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Hintergrund

Wie «Half-Life 2» vor 20 Jahren Geschichte geschrieben hat

Philipp Rüegg
20.11.2024

«Half-Life 2» zählt zu den bedeutendsten Spielen überhaupt. Eine neue Doku zum 20. Jubiläum gewährt einzigartige Einblicke und erklärt, wie ein Praktikant Valve vor dem Bankrott rettete und warum «Episode 3» nie erschienen ist.

«Half-Life 2» beginnt gleich, wie der Vorgänger aufgehört und angefangen hat. Der mysteriöse G-Man murmelt in seiner einzigartigen Sprechweise, dass du, Gordon Freeman, wieder gebraucht wirst. Sekunden später findet sich der Brechstangen-schwingende Forscher, der in «Half-Life» im Alleingang eine Alieninvasion stoppte, in einem fahrenden Zug wieder.

Fotograf Viktor Antonov hat sich für die ikonische Zugstation vom Bahnhof Paris-Austerlitz inspirieren lassen. Es ist eine der ältesten Stationen der französischen Hauptstadt und bietet die perfekte Kulisse für den Auftakt eines epischen Abenteuers, das auch zwanzig Jahre später unvergesslich bleibt.

Zahlreiche Entwicklerinnen und Entwickler kommen in der Dokumentation zu Wort und natürlich, darunter auch der Valve-Chef Gabe Newell. Er erinnert sich, wie gigantisch der Druck war, einen Nachfolger für den Überraschungs-Hit «Half-life 1» zu produzieren. «Wir wollten kein One-Hit-Wonder sein. Wir hatten die schreckliche Verpflichtung gegenüber unseren Fans, unsere Game-Design-Skills und unsere Technologie für den zweiten Teil aufzuleveln.»

Prag diente am Ende als Vorlage für City17. Am Eisbrecher Borealis bissen sich hingegen mehrere Valve-Mitarbeitende die Zähne aus. Schlussendlich wurde der Level gestrichen, weil das Schiff zu wenig Platz bot. In der Doku ist das unfertige Level erstmals zu sehen.

Auf personeller Ebene gab es in «Half-Life 2» ein Wiedersehen mit alten Bekannten. Da Gordon auch im zweiten Teil stumm bleibt, war es umso wichtiger, dass die Personen, die er auf seinem Abenteuer trifft, viel Charakter haben.

Das Team entschied sich, die Überlebenden aus «Half-Life 1» wieder antraben zu lassen. Allen voran der liebenswerte Barney, der sich vom Sicherheitsdienst zum Widerstandskämpfer entwickelt hat und Gordon bei der Flucht hilft. Auch Dr. Isaac Kleiner ist wieder mit von der Partie. Der etwas schusselige, aber warmherzigen Professor hat einen Teleporter entwickelt, den er mit seinem gezähmten Headcrab-Alien austestet.

Die vielleicht wichtigste Person ist und bleibt aber Alyx Vance, die mit ihrem Roboter-Hund «Dog» Gordon tatkräftig unterstützt. Mit ihrem Blick, für deren realistisch anmutende Augäpfel rund neun Monate Entwicklungszeit draufgingen, verzauberte sie zahlreiche junge Erwachsene.

Neue Impulse wollte Dhabih Eng beim Design von Gordon Freemans Anzug setzen. «Ich dachte, das mache ich jetzt zu meinem Ding.» Dhabih war ganz neu zu Valve gestossen. «Die Anzüge erinnerten an die Still Suites aus Dune. Mit viel schwarz, Gürtelschnallen und Latex. Gabe meinte nur: Was soll das? Wieso ist er nicht orange? Wieso ersetzt du diesen ikonischen Teil des Charakters?» Also fing Dhabih wieder von vorne an. Am Ende entstand der heute kultige Kampfanzug.

Physik-Spielereien

Etwas, an das sich jeder «Half-Life 2»-Fan erinnert, sind die Physik-Spielereien. Die neue Havoc-Physik-Engine erlaubte revolutionäre Interaktionsmöglichkeiten. Es fängt mit einfachen Sachen an, wie Fernseher, die du durch Glasscheiben aus dem Fenster schmeissen kannst. Oder Holzbretter, die sich «realistisch» zerstören lassen.

An vielen Stellen dient die Physik zum Lösen von Rätseln. Eines der ersten, das implementiert wurde, ist das mit der Waschmaschine. Um eine Rampe für dein Luftboot hochzuziehen, musst du genug Gewicht in die Aufhängung eines Krans legen, der die Rampe hält, damit du drüberfahren kannst. Entstanden ist die Idee, weil die Entwickler den Spielern eine Verschnaufpause geben wollten nach den unerbittlichen Angriffen des Kampfhelikopters im Kanalabschnitt.

