Trotz kleiner Problemchen: «Fantastic Beasts 3» ist einfach magisch
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Trotz kleiner Problemchen: «Fantastic Beasts 3» ist einfach magisch

Luca Fontana
7.4.2022

Endlich Neues aus dem «Harry Potter»-Universum, denken sich viele Fans. Zu Recht: «The Secrets of Dumbledore» ist ein fantastischer Film mit einem toll aufgelegten Darsteller-Trio, das den verkorksten Vorgänger schnell vergessen lässt.

Eines vorweg: In dem Review gibt’s keine Spoiler. Du liest nur Infos, die aus den bereits veröffentlichten Trailern bekannt sind.


Man kann von ihr halten, was man will: Eine aussergewöhnliche Kinderbuchautorin ist J.K. Rowling zweifellos. Wie sonst liesse sich erklären, dass «Harry Potter» noch immer Tür und Tor in eine magische Welt öffnet, die Kinder und Erwachsene gleichermassen verzaubert? Schliesslich ist ihre Welt voller faszinierender Gegensätze. Wunderbar und gefährlich zugleich. Versteckt, aber trotzdem direkt vor unserer Nase.

The Wizarding World.

So richtig an diesen Mega-Erfolg konnten die «Fantastic Beasts»-Filme nie anknüpfen. Vielleicht, weil Rowling dazu keine Romanvorlage lieferte, sondern nur Drehbücher. Und die sind, das lässt sich mittlerweile sagen, nicht ihre Stärke. Gerade Teil zwei, «The Crimes of Grindelwald», strotzt vor erzählerischen und strukturellen Problemen.

Warner Bros. holte darum einen alten Bekannten zurück: Steve Kloves. Der schrieb bereits sieben der acht Harry-Potter-Drehbücher. Und jetzt «The Secrets of Dumbledore», zusammen mit Rowling. Angeblich. Vielleicht. Gemäss IMDb-Datenbank schon. Gemäss Film-Abspann nicht. Ginge es nach dem Filmstudio, würde man Rowling nach dem Transgender-Skandal am liebsten komplett aus allem Marketing streichen.

Kloves jedenfalls tut dem Franchise gut. Denn «The Secrets of Dumbledore» ist nicht nur grossartig, sondern mit Abstand der beste Teil der «Fantastic Beasts»-Reihe. Der Film hat Struktur. Ein Konzept. Einen roten Faden. Anfang, Mitte und Schluss. Dazu noch gut geschriebene Charaktere, tolle Action und ein für Johnny Depp eingesprungener Mads Mikkelsen, der so gut ist, dass er – wenn ich brutal ehrlich bin – den dunklen Magier Gellert Grindelwald von Anfang an hätte spielen sollen.

Darum geht’s in «The Secrets of Dumbledore»

Es sind die 1930er. Die Zaubererwelt ist im Wandel. Denn Gellert Grindelwald will eine neue Weltordnung durchzusetzen. Eine, in der die Existenz von Hexen und Zauberer offenbart wird. Und eine, in der Muggel – Nichtmagier – der Zaubererwelt untergeordnet werden. Mit Krieg. Schliesslich waren es die Muggel, die im dunklen Mittelalter einst Jagd auf Hexen und Zauberer machten.

Mit Grindelwalds Macht kann es nur einer aufnehmen: Albus Dumbledore (Jude Law). Doch ein magischer Blutschwur, besiegelt in Jugendjahren, als sie noch Verbündete waren, verhindert das legendäre Duell, das Jahre später in «Harry Potter» ständig zitiert werden wird. Noch sind es darum ihre Gefolgsleute, darunter Magizoologe Newt Scamander (Eddie Redmayne), die Grindelwald und Dumbledore emsig um sich scharen, um den Kampf für sie auszufechten.

Zumindest, bis Grindelwald eine neue, mächtige Waffe in die Hände fällt: Die Fähigkeit, zumindest bruchstückhaft in die Zukunft zu sehen.

Noch ein Kurswechsel – dieses Mal zum Guten

Nun, da Steve Kloves zumindest erzählerisch das Zepter in der Hand hält, hat «The Secrets of Dumbledore» seinen beiden Vorgängern vor allem etwas voraus: einen Plan. Der Film weiss, wo er beginnt. Wo er aufhört. Und wie er den klar abgesteckten Weg zwischen Anfang und Ende überbrückt, ohne sich mit unnötig verwirrendem Ballast zu beladen.

Das ist erfrischend, gerade am komplizierten und verworrenen Plot von «The Crimes of Grindelwald» gemessen. Bezeichnend, wie in Kloves Drehbuch die neu eingeführte Professorin Lally Hicks (Jessica Williams) die Geschehnisse der Vorgänger in nur zwei, drei einfachen Sätzen zusammenfasst. Das zeigt, wie viel damals am Plot tatsächlich relevant war – und wie viel nur bremsendes Beigemüse.

