OFDMA und MU-MI-wieviel? Was ist eigentlich Beamforming?
Ratgeber

OFDMA und MU-MI-wieviel? Was ist eigentlich Beamforming?

Martin Jud
3.6.2020

Ohne Beamforming gäbe es kein 5G. Auch führen «geformte Funkstrahlen» dazu, dass Wi-Fi-Router eine bessere Signalstärke beziehungsweise Reichweite bieten.

Beamforming gibt es nicht nur beim Funk. Die Technik kann theoretisch überall da angewendet werden, wo Wellenfelder existieren. In der Akustik können Beamforming-Algorithmen bei Richtmikrofonen zur Lokalisierung von Schallquellen eingesetzt werden. Oder die Technik sorgt dafür, dass der Schall seinen Weg besser von den Surround-Boxen zur Sitzposition findet. Bei der wörtlich übersetzten Strahlformung geht es darum, eine Quelle in Wellenfeldern zu bestimmen, um diese danach gezielt zu bestrahlen oder beschallen.

Ein Wi-Fi-Router ohne Beamforming-Technik funkt mit gut Glück in alle Richtungen, insofern kein störendes Objekt im Weg steht. Einer mit Beamforming funkt gezielt zum Endgerät. Das setzt allerdings voraus, dass das Endgerät erst dem Router mitteilt, wo es sich überhaupt befindet sprich, dass es dieselbe Technologie beherrscht.

Den Ursprung findet Beamforming übrigens bereits im Zweiten Weltkrieg. In den 1940er wird es zur Verbesserung von U-Boot-Sonaren eingesetzt. Dazu bediente sich die Wissenschaft nicht nur komplexer Mathematik, sondern auch aufwendiger Technologie bestehend aus Wandler, Vorverstärker, Digitalisierer und Hardware zur Beamforming-Berechnung.

Beamforming-Voraussetzung: Eine Antenne ist nicht genug

Im WLAN sorgt Beamforming dafür, dass der Router sein Signal aufs Empfangsgerät fokussiert. Das tut er – später mehr dazu –, indem er mehrere sich überlappende Signale aussendet. Die Voraussetzung dazu ist ein Router, der über mehrere Antennen verfügt beziehungsweise über eine Technik wie MIMO. Wi-Fi-Router mit der «Multiple-Input, Multiple-Output»-Technologie sind in der Lage verschiedene Antennen zu nutzen. Darüber hinaus können sie vier Downlink-Datenströme parallel übertragen. Erste MIMO Router sind Ende 2009 gemeinsam mit dem Wi-Fi-4-Standard 802.11n auf den Markt gekommen. Doch steht bei 802.11n nicht festgeschrieben, wie Beamforming in Routern implementiert werden soll. Daher gab es nur wenige proprietäre 802.11n-Produkte mit Beamforming-Technik.

Erst mit Wi-Fi-5 respektive 802.11ac erreicht Beamforming die Masse. Ab 2014 funken neue Router nicht nur mit verschiedenen Antennen neu simultan bis acht unterschiedliche Downlink-Datenströme – dank MU-MIMO wird es auch möglich, verschiedene Endgeräte damit zu beliefern. Der neue Standard bringt aber nicht nur die «Multi-user Multiple-Input, Multiple-Output»-Technologie, mehr Datendurchsatz und viele andere Verbesserungen; endlich enthält er auch einige spezifizierte Beamforming-Techniken. Und obschon ein 802.11ac-Router nicht verpflichtet ist, über Beamforming zu verfügen, implementieren es ab da praktisch alle Hersteller in ihren Produkten.

Scotty beam mich hoch: MU-MIMO Uplink und OFDMA

Damit neue Technik funktioniert, muss sie nicht nur vom Wi-Fi-Router, sondern auch vom jeweiligen Endgerät unterstützt werden. Sollte die alte PS3-Konsole nach dem Router-Upgrade noch immer nicht auf Touren kommen, liegt das also nicht daran, dass eine Funktion des Routers defekt ist, sondern am veralteten 802.11g-Chip der Spielkiste.

Ab Wi-Fi-6, dessen Zertifizierung seit September 2019 möglich ist, bekommt die MU-MIMO-Technik ein Upgrade. Einen MU-MIMO Uplink, der allerdings noch etwas auf sich warten lässt. Aktuelle Wi-Fi-6-Router verfügen noch nicht über diesen. Denn die Integration der Technik folgt in kommenden Wave-2-802.11ax-Produkten. Ganz neu ist der Uplink nicht, doch war er bisher einigen wenigen Wave-2-802.11ac-Produkten vorenthalten.

