
Xenotransplantation: Schweineniere überdauert wochenlang in menschlichem Empfänger

Eine Schweineniere, die in einen menschlichen Organismus übertragen wurde, hat dort zwei Monate lang ihre vorgesehene Aufgabe erfüllt. Die Transplantation von Tierorganen rückt damit näher an die klinische Anwendung.
Mediziner haben einem hirntoten Patienten eine Schweineniere eingesetzt, die in seinem Körper zwei Monate lang wie vorgesehen funktionierte. Das ist ein deutlicher Fortschritt gegenüber früheren Versuchen: Hier hatten Forscher jeweils für einen Zeitraum von nur drei Tagen dokumentiert, dass transplantierte Schweinenieren vom menschlichen Organismus toleriert werden können und dort wie beabsichtigt Urin produzieren. Über den neuen Erfolg berichtet ein Team um den Chirurgen Robert Montgomery von der New York University in einer Pressemitteilung.
Montgomery und seine Gruppe pflanzten einem 58-jährigen hirntoten Patienten, der künstlich beatmet wurde, das Fremdorgan im Juli dieses Jahres ein. Die Familie des Mannes hatte dem Eingriff zugestimmt. Am 13. September, zum vorbestimmten Enddatum der Studie, schalteten die Mediziner die künstliche Beatmung ab und entnahmen die Schweineniere wieder. In den kommenden Wochen werden sie die gesammelten Daten auswerten und weitere Tests durchführen, um herauszufinden, wie sich das Tierorgan während der zwei Monate im menschlichen Organismus verändert hat. Mit diesen Erkenntnissen möchten sie das Transplantationsverfahren verbessern, damit es eines Tages klinisch anwendbar ist.
Die Niere stammte von gentechnisch veränderten «GalSafe»-Schweinen. In deren Erbgut ist ein Gen ausgeschaltet worden, das an der Produktion des Zuckermoleküls Galaktose-alpha-1,3-Galaktose (Alpha-Gal) mitwirkt. Alpha-Gal ist massgeblich dafür verantwortlich, dass der menschliche Organismus eingepflanzte Schweineorgane bekämpft und abstösst. Indem man das entsprechende Gen stilllegt, hindert man die Tierzellen daran, das Zuckermolekül herzustellen. Organe von Schweinen, die genetisch so modifiziert worden sind, überdauern nach einer Transplantation in den menschlichen Körper deutlich länger, weil das dortige Immunsystem sie weniger stark attackiert.
Fremdspende gegen den Mangel
Die Übertragung von Tierorganen in Menschen bezeichnen Fachleute als Xenotransplantation (von griechisch xénos = fremd und lateinisch transplantatio = Verpflanzung). Auf ihr ruhen grosse Hoffnungen, da weltweit ein ausgesprochener Mangel an Spenderorganen herrscht. Allein in Deutschland stehen derzeit etwa 8500 Menschen auf der Warteliste für ein Spenderorgan; die meisten davon benötigen eine Niere. Demgegenüber standen im Jahr 2022 lediglich 870 Spenderinnen und Spender. Viele Patienten sterben, weil sie nicht rechtzeitig ein Spenderorgan erhalten. Gentechnisch veränderte Körperteile von Tieren sollen helfen, den Mangel zu lindern.
Xenotransplantation geht allerdings mit Risiken einher. Normalerweise stösst der menschliche Organismus eingepflanzte Fremdorgane ab, was durch gentechnische Eingriffe ins Erbgut der Tiere verhindert werden muss. Zudem besteht die Gefahr, Krankheitserreger der Tiere auf die Patienten zu übertragen. Bei dem jetzt behandelten 58-Jährigen kam es während des zweimonatigen Beobachtungszeitraums zu vorher unbekannten, fortschreitenden Abwehrreaktionen, die es erforderten, immununterdrückende Arzneistoffe in wachsender Dosis zu verabreichen. Die Mediziner hoffen, dies bei künftigen Xenotransplantationen verhindern zu können.
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