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Elle Hughes via Unsplash
Hintergrund

«Seit ich Mutter bin ...»

Nach einer Geburt ist vieles anders. Besonders Frauen spüren, wie ihre Rolle als Mutter auch andere Lebensbereiche prägt oder gar neu definiert. Psychotherapeutin Dania Schiftan verrät, auf welche Fragen Mamis bei ihr am häufigsten Antworten suchen.

Ich bin kein Mami und werde es vielleicht auch nie sein. Denn die Kinderfrage habe ich für mich noch nicht definitiv geklärt. Umso mehr schätze ich die Gespräche, die ich mit (frischgebackenen) Müttern führen darf. Was empfinden diese Frauen? Wie hat sich ihr Leben und ihr Selbstbild verändert? Was ist schön, was weniger?

Eine, die sich beruflich mit diesen Themen beschäftigt, ist Dania Schiftan. In der Zürcher Praxis der Psychotherapeutin und klinischen Sexologin finden Frauen, die mit gewissen Aspekten ihrer Mutterrolle hadern, ein offenes Ohr. Ich habe bei Dania, selbst Mami von zwei Kindern, nachgefragt und wollte wissen: Mit welchen Anliegen suchen Mütter am häufigsten Rat bei ihr? Und genauso wichtig: Welche Lösungsansätze empfiehlt Dania ihnen?

Die fünf häufigsten Fragen aus Danias Praxisalltag

«Seit ich Mutter bin, fühle ich mich nicht mehr begehrenswert. Wie kann ich meine sexuelle Lust und mein Körpergefühl wiederfinden?»

Das Thema Sexualität und Mutterschaft ist laut Dania für sehr viele Frauen ein grosses Thema – und zwar auf ganz unterschiedlichen Ebenen. «Mutter zu werden bedeutet einen enormen Wandel: psychisch, körperlich und emotional. Kaum jemand kann sich vor der Schwangerschaft vorstellen, wie tiefgreifend diese Veränderungen tatsächlich sein werden», sagt die Expertin.

Schon die Schwangerschaft selbst bringe oft eine grundlegende Umstellung. Sie wirke nicht nur körperlich, sondern auch psychisch nach – und endet meist nicht «einfach» mit der Geburt. «Viele Frauen erleben, dass ihr Körper anders empfindet, dass Berührungen Schmerzen auslösen können oder sich schlicht ungewohnt anfühlen. Dazu kommt, dass viele Frauen sich selbst als weniger attraktiv und weniger begehrenswert wahrnehmen.» Dieses veränderte Selbstbild beeinflusse das empfundene Begehren massiv.

Ein weiterer Aspekt: Das Bedürfnis nach körperlicher Nähe sei mit einem Baby oft schon vollkommen ausgefüllt. «Viele Frauen empfinden die Nähe des Partners in dieser Phase fast als zu viel, weil sie in dieselbe Schublade fällt wie die ständige Nähe zum Kind.» Dazu kämen Schlafmangel, Rollenkonflikte, manchmal Enttäuschungen in der Partnerschaft und die neue Wahrnehmung des Partners als Vater. All das könne den Zugang zur eigenen Sexualität zusätzlich erschweren, erklärt Dania.

«Der Schlüssel liegt darin, Sexualität nicht einfach wieder wie vorher herstellen zu wollen, sondern sie ganz neu zu entdecken. Es geht darum, für sich selbst herauszufinden, was Lust und Begehren jetzt bedeuten können – losgelöst von Erwartungen.»

«Wir reden fast nur noch über die Kinder. Wie können wir wieder als Paar zueinanderfinden statt nur als Eltern zu funktionieren?»

Die Geburt eines Kindes käme in den allermeisten Partnerschaften einem regelrechten Erdbeben gleich, sagt Dania. «Sie ist eine riesige Veränderung, auf die sich Paare meist ungenügend vorbereiten. Selten wird im Vorfeld wirklich besprochen, wie die neuen Rollen aussehen sollen oder wie Abläufe im Alltag funktionieren können. Oft denkt man: Das wird sich schon ergeben.» Ist das Kind dann erst mal da, sind die Elternteile schlicht überfordert.

In dieser Überforderung greifen – so die Expertin – häufig alte, gesellschaftlich erlernte Muster: Die Mutter übernimmt automatisch Haushalt und Kinder, der Vater die Rolle des Ernährers. «In vielen Fällen arbeiten Mütter jedoch zusätzlich beruflich, was die Belastung noch verstärkt. Besonders in den ersten Monaten oder Jahren mit Baby geraten Paare so in einen Zustand, in dem sie nur noch funktionieren und ums Überleben kämpfen.»

Das, was dabei am häufigsten verloren gehe, sei die Partnerschaft als Paar. Stattdessen rückt die Beziehung in den Hintergrund. Und was bleibt, ist höchstens das Team «Familie» – aber nicht mehr das Team «wir beide». «Es ist entscheidend, dass Paare lernen, auch ihre Beziehung bewusst zu pflegen. Partnerschaft braucht Zeit, Energie und Raum: Momente, in denen man sich aufeinander einlässt, Neues miteinander erlebt und bewusst Nähe schafft – jenseits der Rolle als Eltern.»

Foto: Elle Hughes via Unsplash
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«Ich habe das Gefühl, nur noch Mami zu sein. Wie finde ich wieder heraus, wer ich als Frau eigentlich bin?»

