Denon PerL Pro im Test: Ohr-Vermessung für perfekten Sound
Produkttest

Denon PerL Pro im Test: Ohr-Vermessung für perfekten Sound

Das japanische Traditionsunternehmen Denon setzt bei seinen PerL Pro auf Individualität. Mit der App vermessen sie dein Ohr, um dir das optimale Hörerlebnis zu verschaffen. Wie das funktioniert, verrate ich dir in meinem Test.

Denon hat sich vor allem mit Verstärkern und Plattenspielern einen Namen gemacht. Kopfhörer – vor allem In-Ears – waren eher eine Ausnahme. Die PerL Pro sind nun Denons Versuch, sich mit einer speziellen Technologie auf dem Kopfhörermarkt zu behaupten.

Aktive Geräuschunterdrückung und qualitativ hochwertiger Sound will Denon dir mit den PerL Pro verschaffen. Aber auch ein individuelles Hörerlebnis. Dafür bedienen sie sich der Technologie einer anderen Firma. Die Japaner arbeiten hier mit dem Medizintechnik-Unternehmen Masimo zusammen. Deren «Adaptive Acoustic Techology» soll bei den PerL Pro für einen personalisierten, verlustfreien Sound sorgen. Aber ich greife vor.

Erster Eindruck: Sitzt (wackelt nicht, hat keine Luft und das ist gut so)

Schon bevor ich die PerL Pro auspacke, werde ich mit Infos überhäuft. Auf der Rückseite der Verpackung erklärt mir Denon, wie das mit dem «Customized EQ» funktionieren wird. Nicht nur mit Worten – auch eine Grafik drucken sie auf den Umschlag drauf. Der Lieferumfang ist dann angenehm bescheiden. Die Kopfhörer samt Ladeschale, ein kurzes USB-A auf USB-C Ladekabel und einige Aufsätze in verschiedenen Grössen.

Die Ausstattung ist überschaubar, eine gedruckte Anleitung fehlt.
Die Ausstattung ist überschaubar, eine gedruckte Anleitung fehlt.
Quelle: Florian Bodoky

Auffällig sind hier zwei Dinge. Erstens: Neben den normalen Aufsätzen gibts noch Silikonaufsätze für den Hammerknöchelchen aussen am Ohr. In zwei verschiedenen Grössen. Und zweitens: Denon legt Aufsätze aus Silikon, aber auch welche aus Schaumgummi bei. Welche davon optimal für mein Gehör sind, wird mir von der App gesagt. Apropos App: Diese findest du am schnellsten, wenn du den QR-Code scannst, der beiliegt. Ebenso eine Anleitung für das Einrichten der PerL Pro. Auf ein gedrucktes Manual verzichtet der Hersteller.

Übermütig, wie ich bin, probiere ich die Kopfhörer sogleich an – ohne App. Ein breiter, runder Badge ragt aus meinem Ohr raus – wie ein Tunnel-Piercing, oder ein Funkstöpsel aus einem Agentenfilm der 70er Jahre. Auf den runden Panels findet sich jeweils ein kleines, dezentes Denon-Branding. Design: Naja, wem es gefällt.

Ein breiter, runder Badge ragt aus meinem Ohr
Ein breiter, runder Badge ragt aus meinem Ohr
Quelle: Florian Bodoky

Immerhin steht die grosse Aussenfläche des Stöpsels weit genug ab, und das Ungetüm reibt nicht an meinem Ohr. Trotz der grossen Fläche, die natürlich auch ein grosses Ziel für Regen abgibt, ist der Kopfhörer nach IPX4 vor Spritzwasser geschützt.

Recht schwer kommt mir der Ohrwurm auch vor. 8 Gramm sagt meine Drogen Küchenwaage. Also 16 Gramm insgesamt – viele True-Wireless-Hörer wiegen 4 bis 5 Gramm – zum Beispiel die AirPods Pro 2nd Gen. Mit ungefähr 50 Gramm schlägt derweil die Ladeschale zu Buche. Sie ist sehr wertig und solide verarbeitet, genau wie die Buds selbst auch.

Die PerL Pro sind ziemlich gross und schwer, zum Beispiel im Vergleich mit Apples Airpods Pro.
Die PerL Pro sind ziemlich gross und schwer, zum Beispiel im Vergleich mit Apples Airpods Pro.
Quelle: Florian Bodoky

Kaum im Ohr, begrüsst mich eine Stimme auf Deutsch. Und auch sie fordert mich gleich zum Download der App auf, «um mein Hörerlebnis mit der Technologie von Masimo zu personalisieren». Also gut.

Der App geht die Geduld aus

Ich lade die App herunter und werde zuerst einmal genötigt, einen Account zu erstellen. Das liebe ich ja. Aber Denon ist da nicht der einzige Hersteller, also was solls. Ich werde nach meiner E-Mail gefragt und muss sogleich in meinem Posteingang nach einem 2FA-Code suchen, um diese zu bestätigen. Danach möchte die App meinen vollständigen Namen, mein Alter und mein Geschlecht wissen. Da es ansonsten nicht weiter geht – und diese Personalisierung ja das Kernfeature ist – mache ich das.

