Wieso verheimlichen Ubisoft, Nintendo und Co. wer ihre Spiele macht?
Hintergrund

Wieso verheimlichen Ubisoft, Nintendo und Co. wer ihre Spiele macht?

Was haben das Remake von «Super Mario RPG»,«Assassin’s Creed Jade» und «Another Code: Recollection» gemeinsam? Die Studios dahinter werden geheimgehalten. Warum und was die Folgen sind, erkläre ich hier.

Die Spielebranche ist eine Geheimniskrämerin. Während Hollywoodstudios wie Lucasfilm bereitwillig ihre Roadmap für das nächste Jahrzehnt bekannt geben, halten sich Game-Studios und Publisher meist bedeckt. In den letzten Jahren hat sich das etwas gebessert. Gleichzeitig ist beispielsweise offensichtlich, dass Nintendo seit Jahren an einem neuen 3D-«Mario» arbeitet. Offiziell bekannt ist hingegen nichts. Nun werden sogar die Namen einiger Entwickler-Studios unter Verschluss behalten.

Kein Anschluss unter dieser Nummer

Wenn du den Trailer von «Super Mario RPG» anschaust, gibt es keine Hinweise darauf, wer das Remake entwickelt hat. Square Enix und Nintendo werden als Publisher aufgeführt, aber kein Studio. Auf Rückfrage verschiedener Medien wie IGN bei Square Enix und Nintendo gab es im Vorfeld keine Antwort darauf, wer das Spiel entwickelt. Ein Studio-Logo beim Starten des Spiels fehlt. Erst als eine aufmerksame Person das Kleingeschriebene in den AGBs einer Vorbesteller-Seite durchgelesen hat, kam der Name ArtePiazza ans Licht. Sonst wäre die Information erst im Abspann des Spiels zu finden gewesen. Dann, wenn die meisten Medien ihren Content über das Game längst produziert haben. Reviewern war es per Embargo untersagt, den Studionamen von «Super Mario RPG» im Vorfeld zu nennen.

Lange war nicht bekannt, wer das Remake zu «Super Mario RPG»  entwickelt.
Lange war nicht bekannt, wer das Remake zu «Super Mario RPG» entwickelt.
Quelle: Nintendo

Mit «Another Code: Recollection» gibt es ein weiteres, aktuelles Beispiel eines Nintendo-Spiels, bei dem das verantwortliche Studio lange unbekannt war. Auch hier ist es Data Minern zu verdanken, die beim Durchsuchen der Demo auf den Namen Arc System Works gestossen sind. Das war im vergangenen Dezember. Das Spiel wurde im September vorgestellt. Nintendos PR-Agentur hat mir auf Rückfrage das Studio bestätigt.

Auch bei «Another Code Recollection» war es lange ein Rätsel, welches Studio dahinter steht.
Auch bei «Another Code Recollection» war es lange ein Rätsel, welches Studio dahinter steht.
Quelle: Nintendo

Nintendo ist mit dieser Handhabung nicht allein. Sega hat an den Game Awards gleich fünf Spiele-Remakes vorgestellt. Ausser einer wagen Aussage von CEO Shuji Utsumi, dass die Schöpfer involviert seien, ist nichts über die Entwicklerinnen bekannt. Auf Nachfrage des renommierten Journalisten Stephen Totilo hiess es: Sega habe diesbezüglich derzeit nichts anzukünden.

Ubisoft, die sonst offen kommunizieren, wer ihre Spiele entwickelt, geben sich bei «Assassin’s Creed Jade» ebenfalls bedeckt. Das kommende Mobile-Game führt die Serie nach China. Es konnte bereits ausführlich angespielt werden. Ausser, dass der Megakonzern Tencent, respektive Level Infinite, das Spiel herausgibt, sind keine Infos über die Entwicklung bekannt. An einem Quartals-Meeting für Investoren im Juli kam ebenfalls die Frage auf, wer das Spiel entwickle. Ubisoft CFO Frederick Duguet meinte darauf lediglich: «Wir werden den Namen des Studios zu einem späteren Zeitpunkt verraten». Bis heute ist das nicht geschehen.

Bis heute ist nicht bekannt, wer an «Assassin’s Creed Jade» arbeitet.
Bis heute ist nicht bekannt, wer an «Assassin’s Creed Jade» arbeitet.
Quelle: Ubisoft

Die Publisher ziehen die Fäden

Warum diese Geheimnistuerei? Der Verdacht liegt nahe, dass Publisher mehr Kontrolle wollen. Wenn bei einem Spiel nur Nintendo, Sega oder Ubisoft auf der Verpackung steht, wirst du die Gamesauch mit diesen Firmen in Verbindung bringen. Zudem können die Publisher jederzeit das Studio wechseln, ohne dass Spielerinnen etwas davon erfahren oder sich überhaupt darum scheren. Dieses Vorgehen ist nicht neu, erlebt aber gerade eine Renaissance. Zu Atari-Zeiten, als sich die Branche in ihrer Entstehungsphase befand, gab es ein Verbot, die Namen der Entwickler aufzulisten. Damit sollte verhindert werden, dass die Konkurrenz Talente abwirbt. Warren Robinett reagierte darauf bekanntlich mit dem ersten Easter Egg überhaupt. In seinem Spiel «Adventure» versteckte er in einem geheimen Raum die Nachricht: «Created by Warren Robinett».

Hoffentlich müssen Entwicklerinnen nicht wieder zu solchen Mitteln wie zu Atari-Zeiten greifen, damit ihre Namen im Spiel landen.
Hoffentlich müssen Entwicklerinnen nicht wieder zu solchen Mitteln wie zu Atari-Zeiten greifen, damit ihre Namen im Spiel landen.
Quelle: Atari

Nachdem Ataris Dominanz langsam schwand und immer mehr Entwicklerinnen ihre eigenen Studios gründeten, wurden Spiele auch mit den entsprechenden Würdigungen versehen.

Heute sind es zum Glück Ausnahmen, wenn die Namen von Entwicklerinnen aus den Credits gestrichen oder falsch betitelt werden. Die Verheimlichung des verantwortlichen Studios ist aber mindestens so verheerend. Neben des besagten fehlenden Einflusses hat es zur Folge, dass Entwickler bei der Stellensuche keine Referenzen vorzuweisen haben. Solange nicht bekannt ist, wer «Assassin’s Creed Jade» entwickelt, dürfen die betreffenden Designerinnen auch nichts davon in ihren Lebenslauf schreiben. Das gilt auch bei Studios, die zu ihren Spielen stehen können, aber die Ankündigung noch unter Verschluss halten (müssen). Was bekannterweise viele Jahre dauern kann.

Die Geheimnistuerei schadet in erster Linie den Studios, genauer gesagt den Menschen, die die Spiele kreieren. Bleibt zu hoffen, dass diese Entwicklung nicht weiter zunimmt.

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Als Game- und Gadget-Verrückter fühl ich mich bei digitec und Galaxus wie im Schlaraffenland – leider ist nichts umsonst. Wenn ich nicht gerade à la Tim Taylor an meinem PC rumschraube, oder in meinem privaten Podcast über Games quatsche, schwinge ich mich gerne auf meinen vollgefederten Drahtesel und such mir ein paar schöne Trails. Mein kulturelles Bedürfnis stille ich mit Gerstensaft und tiefsinnigen Unterhaltungen beim Besuch der meist frustrierenden Spiele des FC Winterthur. 


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