«Das Selbstbild hängt eng mit den Veränderungen rund um Schwangerschaft und Mutterschaft zusammen», so Dania. Der weibliche Körper werde in dieser Zeit massiv beeinflusst und verändert – oft in einer Weise, die im krassen Gegensatz zu unseren gesellschaftlichen Idealbildern stehe. «Viele Frauen erleben sich danach als weniger attraktiv, weniger interessant, ‘zu dick, zu dünn, zu aufgedunsen, zu flach’.» Irgendetwas sei gefühlt immer «zu viel» oder «zu wenig».

Dieses ständige Empfinden des Nichtgenügens führe dazu, dass Frauen sich im eigenen Körper fremd fühlen, an sich zweifeln oder enorme Anstrengungen unternehmen, um «wieder so zu sein wie vorher». Sei es wie vor der Schwangerschaft oder gar in der Jugend. «Dabei geht oft verloren, die unglaubliche Schönheit wahrzunehmen, die ein Körper durch Mutterschaft entwickeln kann.»

Statt im Kampf gegen den eigenen Körper gefangen zu bleiben, brauche es die Bewegung in Richtung Adaptation: lernen, den neuen Körper zu bewohnen, sich darin heimisch zu fühlen und die Veränderungen nicht als Makel, sondern als Ausdruck von Kraft und Leistung zu begreifen. Denn: «Dieser Körper hat etwas Grossartiges vollbracht – er hat einen Menschen geschaffen. Genau darin liegt eine Würde und Schönheit, die es zu entdecken gilt.»

«Ich weiss nicht, ob ich zurück in meinen alten Beruf will oder etwas ganz Neues anfangen soll. Wie finde ich heraus, was wirklich zu mir passt?»

Viele Frauen merkten erst, wenn das Kind da ist, dass der Job plötzlich nicht mehr die Bedeutung hat, die er zuvor hatte, sagt Dania. «Bestätigung, Wertschätzung und Selbstwert, die bisher aus Karriere, Erfolgen und sozialer Anerkennung stammten, treten in den Hintergrund – manchmal verbunden mit dem überraschenden Wunsch, lieber ganz zu Hause beim Kind zu bleiben.» Für viele sei das ein Schock.

Auf der anderen Seite gebe es Frauen, die nach wie vor grosse Freude an ihrer Karriere hätten, mit Leidenschaft arbeiten möchten und genau darin Erfüllung fänden. Das schliesse Schuldgefühle jedoch nicht aus. Diese können intrinsisch entstehen oder aber auch der Mutter vom Umfeld eingeredet werden. «Hinzu kommt häufig die praktische Überlastung: fehlende Unterstützung im Alltag, unklare Aufteilung der Aufgaben und das Gefühl, weder dem Kind noch dem Beruf wirklich gerecht zu werden.» Das erzeuge Frust, innere Zerrissenheit und oft ein starkes Gefühl des Ungenügens.

Für manche führe die Mutterschaft aber auch zu einem tiefgreifenden Wandel: «Neue Ideen, Kreativität und berufliche Visionen entstehen – doch gleichzeitig sind sie oft schwer umsetzbar, weil Verantwortung und Bindungen die Spielräume einschränken.»

In der therapeutischen Begleitung sei es daher entscheidend, nicht zwischen «richtig» und «falsch» zu unterscheiden oder sich an gesellschaftlichen Bildern zu orientieren. Vielmehr gehe es darum, gemeinsam zu klären, was der wirkliche eigene Wunsch ist – unabhängig von Erwartungen und Normen.

«Ich habe kaum noch Zeit für mich oder meine Interessen. Wie kann ich mir Raum schaffen, ohne ständig ein schlechtes Gewissen zu haben?»

Ein besonders grosser Stolperstein für viele Mütter sei das Thema rund um die eigene Zeit. Die sei nämlich knapp. Oft würden Mütter vom Gefühl begleitet immer hinterherzuhinken. «Viele Frauen sind zudem damit aufgewachsen, dass Freizeit und Hobbys etwas 'Überflüssiges' seien – Dinge, die keinen messbaren Mehrwert oder kein Geld bringen.» Das Resultat sei häufig ein schleichender Frust, der mit der Zeit in Traurigkeit und innere Unausgeglichenheit münden könne.

Gerade deshalb sei es so wichtig, sich bewusst Räume für sich selbst zu schaffen. «Nur wer auch Distanz zur Familie hat, kann spüren, dass er als eigenständiger Mensch existiert – mit eigenen Bedürfnissen, Interessen und Freude.» Dieses Erleben sei zentral, um wieder Energie und Lebendigkeit in die Familie hineinzutragen.

Der Weg dahin, so Dania, führe oft über die Fragen: Was hat mir früher Spass gemacht? Was begeistert mich heute noch? «Selbst wenn es scheint, als wären keine Zeitressourcen vorhanden, gibt es meist doch Möglichkeiten – es ist in erster Linie eine Frage der Prioritäten.» Und genau diese Prioritäten dürften neu gesetzt werden, um ein ausgeglichenes und erfülltes Leben zu gestalten.

  • Ratgeber

    Zu Besuch bei einer Sexologin

    von Natalie Hemengül

Alle weiteren Beiträge aus der Serie findest du hier:

  • Ratgeber

    Alles rund um die Sexualität

    von Natalie Hemengül

Titelbild: Elle Hughes via Unsplash

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Als Disney-Fan trage ich nonstop die rosarote Brille, verehre Serien aus den 90ern und zähle Meerjungfrauen zu meiner Religion. Wenn ich mal nicht gerade im Glitzerregen tanze, findet man mich auf Pyjama-Partys oder an meinem Schminktisch. PS: Mit Speck fängt man nicht nur Mäuse, sondern auch mich. 

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