Die Gang, die den bösen Gellert Grindelwald zu Fall bringen soll.
Die Gang, die den bösen Gellert Grindelwald zu Fall bringen soll.
Quelle: Warner Bros. Ent.

Die grosse Kunst von Kloves Drehbuch besteht dann aber vor allem darin, einen dringend benötigten Kurswechsel vorzunehmen, ohne sich zu sehr von der eigentlichen Prämisse zu entfernen. Wir erinnern uns: «Fantastic Beasts and Where to Find Them» startete als eine Art «Monster Hunter» in Harry Potters Zaubererwelt. Dann kam «The Crimes of Grindelwald». Die Geschichte änderte Fokus und Tonalität auf die drohende und deprimierende Eskalation zwischen Grindelwald und Dumbledore; Newt Scamander, im ersten Teil noch der Protagonist, verkam zur Nebenfigur in seinem eigenen Franchise.

Kloves «The Secrets of Dumbledore»-Drehbuch rudert mit der depressiven Stimmung merklich zurück. Zum einen gibt er nicht nur Scamander wieder deutlich mehr Raum, sondern auch den titelgebenden fantastischen Tierwesen. Nicht ganz im gleichen Masse wie «Fantastic Beasts and Where to Find Them», aber genug, damit Fans der magischen Kreaturen ihr Glück finden. Zum anderen bringt er jene kindliche Fantasie in die magische Welt zurück, die «Crimes» abhanden ging. Zynisch betrachtet liesse sich gar sagen, dass Kloves das Versagen des Vorgängers auf ganzer Linie eingesteht. Liesse.

Nichts geht ohne Fanliebling Niffler.
Nichts geht ohne Fanliebling Niffler.
Quelle: Warner Bros. Ent.

Fakt ist nämlich: Die erneute Kursänderung ist mehr als nur ein Schritt in die richtige Richtung. Sie ist ein riesengrosser Wegweiser. Als ob «Fantastic Beasts» endlich seinen Ton gefunden hätte. Seinen Platz in der Wizarding World. Und der ist gut.

Der neue Grindelwald gegen den alten Dumbledore

Dass es mit «The Secrets of Dumbledore» gut kommen könnte, war gar nicht so selbstverständlich. Zu einschneidend die von ständigen Skandalen erschütterte Produktion, um auf ihren Erfolg zu setzen.

Etwa 2017, als der Rosenkrieg zwischen Grindelwald-Darsteller Johnny Depp und seiner Ex-Frau Amber Heard begann, bei dem sich beide Parteien gegenseitig der häuslichen Gewalt beschuldigten. Filmstudio Warner Bros. hielt zunächst am Schauspieler fest. Drei Jahre später nicht mehr: Im November 2020 verliess Depp das Projekt, nachdem seine 50-Millionen-Dollar-Verleumdungsklage abgewiesen wurde – nur wenige Monate nach dem grotesken Transgender-Skandal von «Harry Potter»-Schöpferin J.K. Rowling. Ihrem Skandal wiederum ging ein kontrovers diskutiertes Video von Nebendarsteller Ezra Miller voraus, der eine Frau in Island gewürgt haben soll, nachdem sie ihn provoziert hatte.

Skandale en masse.

Dem Film ist nichts davon anzumerken. Im Gegenteil. Ezra Millers Rolle wurde deutlich verkleinert – wohl kein Zufall –, und Mads Mikkelsen hat Johnny Depps Platz eingenommen. Ein Glücksgriff. Mikkelsen ist nicht nur ein überaus würdiger Gellert-Grindelwald-Ersatz. Er spielt ihn mit derart viel Charisma, dass es ein Leichtes ist, seinem Charme und seinen viel zu radikalen Ideologien zu verfallen. Ein bisschen so, wie es dem jungen Albus Dumbledore einst erging, erneut von Jude Law gespielt, in meisterlicher Perfektion, mit einem Mix aus grüblerischer Schwermut und kindlicher Freude.

Dass Jude Law einen grossartigen jungen Dumbledore abgibt, ist keine grosse Überraschung mehr.
Dass Jude Law einen grossartigen jungen Dumbledore abgibt, ist keine grosse Überraschung mehr.
Quelle: Warner Bros. Ent.

Tatsächlich funktioniert die Film-Chemie zwischen Law und Mikkelsen um Welten besser als jene zwischen Law und Depp. Nicht, dass Depps Interpretation von Grindelwald keine gute war. Depp verkörperte allerdings mehr den Wahnsinn in Grindelwald. Die Abgründe seiner Seele. Das drückte Depp auch in seinem Äusseren aus, hellhäutig, mit gebleichten Haaren, einem weissen Auge und dem steampunkigen Look. Ein viel zu grosser Kontrast zum klassisch-altmodischen Dumbledore allerdings, vor allem, da seit «Crimes» eine Jugendromanze zwischen den beiden angedeutet wird.

Mikkelsen hingegen pendelt zwischen charmant, gütig – und unheimlich furchteinflössend. Ein Balance-Akt, der voll aufgeht und der auch besagte Romanze glaubwürdiger erscheinen lässt. Mittlerweile kann ich mir keinen besseren Schauspieler mehr als Grindelwald vorstellen. Das ist das grösste aller Komplimente, das ich Mikkelsen machen kann.