Übrigens: Ich muss auch einverstanden sein, dass ich meine persönlichen Daten, vor allem jene zu meinen Ohr-Vermessungen, dem Hersteller für «interne Studien» zur Verfügung stelle.

Die App hilft als erstes dabei, den richtigen Aufsatz für die Hörer zu finden.
Die App hilft als erstes dabei, den richtigen Aufsatz für die Hörer zu finden.
Quelle: Florian Bodoky

Jetzt beginnt die Vermessung. Ich kann dabei bis zu drei verschiedene Profile anlegen, für den Fall, dass ich die Kopfhörer teilen möchte. Nun muss es um mich herum ganz still sein. Ich schliesse die Tür und bringe die Kaffeemaschine zum Schweigen. Zuerst prüft die App, ob ich die optimalen Aufsätze trage. Also weder zu klein noch zu gross, sodass ich weder Umgebungsgeräusche höre noch die Kopfhörer aus meinen Ohren quellen. Dabei werde ich von einer gestrengen, aber nicht unhöflichen, weiblich klingenden Computerstimme angeleitet.

Ich probiere verschiedene Aufsätze aus. Interessanterweise scheint links fast jeder Aufsatz zu passen – mein rechtes Ohr ist dagegen eine Knacknuss. Schlussendlich scheint der App die Geduld auszugehen. Sie zeigt mir rechts auch ein grünes Häkchen an, obwohl ich den gleichen Aufsatz vorher erfolglos ausprobiert habe. Um fair zu sein: Ich habe auch ein wenig daran herumgedreht. Also liegt es wohl daran, dass ich die Kopfhörer beim ersten Mal nicht richtig eingesetzt habe.

Danach geht der Hörtest los. Die Kopfhörer-Lady verkündet, dass sie nun untersuche, «wie ich Musik höre». Star-Trek-eskes Gepiepse beginnt. Ich sitze ganz still da, bewege mich nicht und schweige – wie geheissen. Nach einer Minute ist die Messung beendet. Die App erstellt mein Profil mit individuellen Anpassungen.

Immersiver Bass – so lob ich mir das

Nach erfolgreicher Individualisierung wird mir ein Track vorgespielt – «View2» von Sasha. Damit ist aber nicht der poppige Posterboy aus den 90er-Jahren gemeint – offenbar gibt es mehrere Künstler, die so heissen. Ich kann zwischen «Default» und «Personalised» wechseln, um den Unterschied zu hören. Die Dame in meinen Kopfhörern kam in ihren Untersuchungen offenbar zum Schluss, dass ich jede Menge Bass brauche. Anschliessend kann ich noch mein bevorzugtes Immersionslevel auswählen – also noch mehr Bass. Ich muss aber ehrlich sagen: Der Sound klingt fantastisch. Ich versinke in der Chillhouse-Mucke, die mir «Eben-nicht-dieser»-Sasha vorspielt.

Nach der Vermessung demonstriertmir die App den Unterschied demonstriert.
Nach der Vermessung demonstriertmir die App den Unterschied demonstriert.
Quelle: Florian Bodoky

Dazu swipe ich durch die App und schaue, was diese noch zu bieten hat. Einiges. Ich kann Multipoint aktivieren, sollte ich mehrere Devices mit den PerL Pro verbunden haben. Auto-Pause aktivieren – sodass die Musik unterbricht, wenn ich einen Kopfhörer herausnehme. Spatial Audio – also eine Art «3D-Surround Mode» gibt es auch. Der ist nett – hat aber kein «Head Tracking» wie etwa beim Bose Quiet Comfort Ultra.

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Active Noise Cancelling und «Social Mode» kann ich auch aktivieren. Also entweder totale Ruhe oder aber Geräusche von aussen wahrnehmen. Daneben gibts noch einen Equalizer, mein Hörprofil wird angezeigt und vieles mehr. Allein schon wegen des Hörprofils solltest du die App installieren, sonst sind die Denon PerL Pro nur die Hälfte wert.

Was ich cool finde: das individuelle Festlegen der Touch-Steuerung. Rechts tippen: Play/Pause sowie Annahme eines Anrufs. Zweimal tippen: Skip. Links tippen: Wechsel zwischen ANC und Social Mode sowie Aktivieren des Voice Assistants.

Also Bass – und sonst so?

