Produkttest

Die Polaroid I-2 ist unverhältnismässig teuer

Die I-2 ist die beste aller Polaroid-Kameras, aber der Aufpreis steht in keinem Verhältnis zum Mehrwert. So lautet der Befund nach einem Vergleich mit der günstigeren Polaroid Now Gen 2.0.

Michelle und ich haben einen Nachmittag lang zwei Polaroid-Kameras ausprobiert. Bei der einen handelt es sich um die neue, teure Polaroid I-2 und bei der anderen um die viel günstigere Polaroid Now Gen 2.0. Wir wollten wissen: Ist die I-2 den viel höheren Preis wert?

Wir testen aus der Warte von Anfängern. Ich kenne mich zwar mit Fotografie aus, aber nicht mit den Details der Polaroid-Kameras. Michelle hat Erfahrung mit Instax-Mini-Kameras und -Druckern, mit Polaroid aber ebenfalls nicht.

Für uns als Anfänger wurde an diesem Nachmittag klar, dass sich die I-2 nicht lohnt. Sie ist zwar in vielen Details besser; aber wir konnten davon kaum profitieren. Wer einfach nur knipsen will, greift besser zum günstigen Modell.

Die Unterschiede in Theorie und Praxis

Die Vorteile der Polaroid I-2 gegenüber der günstigen Now Gen 2.0:

  • Besseres Objektiv: Die Lichtstärke ist mit f/8 gegenüber f/11 eine Blendenstufe höher.
  • Blende und/oder Verschlusszeit lassen sich manuell einstellen.
  • Die I-2 kann über eine Smartphone-App gesteuert werden.
  • Info-Screen: Blende, Verschlusszeit, Akkustand und verbleibende Bilder werden angezeigt. Bei der Now Gen 2 siehst du nur die Anzahl verbleibender Bilder.
  • Sie hat ein Stativgewinde, kann also auf ein gewöhnliches Stativ montiert werden.
  • Der Sucher ist grösser und zeigt Aufnahmeparameter an.
  • Es sind Mehrfachbelichtungen mit drei oder vier Bildern möglich. Die Now Gen 2 kann nur Einfach- oder Zweifachbelichtungen.
  • Das Objektiv hat ein Filtergewinde für Farb- oder Graufilter.

Diese Vorteile haben uns jedoch wenig gebracht.

  • Der Bildschirm lässt sich im Sonnenlicht kaum ablesen.
  • Die Blendenwahl ermöglicht in Kombination mit der höheren Brennweite Fotos mit verschwommenem Hintergrund. Mit der Polaroid Now ist das kaum möglich. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind allerdings bescheiden, weil f/8 immer noch eine recht hohe Tiefenschärfe hat. Und auch bei f/8 muss es sehr hell sein, um ohne Blitz fotografieren zu können.
  • Die Wahl der Belichtungszeit bringt uns nicht viel. Die kürzeste Verschlusszeit beträgt 1/250 Sekunde. Digitalkameras schaffen mindestens 1/4000 Sekunde. Schnelle Bewegungen wie Wasser können mit der Polaroid I-2 nicht eingefroren werden.
  • Langzeitbelichtungen sind schwierig. Da die ISO-Empfindlichkeit auf 640 fixiert ist, kannst du bei Tageslicht nicht einmal eine Sekunde belichten. Du bräuchtest einen Graufilter.
  • Noch schwieriger finden wir Drei- oder Vierfachbelichtungen. Wir müssten wahrscheinlich viele Szenen ausprobieren und viele Filme verbrauchen, bis wir etwas finden, das gut funktioniert. Unsere Idee war offensichtlich nicht so brillant. Da das Ganze analog ist, kannst du das Ergebnis schwer im Voraus abschätzen und verbrauchst bei jedem Fehlschuss ein Bild. Eine Filmkassette hat nur acht Bilder, erzeugt eine Menge Abfall und ist teuer.

Die Bildqualität mit der I-2 ist nicht generell höher als mit der Polaroid Now+ Gen 2.0. Bei Porträts ist sie im Vorteil: Der Bildausschnitt ist besser für Gesichter und der Hintergrund verschwimmt mehr. Letztlich hat aber der Polaroid-Film gewisse Einschränkungen und kommt nie an die Qualität heutiger Digitalkameras heran. Das hat durchaus Charme. Aber dafür brauchst du keine Kamera, die so teuer ist.

Mit der Polaroid Now Gen 2 (links) wird alles scharf, wie bei einem Handyfoto. Mit der I-2 (rechts) bist du näher dran und hast einen verschwommenen Hintergrund.
Mit der Polaroid Now Gen 2 (links) wird alles scharf, wie bei einem Handyfoto. Mit der I-2 (rechts) bist du näher dran und hast einen verschwommenen Hintergrund.
Quelle: Michelle Brändle/David Lee
Bei wenig Licht ist die Qualität aber auch mit der I-2 nicht besonders gut.
Bei wenig Licht ist die Qualität aber auch mit der I-2 nicht besonders gut.
Quelle: David Lee

Ausser Konkurrenz: SX-70

Von Ramon bekamen wir eine Polaroid SX-70 aus den 70er-Jahren zum Vergleich. Die hat weder Blitz noch Autofokus – mit ihr ist es am schwierigsten, ein gutes Foto zu machen. Zudem ist sie auf Filmkartuschen angewiesen, die einen Akku eingebaut haben – das ist noch umweltschädlicher, als es die Filme eh schon sind. Aber der Klappmechanismus ist dermassen cool, dass er für mich sämtliche Nachteile wettmacht. Die SX-70 ist für mich der heimliche Testsieger – ausser Konkurrenz, da nicht mehr erhältlich.

Die Now+ kann vieles, was die I-2 kann

Eine Ergänzung zum Video, die unbedingt notwendig ist: Mit der Polaroid Now+ Gen 2.0 gibt es eine Kamera, die besser ist als die von uns getestete Now Gen 2.0 ohne Plus im Namen. Wie die I-2 kannst du sie mit der App verbinden und Farbfilter montieren. Ein Stativgewinde hat sie ebenfalls. Damit kommt sie nahe an die I-2 heran, und das zu einem viel günstigeren Preis. Dieses Modell ist mein persönlicher Favorit und meine Empfehlung: Wenn eine Polaroid, dann diese.

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Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 


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