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Hintergrund

Ausprobiert: von der Kaltduschen-Phobie zur Morgenroutine – dank eurer Tipps

Anna Sandner
18.7.2025

Eine kalte Dusche am Morgen belebt und stärkt das Immunsystem. Blöd nur, dass ich mich einfach nicht dazu überwinden konnte. Zwei Monate später nimmt mein gescheiterter Selbstversuch doch noch eine überraschende Wendung.

Vor zwei Monaten habe ich hier eine meiner bisher langwierigsten und für mich persönlich herausforderndsten Challenges geteilt. Der Plan: Morgens fit und munter in den Tag starten, dank kalter Dusche. Nach meinem geglückten Koffein- und Handy-Entzug, veganer Ernährung oder täglichem Rückentraining hätte ich nicht erwartet, dass mir gerade eine kalte Dusche die größten Schwierigkeiten bereiten würde. Doch die Überwindung war einfach zu groß.

Wenn du mein fulminantes Debakel in erster Runde noch nicht gelesen hast, kannst du dich hier amüsieren:

  • Hintergrund

    Ausprobiert: Morgens kalt duschen – not!

    von Anna Sandner

Das Gute aber: Kaum hatte ich mir mein Scheitern von der Seele geschrieben, kam aus der Community neben wenigen, sagen wir mal, «demotivierenden» Kommentaren («Wie wenig Disziplin muss man denn haben, dass man nicht mal kalt duschen kann???») eine ganze Bandbreite an guten Tipps und konkreten Anleitungen:

Ich dusche jeden Morgen am Schluss kalt. Davor aber sehr heiss :-) Ich habe damit begonnen, dass ich heiss duschte, dann auf eiskalt stellte und mit dem rechten Bein begann, dann das linke. Dann rechter Arm, gefolgt vom linken. Und am Schluss Körpermitte, Kopf und Rücken. Zuerst waren das nur drei oder vier Sekunden pro Stelle, unterdessen bin ich bei knapp zwei Minuten.
Communitymitglied natalie8000
Ich konnte nie kaltes Wasser ertragen, jetzt mache ich immer morgens Wechselduschen seit 20-25 Jahren und das ist unerlässlich für einen guten Start in den Tag. Ich stehe übrigens nicht unter der warmen Dusche, sondern massiere den ganzen Körper mit einem heissen aber sanften und breiten Strahl.
Communitymitglied ApfelKwaX
Ich mache das ohne graduell runter zu gehen. Kurz ein bisschen warm, dann direkt auf eiskalt. Es hilft, wenn man zuvor aktiv war.
Communitymitglied Hirsim

Was klar wird: Es gibt ganz unterschiedliche Herangehensweisen und Meinungen dazu. Während viele empfehlen, sich erst mit warmem Wasser aufheizen, um dann die Kälte besser ertragen zu können, gibt es auch die Fraktion «Sofort und ausschließlich kalt». Außerdem wurde mir zu Kalt-warmen-Wechselduschen geraten und den Körper mit dem Wasserstrahl warm zu massieren.

Die Kalt-Dusch-Profis unter euch hatten mich überzeugt: Jetzt war ich motiviert für einen neuen Anlauf.

Mit eurer Hilfe zur perfekten Strategie

Doch wie das Leben so spielt, wandte sich das Blatt, während ich noch mit der Planung beschäftigt war – dazu gleich mehr. Ich legte mir also eine optimierte Strategie zurecht: Mit warmem Wasser anfangen, dabei den Körper mit dem Wasserstrahl schon einmal gut durchmassieren und dann? Sollte ich besser Variante 1 wählen: Das Wasser auf einen Schlag auf eiskalt stellen und mich langsam Körperteil für Körperteil vorankämpfen, wie es Communitymitglied natalie8000 empfiehlt. Oder besser auf Variante 2 setzen, bei der ich das Wasser nach und nach immer kälter stelle, wie es bei ronnylevol geklappt hat.

Sofort ausgeschlossen hatte ich die Variante, bei der es direkt mit kaltem Wasser losgeht. Das hatte PadWorks empfohlen, aber an dieser Methode war ich ja schon lang genug gescheitert. Dafür kam hier ein weiterer super Hinweis:

Ganz wichtig dabei ist, die Atmung bewusst zu steuern, langsamer aus- als einzuatmen und die Muskeln zu entspannen. Mental sollte die Kälte akzeptiert (und genossen) werden.
Communitymitglied PadWorks

Die Atmung ist entscheidend, das wurde mir schon vor neun Jahren im Kreißsaal klar. Und was den Schmerz bei einer Geburt in Zaum halten kann (etwas zumindest), sollte schließlich auch bei kaltem Wasser helfen.

Und plötzlich ging es einfach von allein

Während ich also noch überlegte, ob ich mich besser Körperteil für Körperteil vorankämpfen oder die Dusche Grad für Grad herunterregeln sollte, kamen die ersten heißen Tage. Und die Hitze löste mein Problem ganz von allein. Denn wie im ersten Teil meines Versuchs schon erhofft, war mir nach der ersten heißen, schweißgebadeten Nacht sowieso gar nicht mehr nach einer heißen Dusche zumute. Und aller Planung zum Trotz ertappte ich mich plötzlich bei der eigentlich disqualifizierten Variante: Ich stand einfach unter der kalten Dusche und genoss!