Natürlich höre ich mir nun noch mehr Musik an. Ich verbinde die PerL Pro dafür mit meinem Android-Phone, denn das iPhone unterstützt kein AptX Lossless. Die PerL Pro bieten das an, ausserdem noch Dirac Virtuo und AptX Adaptive. Ausserdem unterstützen sie Bluetooth 5.3. Ich höre mir die folgenden drei Stücke an:

Fishies – The Cat Empire

Mit diesem Track möchte ich die Balance der PerL Pro testen. Kurz gesagt: Hier können sie mit meinem individuellen Profil nicht wirklich punkten. Wenn ich den Immersive-Modus komplett auf null stelle und am Equalizer den Bass reduziere, befinde ich mich auf einem allgemein verträglichen Basslevel. Ansonsten ist er sehr dominant. Prinzipiell sagt mir das zwar zu, aber für den breiten Geschmack sind die PerL Pro so etwas zu «einseitig begabt». Wenn du also etwas Ausbalancierteres, Präziseres suchst, schau lieber nach den neuesten Sennheiser Momentum True Wireless 3.

15 Step – Radiohead

Der gut 15 Jahre alte Song der Elektrorocker startet mit einem Drumsolo, danach gesellen sich Bass und Gitarre dazu. Sowohl die Drums als auch das Falsett des Leadsängers zeigen, dass der PerL Pro auch Höhen spielen kann, aber nur wenn wenig bis nichts das kontrastiert. Ohne zu viele elektronische Elemente sind die Kopfhörer top. Was man den PerL Pro ebenfalls zugute halten muss: Sie ziehen die Instrumente gut auseinander – jedes ist für sich gut zu hören. Kakophoniegefahr gleich null.

60 Feet Tall – The Dead Weather

Here we go! Die raue, krächzige Stimme von Alison Mosshart, das wilde Schlagzeug und die schrammlige Gitarre ergeben eine Symphonie, die wie gemacht ist für die PerL Pro. Ich wähne mich an einem Konzert, die Gitarre dringt von rechts in meinen Gehörgang, Bass und Drums links. Der Surround-Effekt schlägt voll zu und ich versinke im Sound. Es fehlt etwas an Präzision, aber bei diesen tiefen Klängen spielt der PerL Pro seine Stärken definitiv aus.

Telefonieren – wenns eher ruhig ist

Übrigens brauchst du dir auch wegen des Telefonierens meist keine Sorgen zu machen. Insgesamt haben die PerL Pro acht Mikrofone verbaut – vier in jedem Bud. Meine Stimme war im Test klar und deutlich zu hören. Allerdings empfiehlt sich für dich eine ruhige Umgebung. Vor allem mit aktiviertem Social Mode. Ansonsten kann es etwas laut werden für die Person am anderen Ende der Leitung.

Anders als die aktive Geräuschunterdrückung hat mich der Social Mode in meinem Test nicht wirklich überzeugt. Die verbauten Mikrofone, die die Umgebungsgeräusche ans Ohr liefern, haben ein deutlich wahrnehmbares Eigenrauschen. Das ist schade. Das nervt nicht nur beim Telefonieren, sondern auch wenn du die Aussenwelt beim Musikhören trotzdem wahrnehmen willst – etwa beim Joggen.

Akku: Hält ordentlich lange

Tiptop finde ich die Akkulaufzeit. Nach drei Stunden des Musikhörens und Telefonierens mit aktivierter Geräuschunterdrückung zeigt mir die App noch immer einen Ladestand von über 60 Prozent an. Mehr als mein Smartphone. Acht Stunden halten die Hörer durch, drei weitere Ladezyklen stellt zudem die Ladeschale zur Verfügung. Mit diesen Werten steht Denon gut da. Praktisch: Wenn du die Buds herausnimmst, schalten sie nach ein paar Minuten von selbst ab – auch wenn sie nicht in der Ladeschale sind.

Fazit

Fazit: Tief im Kernbusiness

Der Sound überzeugt. Er mag etwas basslastig sein, ist aber qualitativ wirklich hochstehend. Auch die App ist stark und die Akkuleistung in Ordnung. Cool ist auch die Individualisierung. Ich habe einen massiven Unterschied gehört und das individuelle Profil hat mich sehr ins Geschehen gezogen. Dem entgegen steht das Design. Es ist Geschmacksache, aber mir gefällt es gar nicht. Zudem sind die Hörer relativ schwer. Auch der Transparenzmodus überzeugt mich leider nicht – das Eigenrauschen nervt.

Zudem: Wenn du ein iPhone hast, entgeht dir jede Menge Musikqualität. Denn der AptX Lossless Codec funktioniert hier nicht. Das liegt allerdings am iPhone, nicht an den Kopfhörern. All in all: Trotz des Preises gehst du einige Abstriche ein. Wenn du aber primär Wert auf wirklich gutem Sound mit Tendenz zum Bass legst – hau rein.

Pro

  • Sound
  • Akku

Contra

  • Design ist Geschmacksache
  • Social Mode
  • Bequemlichkeit
Titelbild: Florian Bodoky

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Seit ich herausgefunden habe, wie man bei der ISDN-Card beide Telefonkanäle für eine grössere Bandbreite aktivieren kann, bastle ich an digitalen Netzwerken herum. Seit ich sprechen kann, an analogen. Wahl-Winterthurer mit rotblauem Herzen.


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