Weiter bekommt MU-MIMO bei Wi-Fi-6 einen starken Partner zur Seite. Dabei handelt es sich um denselben Partner, der auch bei der 5G-Technologie gemeinsam mit MU-MIMO in der Kiste steckt: OFDMA.

MU-MIMO wie auch OFDMA sind Multi-User-Technologien – sie können künftig beide unterschiedliche Daten mit verschiedenen Geräten zur selben Zeit im Down- und Uplink austauschen. Sie sorgen beide dafür, dass Latenzzeiten reduziert und die Effizienz des WLANs verbessert werden. Doch geht die «Orthogonal frequency-division multiple access»-Technologie einen anderen Weg, indem sie zusätzlich einen Funkkanal in kleinere Unterkanäle unterteilt. So kann beispielsweise ein 20-MHz-Kanal in bis zu neun kleinere Kanäle aufgesplittet werden. Danach wird dem jeweiligen Unterkanal einen Zeitintervall zugewiesen. Der Router beliefert die Unterkanäle beziehungsweise verschiedenen Endgeräte nun abwechselnd mit Daten, wobei das alles in enorm kurzen Abständen geschieht. Winzige Zeitfenster sorgen dafür, dass das alles scheinbar nahtlos abläuft.

Auf den ersten Blick ist OFDMA die Konkurrenz von MU-MIMO. Allerdings trügt der Schein, denn die beiden Techniken ergänzen sich bestens. Benötigt eine Anwendung eine hohe Bandbreite, ist MU-MIMO zur Stelle und steigert die Verbindungseffizienz besser, als es OFDMA könnte. Bei geringer Bandbreite respektive kleinen Datenpaketen performt OFDMA besser. Werden niedrige und hohe Bandbreiten gemischt, ist OFDMA ebenso eine gute Wahl. Ein AX-Router entscheidet situativ anhand vordefinierter oder angepasster Algorithmen, ob er Daten mittels Multi-User-MIMO, OFDMA oder gar Single-User-MIMO überträgt.

Unterm strich erhöht OFDMA also die Effizienz, reduziert die Latenzzeit effektiver und kann erheblich mehr Endgeräte gleichzeitig mit kleinen Paketen bedienen, als es MU-MIMO kann. Dafür erhöht MU-MIMO die Kapazität, bringt eine höhere Geschwindigkeit pro Nutzer und ist bestens geeignet, wenn du dir einen grossen Film aus dem Netz ziehst.

Was ist nun mit Beamforming?

Die Voraussetzung, dass ein Wi-Fi-Router mit verschiedenen Antennen umzugehen weiss, sind mit einem Verfahren wie MU-MIMO oder OFDMA gegeben. Doch ist das ein kleiner Teil von all dem, was in einem aktuellen Router steckt. Bei Wi-Fi-6 sind über 50 Features geplant, welche teilweise bereits in den aktuellen Produkten vorhanden sind, oder noch folgen werden. Und da sind auch noch weitere Dinge, welche die Leistung erheblich beeinflussen können. Ungenannt darf an dieser Stelle die Quadraturamplitudenmodulation nicht bleiben, welche wie die beiden MU-Technologien auch bei 5G zur Anwendung kommt.

Doch zurück zum Beamforming, das noch mal einen zusätzlichen Turbo zündet: Sendet eine Antenne sein Signal kreisförmig in alle Richtungen, wird das Signal am Rand des Empfangsgebietes schwächer. Das kann ausgeglichen werden, indem anstelle in Kreisform, in Form einer länglichen Keule in Richtung Endgerät gefunkt wird. Dazu müssen keine Antennen physikalisch ausgerichtet werden. Ein gezielter starker Beam wird durch die Phasenverschiebung sowie Mehrwegeausbreitung des Signals erreicht. Verschiedene Antennen, die nah beisammen stehen, senden dazu in enorm kurzen Abständen dasselbe Signal. Dabei schichten sich die verschiedenen Signalwellen und führen zu einer Interferenz. Die Überlagerung der Wellen kann dabei je nach Ort eine destruktive oder konstruktive Interferenz zur Folge haben. Die Wellen löschen sich entweder gegenseitig aus oder verstärken sich und wirken gebündelt.

Beamforming muss also korrekt durchgeführt werden, um ein Signal stark und fokussiert hinzubekommen. Eine komplizierte Geschichte, die aber gerade für 5G bedeutsam ist. Da der neue Standard auf höheren Frequenzbändern funkt und höhere Frequenzen eine geringere Reichweite haben als tiefere, werden Technologien benötigt, die dies ausgleichen.

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Der tägliche Kuss der Muse lässt meine Kreativität spriessen. Werde ich mal nicht geküsst, so versuche ich mich mittels Träumen neu zu inspirieren. Denn wer träumt, verschläft nie sein Leben.


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