11,4 Zentimeter Sitzknochenabstand und die richtige Wahl des Velosattels
Hintergrund

11,4 Zentimeter Sitzknochenabstand und die richtige Wahl des Velosattels

11,4 Zentimeter. Exakt so viel beträgt der Abstand zwischen meinen Sitzknochen. Kennst du deinen? Das solltest du, wenn du regelmässig auf dem Velo sitzt.

Das wollte ich schon lange wissen. Und zwar möglichst exakt. Wie gross ist eigentlich der Abstand zwischen meinen Sitzknochen und welche Rolle spielt diese Zahl bei der Wahl des Velosattels? Über drei Punkte bin ich mit meinem Velo verbunden: über die Pedale, den Lenker und den Sattel. Bei Ersteren habe ich nach einigem Probieren die Variante gefunden, die für meinen Fahrstil am besten funktioniert: Magnetpedale von Magped. Als Nächstes will ich den für mich möglichst perfekten Sattel finden.

Zu schmal, zu breit, zu weich

Ist ein Sattel zu schmal, drückt er, und zwar genau dort, wo er nicht drücken soll. Wichtig ist daher, dass die Sitzknochen vollflächig auf dem Sattel aufliegen. Ist er zu breit, verursacht er Scheuerstellen, da die Oberschenkel an den Seiten des Sitzes reiben. Ausserdem verringert er die Treteffizienz, da der Sattel die Tretbewegung behindert. Und: Der Sattel sollte nicht zu weich sein. Die Sitzknochen sinken dann nämlich so weit ein, dass tieferliegendes, empfindliches Gewebe wie Muskel- und Sehnenansätze gereizt wird. Nach etwa einer halben Stunde stellt sich ein dumpfer, drückender und ziehender Schmerz ein.

Durch das tiefe Einsinken der Sitzknochen werden darüber hinaus der Dammbereich beim Mann und der tiefer liegende Schambeinbogen bei der Frau stärker belastet. Daher eignet sich ein weicher Sattel eher für kurze Strecken.

Mit dem Flite Boost von Selle Italia, mit dem ich nun seit zwei Jahren unterwegs bin, war ich grundsätzlich sehr zufrieden. Allerdings war ich das bis vor Kurzem auch mit den alten Pneus auf meinem Giant Revolt 0. Bis ich neue Reifen von Schwalbe aufgezogen habe und seither mit meinem Gravelbike über den Schotter zu fliegen scheine. Und zwar nicht auf die Nase. Ausserdem wurden mir schon vor zwei Jahren in den Kommentaren auf einen meiner Beiträge die Produkte von SQlab ans Bikerherz gelegt.

  • Produkttest

    Der Sattel: das zweitwichtigste Teil an meinem Velo

    von Patrick Bardelli

SQlab auf der «Cycle Week»

Kürzlich war «Cycle Week» in Zürich, die grösste Velomesse der Schweiz. Mein erster Halt: der Stand von SQlab, wo unter anderem die kostenlose Vermessung der Sitzknochen und weiterer Körperteile mittels einer speziellen App angeboten wurde. Dort traf ich Beat Spörndli, der mich von oben bis unten vermessen hat.

Beat Spörndli von SQlab.
Beat Spörndli von SQlab.
Quelle: Patrick Bardelli

Um den Abstand der Sitzknochen zu ermitteln, setzt du dich zu Hause auf einen Stuhl, auf den du ein Stück Wellkarton legst, drückst dich mit den Pobacken in den Stuhl respektive den Karton und hinterlässt so zwei Abdrücke. In die Mitte der Abdrücke mit Filzstift einen Punkt setzen. Abstand messen. Fertig.

Velofachgeschäfte bieten diesen Service oft im Rahmen eines professionellen Bikefittings an, wo das Ganze, wie am Stand von SQlab auf der Cycle Week, mit einem elektronischen Stuhl über die Bühne geht. Dieser misst den Podruck exakt. In meinem Fall bleibt das Resultat dasselbe: 11,4 Zentimeter.

Mit dem speziellen Sensorstuhl bei SQlab gemessen: 11,4 Zentimeter.
Mit dem speziellen Sensorstuhl bei SQlab gemessen: 11,4 Zentimeter.
Quelle: SQlab
Von Hand nachgemessen: 11,4 Zentimeter.
Von Hand nachgemessen: 11,4 Zentimeter.
Quelle: Patrick Bardelli

Welcher Sattel soll's sein: Flite Boost oder Ergowave

Was heisst das nun in Bezug auf die Sattelbreite? Hier stellt sich neben dem Sitzknochenabstand auch die Frage nach dem Fahrstil. Einfach gesagt: je sportlicher, umso näher am eigentlichen Abstand. Schön zu sehen im Foto oben. Da ich gerne sportlich unterwegs bin, sollte es 1 Zentimeter extra sein. Ein Sattel mit einer Breite von 12,5 bis maximal 13 Zentimetern wäre laut Beat Spörndli ideal für mich. Der Flite Boost von Selle Italia ist mit 14,5 Zentimetern einiges breiter.

Seit ich bei SQlab am Stand war und meine Pomasse kenne, achte ich bei jeder Fahrt ein wenig mehr auf die Sattelbreite und nehme die rund zwei Zentimeter extra wahr. Plötzlich spüre ich den Flite Boost an den Innenseiten meiner Oberschenkel bei jeder Pedalumdrehung. Damn, das habe ich jetzt davon. Und natürlich hat die App von Beat Spörndli schon während meines Besuchs bei ihm am Stand im Anschluss an den Test diverse Produktvorschläge für mich ausgespuckt. Zum Beispiel diesen Sattel hier, den ich jetzt natürlich unbedingt testen muss. Ob die paar Zentimeter weniger mehr Fahrvergnügen bedeuten? Ich werde den Ergowave active ausprobieren und lasse es dich wissen.

Titelfoto: Patrick Bardelli

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Vom Radiojournalisten zum Produkttester und Geschichtenerzähler. Vom Jogger zum Gravelbike-Novizen und Fitness-Enthusiasten mit Lang- und Kurzhantel. Bin gespannt, wohin die Reise noch führt.


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