Und damit bin ich wider Erwarten doch noch dem Tipp von A//S gefolgt:

Der Trick ist tatsächlich, es einfach zu tun und vorher gar nicht drüber nachzudenken.
Communitymitglied A//S

Nun hat die Hitzewelle nicht ewig angehalten und in meiner Wahlheimat Hamburg birgt zu meinem Leidwesen selbst das Sommerwetter Potenzial zum Frieren. Sodass ich nach meinem großen Durchbruch trotzdem noch die Chance hatte, mich an den verschiedenen Strategien zu versuchen.

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    Ausprobiert: Morgens kalt duschen – not!

    von Anna Sandner

Langsam herantasten: Welche Strategie ist angenehmer?

Einmal geschafft, verlor die kalte Dusche ihren Schrecken und so konnte ich mich in den nächsten Wochen daran machen, die für mich beste Strategie zu finden. Spoiler: Vielfalt ist mein Mittel der Wahl. Ich habe alles durchprobiert: Heiß anfangen, dann die Temperatur langsam runterregeln bis zum gerade noch erträglichen Maß und so lange aushalten, bis es anfängt weh zu tun. Oder: Direkt kalt starten und mich Stück für Stück vorarbeiten – erst die Arme, dann die Beine, schließlich Rumpf und zum Schluss noch kurz den Kopf. Und: Auch an den Wechselduschen habe ich mich versucht – warm, kalt, warm, kalt …

Und das Ergebnis? Am Ende hat jede der Optionen etwas für sich und ich konnte bisher keine klare Lieblingsstrategie festmachen. Den Körper erst mal aufzuheizen, hat den Vorteil, dass sich die Kälte danach angenehmer anfühlt. Das langsame Herantasten Körperteil für Körperteil finde ich angenehm, weil es quasi kleine Zwischenziele bereithält («Yeah, ich hab schon einen Arm geschafft»). Klassische Wechselduschen sind einerseits fies, weil ich mich immer wieder neu überwinden muss. Andererseits verliert das kalte Wasser bei dem ständigen Hin und Her seinen Schrecken, weil ich immer weiß, dass es gleich wieder warm wird.

Klar ist aber: Egal, welche Strategie ich gewählt habe, entscheidend waren zwei Punkte: Atmen: Kommt der Moment der Überwindung, hilft es mir extrem, mich auf eine tiefe, langsame Atmung zu konzentrieren. Das beruhigt und lenkt vom kalten Wasser ab, weil ich mich auf das Atmen fokussiere. Das richtige Mindset: Wenn ich vor der Dusche zögere, habe ich schon verloren. Ich muss mir sicher sein, dass ich es durchziehen werde und mir dabei schon vorstellen, wie gut es sich (danach) anfühlen wird. Dann klappt’s.

Im Sommer am See, im Freibad oder am Meer fiel es mir immer schon leicht(er), mich kalt abzuduschen. Mir diese Situationen vorzustellen vor der morgendlichen Eisdusche, hilft mir.
Im Sommer am See, im Freibad oder am Meer fiel es mir immer schon leicht(er), mich kalt abzuduschen. Mir diese Situationen vorzustellen vor der morgendlichen Eisdusche, hilft mir.

Und was hat mir das Ganze jetzt gebracht?

Die gesundheitlichen Vorteile habe ich in Teil eins bereits beschrieben – und ja, der Überwindungsversuch hat sich ausgezahlt. Eine kalte Dusche nach einer Tropennacht ist unbezahlbar. Das ist für mich sowas wie der Goldstandard der kalten Duschen geworden: Schweiß weg, Abkühlung her und munter für den Tag bin ich dann allemal. Diese Duschen kann ich mittlerweile tatsächlich genießen.

Aber auch an den kühleren Tagen drehe ich inzwischen irgendwann den Regler auf kalt. Wie schnell, wie lang und wie kalt hängt dann von meiner jeweiligen Verfassung ab. Denn wenn mir gerade gar nicht danach ist, tut es meinem Körper wohl auch nicht unbedingt gut. Den Effekt will ich nicht mehr missen: Ich fühle mich wach und frisch und friere den restlichen Tag nicht mehr.

Damit komme ich jetzt gut durch den Sommer. Wie es weitergeht, wenn der Winter kommt, wird sich zeigen. Mit etwas Glück sind die kalten Morgenduschen dann schon zur Gewohnheit geworden und ich mache einfach weiter.

Hier findest du meine anderen Ausprobiert-Wochen zum Nachlesen:

  • Hintergrund

    Ausprobiert: Gesunde Gewohnheiten im Selbstversuch

    von Anna Sandner

Titelbild: ANTHONY PAZ/Shutterstock

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Wissenschaftsredakteurin und Biologin. Ich liebe Tiere und bin fasziniert von Pflanzen, ihren Fähigkeiten und allem, was man daraus und damit machen kann. Deswegen ist mein liebster Ort immer draußen – irgendwo in der Natur, gerne in meinem wilden Garten.

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