Razer Iskur XL im Test: Ein Stuhl für Schwergewichte
Produkttest

Razer Iskur XL im Test: Ein Stuhl für Schwergewichte

Martin Jud
5.7.2022

Der Gaming Chair Iskur XL von Razer bietet eine frei einstellbare Lendenwirbelstütze. Das XL im Namen lässt auf Grösse schliessen, die der Stuhl im Test teilweise vermissen lässt.

Jens sitzt auf einem wenige Jahre alten, wackeligen Gaming Chair von Noblechairs. Er wackelt, da die Gasdruckfeder nicht mehr so mitmacht, wie sie sollte – mit den Armlehnen ist es dasselbe. Doch Jens ist das gewohnt – Gaming-Stühle halten bei ihm jeweils nur zwei-drei Jahre. Und das, obschon sein jetziger Stuhl bis 150 Kilogramm aushalten soll – Jens wiegt 130 Kilogramm.

Vielleicht hatte der 32-jährige Automechaniker und Hobby Gamer aus dem Kanton Solothurn bisher nur Pech mit Montagsmodellen. Vielleicht ist aber auch was dran, dass XL-Stühle für Gamer weniger aushalten, als die Hersteller versprechen. Jedenfalls will Jens endlich einen Stuhl, der «dauerhaft» hält. Ich habe ihn als XL-Stuhltester auserkoren. Er hat vor einiger Zeit in einem Community-Kommentar darauf aufmerksam gemacht, dass er gut als Tester geeignet wäre. Nachdem ich ihn kennengelernt habe, begeben wir uns nun gemeinsam auf die Suche nach dem perfekten Stuhl für Wohlbeleibte. Der erste Testkandidat ist der Iskur XL von Razer, um den es in diesem Beitrag geht.

Das soll der XL-Stuhl können

Der Gaming Chair verspricht bis 180 Kilogramm auszuhalten und bietet nebst den gewohnten Features auch eine frei einstellbare Lendenwirbelstütze. Richtig eingestellt stützt sie die Lordose – also die natürliche Krümmung – im Lendenwirbelbereich deines Rückens. Die Wirbelsäule wird im unteren Bereich entlastet und Rückenschmerzen hoffentlich ferngehalten.

Für den Test hat Razer den Iskur XL mit dunkelgrauem Stoffüberzug zur Verfügung gestellt:

Den Iskur XL mit Lendenwirbelstütze gibt es auch mit schwarzem Kunstleder und schwarzen Nähten – sowie mit Kunstleder und neongrünen Nähten.

Die Spezifikationen des Herstellers sind, wie so oft bei Gaming Chairs, eher spärlich. Angaben zur Grösse der Sitzfläche, zur einstellbaren Sitzhöhe oder zum Stuhlgewicht fehlen. Daher vertrauen wir vor dem Test darauf, dass das XL im Namen auch einem XL-Stuhl entspricht.

Bekannt ist die bereits erwähnte maximale Belastbarkeit von 180 Kilogramm – die empfohlene Körpergrösse beträgt 180 bis 208 Zentimeter. Kleiner zu sein, ist dennoch meist kein Problem – nur ist dann das Nackenkissen allenfalls nicht an wunschgemässer Position zu fixieren. Der Stuhl besteht aus Stoff, hochverdichtetem Formschaum, Metall, Sperrholz und Kunststoff. Weitere Specs sind: Rückenlehnen-Neigungswinkel von 139°, stufenlos einstell- und arretierbare Wippfunktion, 4D-Armlehnen, Gasdruckfederklasse 4, Metallfusskreuz, Nackenkissen und die bereits erwähnte stufenlos einstellbare sowie vollständig geformte Lordosenstütze (Lendenwirbelstütze).

Guter erster Eindruck: Zusammenbau und Materialcheck

Dass es gerade dieses Modell in unseren ersten XL-Stuhltest schafft, ist kein Zufall. Jens hat sich den Iskur XL zum Testen gewünscht, da der normale Iskur bereits einen schlaksigen Stuhltester überzeugte.

  • Produkttest

    Razer Iskur: Ergonomischer Gaming Chair mit Lordosenstütze im Test

    von Martin Jud

Für den Zusammenbau benötigt Jens etwa 15 Minuten. Dank der Schritt-für-Schritt-Anleitung auf einem beiliegenden Poster ist er ein unkomplizierter Vorgang, für den keine besonderen Werkzeuge oder besonders handwerkliches Geschick notwendig sind. Jens begutachtet zufrieden das Ergebnis. Er ist bisher Kunstleder gewohnt, daher fühlt sich der Stoff ungewohnt, aber überraschend angenehm an. Wie eine weiche Jeans, die dennoch Robustheit bietet. Der Look und die Farbe gefallen ihm – der Stuhl macht einen guten ersten Eindruck.

Das Grau wirkt je nach Lichtverhältnis anders – mit viel Tageslicht erstrahlt es hell.
Das Grau wirkt je nach Lichtverhältnis anders – mit viel Tageslicht erstrahlt es hell.
Quelle: Jens Berlin

Positiv fällt ebenso auf, dass nicht nur der Rahmen aus Metall ist, sondern auch das Fusskreuz und die Armlehnenkonstruktion. Das erhöht hoffentlich die Langlebigkeit. Die Lehnenoberflächen findet Jens angenehm gummiert. Doch wie sitzt es sich in ihm – was passiert, wenn Jens in den Stuhl sinkt?

