Tiervertreiber plagen oft die Falschen
6.7.2023
Wer Tiere aus seinem Garten vertreiben will, landet auf der Suche nach effizienten Geräten schnell bei sogenannten Ultraschallgeräten. Doch über deren Nutzen streitet man sich – nicht nur in der Galaxus-Community.
Sie klingen vielversprechend. «Einfach, schonend und effektiv», «Vertreibt auf natürliche und tierfreundliche Art und Weise», «Zuverlässiger Schutz»: Mit diesen Worten werben tiervertreibende Ultraschallgeräte in unserem Shop. Welche von Tierkot geplagten Gartenbesitzer würden da nicht zugreifen? Insbesondere, wenn sie selbst nichts von den hohen Frequenzen (über 16’000 Hertz) mitbekommen sollen.
Beliebte Produkte mit Schwächen
Auf Galaxus waren Tiervertreiber 2022 hoch im Kurs: 65'302 wurden verkauft. Dazu gehören zum Beispiel Geräte zur Insekten- und Vogelabwehr sowie Tierfallen. Und wie gesagt: Ultraschallgeräte. Auffällig: Unter diesen Produkten sowie einem kürzlichen Galaxus-Artikel häufen sich negative Kommentare.
Der Tenor ist ziemlich eindeutig: Bei vielen funktionieren die Ultraschallgeräte nicht einwandfrei. Katzen werden nicht (ausreichend) vertrieben. Menschen hingegen – besonders Kinder – leiden unter den Pfeifgeräuschen. Der Grund: Sie nehmen auch Frequenzen bis über 20’000 Hertz wahr. Bereiche, in denen die Geräte Schall aussenden.
Einige Userinnen und User glauben, dass dies für junge Menschenohren schädlich ist. Was ist da dran?
Nicht gefährlich, aber sehr unangenehm
Die Schweizer Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gibt betreffend Gesundheit Entwarnung. «Schädlich im Sinne einer Hörschädigung wird keines der Produkte sein», so Magnus Köpfli Wicki, Experte Sicherheit und Gesundheitsschutz. Man sei den Geräten gegenüber jedoch durchaus kritisch eingestellt. «Die Geräusche können sehr störend (nervig) sein. Kinder hören die Töne oft stark.» Das könne zu Nachbarschaftsstreitigkeiten führen.
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Keine Vorschriften und Prüfverfahren
Auch das Veterinäramt des Kantons Zürich rät, Ultraschallgeräte vorsichtig einzusetzen. Die Kantonstierärztin Regula Vogel sagt: «Kantonale Vorschriften und ein Prüfverfahren für solche Geräte gibt es nicht.»
Das Schweizer Tierschutzgesetz (Art. 4, Abs. 2) schreibt lediglich vor:
Niemand darf ungerechtfertigt einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen, es in Angst versetzen oder in anderer Weise seine Würde missachten. Das Misshandeln, Vernachlässigen oder unnötige Überanstrengen von Tieren ist verboten.
In der Tierschutzverordnung (Art. 12) ist festgehalten, dass Tiere nicht über längere Zeit übermässigem Lärm ausgesetzt sein dürfen. Zumindest nicht solchem, von dem sie sich nicht entziehen können. Das trifft auf Haustiere zu, die sich nicht frei bewegen können, wie zum Beispiel Hunde. Für sie sind Ultraschallgeräte verboten.
Wer Garten hat, ist in der Pflicht
Katzen hingegen können das Gelände verlassen. Deshalb sagt Sarah Camenisch, Mediensprecherin beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV): «Ultraschallgeräte können Katzen zugemutet werden. Sie müssen aber so aufgestellt sein, dass Grundstücke der Nachbarn nicht beschallt werden.»
Damit bläst sie ins selbe Horn wie die Zürcher Kantonstierärztin Regula Vogel. Auch ihr ist es wichtig zu betonen, dass Gartenbesitzer und -besitzerinnen eine Sorgfaltspflicht haben.
Ultraschallgeräte können Katzen zugemutet werden. Sie müssen aber so aufgestellt sein, dass Grundstücke der Nachbarn nicht beschallt werden.
Um diese Sorgfaltspflicht wahrnehmen zu können, sind der richtige Aufbau und die richtige Handhabung der Geräte wichtig. Damit scheinen viele Galaxus-User und -Userinnen ihre Probleme zu haben. Ausserdem hält es Magnus Köpfli Wicki von der SUVA für fragwürdig, dass Käuferinnen und Käufer in mehreren Beschreibungen keine Angaben über Frequenz und Pegel finden.
Das sagen die Hersteller
Bruno Ulrich von der Windhager HandelsgesmbH und Gabriel Le Laidier von der Swissinno Solutions AG verweisen darauf, dass sie die technischen Daten ihrer Geräte sowie Warnhinweise in den Bedienungsanleitungen und Manuals angeben.
Bruno Ulrich sagt weiter, man weise sogar ausdrücklich darauf hin, dass im Hörbereich von Kleinkindern nur die Stufe 4 zu benutzen sei. «Man kann sich schon fragen, wo der Fehler liegt, wenn dasselbe Gerät von einigen Kunden als wirksam und von anderen als nutzlos beschrieben wird. Wir gehen davon aus, dass das Gerät nicht richtig bedient wird.»
Wir gehen davon aus, dass das Gerät nicht richtig bedient wird.
Die Swissinno Solutions AG und Pearl Schweiz GmbH räumen ein, dass sich Katzen über eine gewisse Zeit an Ultraschallgeräte gewöhnen können. Reagieren die Tiere nicht (mehr) auf das Schrillen, empfehlen die Hersteller Produkte mit kombinierten LED-Blitzen oder Wasserstrahlvertreiber.
Ein Blick in die Community-Kommentare unter Wasserstrahlvertreibern offenbart: Hier ist die Anzahl an unzufriedenen Kundinnen und Kunden etwas kleiner als bei Ultraschallgeräten. Nicht selten ist jedoch von undichten Geräten die Rede, die auf falsche Auslöser wie etwa Wind reagieren.
Den perfekten Tiervertreiber gibt es nicht
Die Quintessenz: Tiere vom eigenen Garten fernzuhalten, ist eine heikle Angelegenheit. Wichtig ist bei Ultraschallgeräten, dass die Bedienungsanleitung genau gelesen und der Nachbargarten nicht mitbeschallt wird. Ein kleineres Konfliktpotenzial als Ultraschallgeräte – in Bezug auf sensible (Kinder-)Ohren – bergen Wasserstrahlvertreiber. Dort ist es wichtig, auf eine gute Qualität zu achten. Ein völlig zuverlässiger Tiervertreiber scheint auf dem Markt bislang (noch) nicht zu existieren.
Welche Erfahrungen hast du mit Tiervertreibern gemacht? Schreib es in die Kommentare.
Titelfoto: Swissinno Solutions AG
Darina Schweizer
Senior Editor
darina.schweizer@digitecgalaxus.chIch mag alles, was vier Beine und Wurzeln hat. Zwischen Buchseiten blicke ich in menschliche Abgründe – und an Berge äusserst ungern: Die verdecken nur die Aussicht aufs Meer. Frische Luft gibt's auch auf Leuchttürmen.