches Licht, fest.

Nichts wird weggeworfen – nicht einmal der Kot

Respekt und Wertschätzung gegenüber den Lebewesen bedeuten für Ueli auch, möglichst alles vom Tier zu verwerten. Weggeworfen wird in der Seidenherstellung so gut wie nichts – aus Überzeugung. Aus dem Seidenleim, der den Kokon zusammenhält, wird ein Balsam hergestellt. Der harte Anfang des Seidenfadens fliesst in die Produktion von Seifenblöcken ein. Die getrockneten Puppen werden vom Kleinnager-Shop Samtpfötli als Futter für Goldhamster vertrieben.

«Mich fasziniert, dass man wirklich alles brauchen kann. Sogar den Kot der Seidenraupen. Er ergibt einen super Kompost. In der traditionellen chinesischen Medizin wird er getrocknet und als Tee serviert», erklärt Ueli und hält mir ein Gläschen getrockneten Raupenmist unter die Nase. Er riecht wie Schwarztee.

Titelbild: Christian Walker

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Hat grenzenlose Begeisterung für Schulterpolster, Stratocasters und Sashimi, aber nur begrenzt Nerven für schlechte Impressionen ihres Ostschweizer Dialekts.


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