Nich nur Katzen und Kinder mögen Kartonkisten ...
Nich nur Katzen und Kinder mögen Kartonkisten ...
Quelle: Jens Berlin

So sitzt es sich auf dem XL-Razer

Nach einem langen Arbeitstag freut sich Jens auf die erste Gaming Session im Iskur XL. Er sinkt in den Stuhl und wird dabei von einem leisen Knarzen begrüsst. Das Geräusch entsteht bei Gewichtsverlagerung unregelmässig irgendwo unter der Sitzfläche und stört nicht weiter.

Beim Einstellen des Stuhles fällt Jens auf, was auch mir beim normalen Iskur aufgefallen ist. Der Hebel für die ausfahrbare Lordosenstütze ist so angebracht, dass er nur schwer bedient werden kann. Er liegt vor der rechten Armlehne unter dem Sitz. Das erschwert es, gleichzeitig am Hebel zu ziehen und die perfekte Position der Stütze mit dem Rücken zu erfühlen. Bei der XL-Variante sind zudem auch sämtliche anderen Bedienelemente im Sitzen schwer erreichbar.

Ist die Stütze korrekt eingestellt, fühlt sie sich wunderbar an. Jens ist begeistert. Wie ein Bierbauch fährt sie aus dem Stuhl und stützt beim Sitzen die Lende, um Rückenschmerzen zu vermeiden. Und anfangs scheint auch der Rest des Stuhles gut zu Jens zu passen. Die Sitzfläche ist weder zu hart noch zu weich. Die Ergonomie ist dank korrekter Sitzhöhe und Armlehnenposition gegeben. Nach zwei Stunden Zocken fühlt sich Jens im Iskur XL pudelwohl.

Wenige Tage später beschränkt Jens das Sitzen nicht nur auf eine Gaming-Session. Er bastelt am Wochenende stundenlang an einem Server herum. Wobei nach einigen Stunden seine beiden Oberschenkel zu schmerzen beginnen. Die Ursache ist schnell gefunden: Nach einiger Zeit sitzt Jens mit gespreizten Beinen im Stuhl. Dafür ist allerdings die Sitzfläche etwas zu schmal und seine Beine ruhen auf den seitlichen Polstern. Dummerweise befindet sich in der Polsterung ein Stahlrohr, das unangenehme Druckstellen verursachen kann.

45 Zentimeter Sitzflächenbreite sind für einen XL-Stuhl etwas knapp bemessen.
45 Zentimeter Sitzflächenbreite sind für einen XL-Stuhl etwas knapp bemessen.
Quelle: Jens Berlin

Jens misst nach. Die Sitzfläche ist 45 Zentimeter breit und 52 Zentimeter tief. Damit ist der Iskur XL in der Breite eher ein Iskur L. Das ist schade, aber weniger schlimm als anfänglich gedacht.

An dieser Stelle der Geschichte stand ich Jens beratend zur Seite. Persönlich riet ich ihm, den Stuhl nicht weiter zu testen, wenn er unbequem ist. Doch Jens wurmt es, dass er wegen dieser Kleinigkeit den Stuhl aufgeben soll. Einige Tage nach der Verbannung des Stuhles holt er ihn zurück ins Büro. Er gewöhnt sich daran, dass der Stuhl eine scheinbar nutzlose Seitenversteifung aufweist – und dass er deshalb etwas weniger breitbeinig darin sitzen kann. Und so berichtet er mir vier Monate nach dem Zusammenschrauben, dass er das Produkt ganz gerne mag und weiter täglich im Einsatz hat. Das Beste am Stuhl sei, dass er und insbesondere sein Rücken sich darin gut fühlen. Rückenschmerzen sind kein Thema.

Einen neuen Wermutstropfen gibt es aber dennoch: Das Stuhlmaterial hat nach den vier Monaten bereits gelitten. Der Stoffüberzug weist Abnutzungsspuren auf. Die erweisen sich beim Drüberfahren mit den Fingern jedoch als nur optischer Natur – der Stoff scheint nicht aufgeraut zu sein. Dennoch; mit der Leder-Version wäre das vermutlich nicht passiert.

Bei der Sitzfläche weist der Stoff nach wenigen Monaten optische Abnutzungsspuren auf.
Bei der Sitzfläche weist der Stoff nach wenigen Monaten optische Abnutzungsspuren auf.
Quelle: Jens Berlin

Trotzdem hat der Stoff auch sein Gutes, da er den Stuhl atmungsaktiver macht. Dadurch schwitzt Jens beim Sitzen nicht.

Fazit: Guter Stuhl, mit zwei Aber

Der Razer Iskur XL ist ein guter Stuhl mit ordentlich durchdachten Ergonomie-Features wie der Lendenwirbelstütze. Jedoch ist er dafür, dass er bis 180 Kilogramm aushalten soll und ein XL im Namen trägt, für unseren Geschmack etwas zu schmal geschnitten. Daher empfehlen wir vor dem Kauf unbedingt abzuklären, ob 45 Zentimeter genügend in der Breite sind. Weiter sollte der Kauf einer Stoff-Version gut überlegt sein, da diese im Test bereits nach vier Monaten Verfärbungen bei der Sitzfläche aufweist.

Schade, hat uns dieser Test noch nicht gänzlich befriedigt. Wir werden uns daher bald einen neuen XL Gaming Chair vornehmen. Falls du Vorschläge hast, welches Modell sich gut eignen dürfte, sind wir ganz Ohr.

24 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Der tägliche Kuss der Muse lässt meine Kreativität spriessen. Werde ich mal nicht geküsst, so versuche ich mich mittels Träumen neu zu inspirieren. Denn wer träumt, verschläft nie sein Leben.


Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

Kommentare

Avatar