Der Spass fängt erst richtig an, als Alyx Gordon die Gravity Gun übergibt. Ursprünglich war sie lediglich als Entwickler-Werkzeug gedacht. Damit kannst du kleinere und mittlere Objekte greifen und durch die Gegend schleudern. Nirgends kommt das besser zur Geltung als in Ravenholm. Der legendäre Level, der mit den vielen Alien-Zombies und seiner düsteren Atmosphäre an ein Horrorspiel erinnert.

Nichts ist aber befriedigender als das Sägeblatt. Bereits im ersten Raum im Ravenholm findest du sie – festgesteckt im abgetrennten Oberkörper einer Leiche, die prompt zu Boden fällt, wenn du sie heraus ziehst. Mit der Gravity Gun werden die Sägeblätter zu tödlichen Wurfgeschossen und damit zum vielleicht spassigsten Spielzeug im ganzen Spiel.

Kollege David Speyrer fand schliesslich im Netz eine Liste von Objekten und Massen und implementierte sie ins Spiel. «Wenn du danach ein Objekt anschautest, stand da irgendwas wie 100, Klammer, Rennpferd. Und weil es eine logarithmische Kurve war, ging es von Brotbox über Farbtopf bis zur Raumstation. Ja sogar zum Mond. Es gab viele Diskussionen, wie: Denkst du, das ist eher wie ein Rennpferd oder eine Raumstation?», erzählt Robin lachend.

«Half-Life 2» wurde an der E3 2003 erstmals den Medien präsentiert. Die Physik-Demonstrationen sorgten für die meisten staunenden Gesichter. Die Besucher standen stundenlang für die Demo an – darunter «Die Sims»-Schöpfer Will Wright oder Nintendo-Guru Shigeru Miyamoto. Da wusste das Team, dass sie auf dem richtigen Weg waren. Einige grosse Stolpersteine sollten aber noch folgen.

Valve machte Vivendi darauf aufmerksam, dass diese Lizenzen nicht Teil des Vertrags waren und reichte Klage ein. Das Ganze folgte auf ein Jahr mit zähen Verhandlungen, in denen sich Valve die Marken- und die digitalen Distributionsrechte zurückholte. «Bei einigen Personen haben wir damit wohl einen Nerv getroffen. Vivendi entschied sich, den Dritten Weltkrieg auszurufen», schildert COO Scott Lynch die damalige Situation.

Der Hack

Als wäre die Klage nicht Aufregung genug gewesen, folgte im September 2003 der nächste Tiefschlag: «Half-Life 2» leakte im Internet. Ein junger deutscher Hacker verschaffte sich Zugang zu Valves-Servern und lud neben verschiedenen Daten auch den Quellcode des heissersehnten Spiels herunter. Es dauerte nicht lange und eine unfertige, aber spielbare Version landete im Internet. Sie verbreitete sich wie ein Lauffeuer.

Auch wenn es für das Valve-Team eine frustrierende Zeit war, hatte der Leak, ausser einem späteren Release-Termin, keine Konsequenzen für «Half-Life 2». Dort baute sich Druck der etwas anderen Art auf.

Steam nimmt Form an

Valve wollte Games direkt an die Konsumentinnen und Konsumenten verkaufen. Der Gegenwind war jedoch gewaltig. «Immer wenn wir den Leuten sagten, doch, ihr werdet Software über das Internet anbieten können, hiess es, nein, das wird nie passieren». Laut Gabe teilten 99 Prozent der Firmen, mit denen sie sprachen, diese Ansicht. Der Retail-Handel würde es niemals zulassen und die User wollen physische Games.

Die Entscheidung, Steam nicht nur für die digitale Version von «Half-Life 2», sondern auch für jedes im Laden verkaufte Exemplar obligatorisch zu machen, sorgte auch unter langjährigen Mitarbeitenden für Skepsis. Entgegen dem traditionellen Valve-Mantra, dass alle mitreden dürfen, sprach Gabe ein Machtwort: «Doch, das machen wir jetzt so.» Damit war die Sache beschlossen. Steam startete am 12. September 2003, ein Jahr vor «Half-Life 2».

Die Nadel im Heuhaufen

Das offene Ende

«Episode 1» wurde umfangreicher als geplant und die nächste Episode doppelte nach. Aber weder Fans noch Valve waren so richtig zufrieden mit dem Ergebnis. «Die Spieler mochten es weniger als «Half-Life 1» und zwei. Und es dauerte länger als geplant.Wir fragten uns, ob wir Probleme lösen oder einfach einen Seitwärtsschritt machten», sagt Entwickler Jay Stelly.

Falls du Lust bekommen hast, Teil 2 wieder ausgraben, darfst du dich über kleinere Verbesserungen freuen, die Valve zum Jubiläum nachgeliefert hat. Oder du geduldet dich noch etwas und spielst die Raytracing-Version, die sich ebenfalls in Arbeit befindet.

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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken. 


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Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.

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