Mads Mikkelsen als Gellert Grindelwald ist eines der Highlights des Films.
Mads Mikkelsen als Gellert Grindelwald ist eines der Highlights des Films.
Quelle: Warner Bros. Ent.

Und was ist mit Dumbledores titelgebenden Geheimnissen? Für Fans geht’s tatsächlich tief in dessen Hintergrundgeschichte. Sehr tief. Keine Sorge: Ich spoilere nichts. Aber mach dich auf die eine oder andere Überraschung gefasst. Und auf ein paar Szenen, die dank Jude Laws Schauspiel zu Herzen gehen, kein Auge trocken lassend.

Kritik? Ja, ein wenig

So sehr ich am liebsten weiterschwärmen möchte: Perfekt ist auch «The Secrets of Dumbledore» nicht. Abgesehen vom tragenden Trio Scamander, Dumbledore und Grindelwald erfahren die meisten Charaktere im Film nämlich herzlich wenig Entwicklung. Yusuf Kama, eine Altlast aus «Crimes of Grindelwald», gespielt von William Nadylam, hätte man gar ganz streichen können. Scamanders Bruder Theseus (Callum Turner) geht’s ähnlich. Die beiden Goldstein-Schwestern (Katherine Waterston und Alison Sudol) sind zwar da, aber auch nur gerade so. Und der Deutsche Oliver Masucci – du kennst ihn vielleicht aus «Er ist wieder da» oder «Schachnovelle» – wird als Anton Vogel komplett vergeudet.

Dann ist da noch Dan Fogler als Muggel Jacob Kowalski. Nach Sympathiepunkten gewinnt er haushoch, locker, ohne Diskussion, daran ändert sich auch im dritten Film nichts. Aber genau deswegen wünschte ich mir endlich mal etwas mehr Einfluss auf den Plot für ihn. Einerseits ist er das pochende Herz des Films. Andererseits aber… nun ja, ein Muggel, und für Hexen und Zauberer etwa so nützlich wie eine Bratpfanne. Selbst Kloves Drehbuch kann nicht so recht erklären, warum die Zaubererwelt ständig auf ihn zurückgreift. Froh bin ich trotzdem. Wie gesagt: Kowalski kann man nicht anders, als von ganzem Herzen zu mögen.

Ein Muggel in Hogwarts – ein lächerlich seltener Anblick.
Ein Muggel in Hogwarts – ein lächerlich seltener Anblick.
Quelle: Warner Bros. Ent.

Erfreulich ist dafür der oben schon erwähnte Neuzugang Lally Hicks, einer Professorin der Ilvermorny Schule für Hexerei und Zauberei – die amerikanische Version von Hogwarts. Vielleicht, weil sie die meisten Szenen zusammen mit Sympathiebombe Kowalski bekommt, während sie in Berlin für viel Unruhe sorgen. Dort wird im Film eine grosse, kommende Wahl angekündigt. Eine, welche die oder den zukünftigen Anführer der weltweiten magischen Gemeinschaft bestimmen soll.

Wait, what?

In jedem Land gibt es ein Zaubereiministerium. Jedes Ministerium untersteht einer oder einem Anführer:in. Eine ihnen übergeordnete Führerschaft ist mir gänzlich neu und wurde – laut mir – weder in den Büchern noch in den Filmen je erwähnt. Auch wenn das Drehbuch mir zwar weismachen will, dass nur eine Person reinen Herzens zu dieser Führerschaft erhoben werden kann – etwas Diktatorisches hat das Konzept schon.

Fazit: Endlich macht das Franchise richtig Spass

Wo «Fantastic Beast and Where to Find them» noch zu zahm und zu belanglos im grossen «Harry Potter»-Kosmos schien, suchte «The Crimes of Grindelwald» seine Rechtfertigung in einer unglaublich überladenen Geschichte, die ohne jegliche Vorwarnung ihre ursprüngliche Prämisse komplett über Bord warf. Mit «The Secrets of Dumbledore» gelingt nun endlich ein guter Mittelweg.

Tatsächlich inszeniert Regisseur David Yates dank seinem gut aufgelegten Cast und Steve Kloves Drehbuch ein meist leichtherziges Abenteuer mit viel Action und einem fantasievollen Einsatz von Computer-Effekten. Untermalt wird das Ganze einmal mehr von James Newton Howards tadelloser Filmmusik, die das ikonische Harry-Potter-Theme nur genauso oft zitiert, wie nötig, um uns Zuschauende in wohliger Nostalgie schwelgen zu lassen, ehe wir unsere Aufmerksamkeit wieder den fantastischen Tierwesen zuwenden.


«Fantastic Beasts: The Secrets of Dumbledore» läuft ab dem 7. April im Kino. Laufzeit: 142 Minuten. Freigegeben ab zwölf Jahren.

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Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.» 


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