Umstieg auf Mac: Die Software
Hintergrund

Umstieg auf Mac: Die Software

David Lee
29.3.2021

Meine liebsten Windows-Programme gibt's nicht alle auch für den Mac. Aber ich habe überall einen brauchbaren Ersatz gefunden. Nach drei Monaten Homeoffice ist die Bilanz positiv.

Anfang Jahr habe ich erklärt, wieso ich von Windows auf Mac umsteige, in einem zweiten Teil ging es um mein konkretes Hardware-Setup. Es bleibt noch der Teil über die Software.

  • Meinung

    Warum ich auf Mac umsteige

    von David Lee

  • Hintergrund

    Umstieg auf Mac, Teil 2: Die Hardware

    von David Lee

Nativ oder mit Rosetta 2

Apple verwendet in den neuen Macs eine völlig andere Chip-Architektur als zuvor. Darum läuft Software für die bisherige Intel-Architektur auf den neuen Macs nicht nativ. Dank einer ins System integrierten Übersetzungskomponente klappt es dennoch. Ausserdem laufen auch iPhone- und iPad-Apps nativ, da der neue Chip M1 eng mit den Chips aus den mobilen Geräten verwandt ist. Somit gibt es drei Typen von Software, die ein Mac mit M1-Chip verarbeiten kann:

  1. Programme für die neue Chip-Architektur
  2. Programme für die bisherigen Macs mit Intel-Prozessoren
  3. Apps für iPhone und iPad

Den dritten Typ habe ich bereits abgehandelt. Kurzzusammenfassung: In meinem Alltag spielen iOS-Apps auf dem Mac bislang praktisch keine Rolle.

Rosetta 2 heisst der Teil des Betriebssystems, der die Software für Intel-Macs für den ARM-Befehlssatz der Silicon-Architektur übersetzt. Das geschieht teilweise während der Ausführung; zu einem grossen Teil wird der Code aber bereits bei der Installation für den M1-Chip angepasst.

Ich kann nur bestätigen, was andere zuvor berichtet haben: Rosetta 2 funktioniert ausgezeichnet. Ich merke im Alltag gar nicht, für welche Architektur eine Anwendung entwickelt wurde. Die Software sieht gleich aus, fühlt sich gleich an und die Performance ist hervorragend. Auch habe ich keine Bugs festgestellt, die auf Rosetta 2 zurückzuführen wären.

Einzig Spotify kommt mir beim Programmstart träge vor. Ob das an Rosetta 2 liegt, lässt sich erst sagen, wenn die native Version da ist.

Photoshop lief bis Mitte März mit Rosetta 2, mittlerweile ist der Code nativ verfügbar. Ich merke bei der Geschwindigkeit keinen grossen Unterschied, bei der Stabilität gar keinen.

Hier findest du eine umfangreiche Sammlung über den aktuellen Status der gängigsten Anwendungen: ob sie schon portiert sind, ob es wenigstens eine Betaversion gibt oder noch gar nichts. Die Liste lässt sich nach Anwendungsgebiet filtern.

Übernahme der Anwendungen

Ich behaupte, ein durchschnittlicher User kann ignorieren, dass noch nicht alle Programme nativ laufen. Was ich hingegen nicht ignorieren kann, ist die Tatsache, dass einige Anwendungen, die ich auf Windows benutzt habe, auf dem Mac schlicht nicht existieren. In diesem Fall habe ich mich nach Alternativen umgesehen.

Die für mich wichtigsten Programme, die ich übernehmen konnte:

  • Alle Adobe-Anwendungen
  • Microsoft Teams
  • Thunderbird
  • Dropbox
  • Webbrowser wie Firefox oder Brave

Apropos Browser: Beim Umstieg kommt mir entgegen, dass vieles heute webbasiert läuft. Und die Kompatibilität zwischen den Browsern scheint mir im Vergleich zu früher auch besser geworden zu sein. Jedenfalls gibt es bei mir bezüglich Web-Tools überhaupt keinen Bruch beim Systemwechsel.

Bei Thunderbird war ich froh darüber, dass ich einfach das Profil übernehmen konnte. Ich habe drei E-Mail-Konten bei kleineren Providern und null Bock, alle Konfigurationen neu einzutippen. Umziehen geht einfach: Profilordner von Windows in das entsprechende Verzeichnis auf dem Mac kippen. Wo diese Verzeichnisse liegen, wird mir angezeigt, wenn ich in Thunderbird auf Hilfe > Informationen zur Fehlerbehebung gehe. Beim nächsten Programmstart von Thunderbird kann ich dann wählen, welches Profil ich verwenden will.

Affinity Photo existiert auch für den Mac, muss bei einem Systemwechsel aber neu gekauft werden. Beim Preis von aktuell 25 Franken keine Sache; ich kauf es aber erst wieder, wenn ich es wirklich brauche.

Unter Windows gibt es ein paar Tools, die ich auf dem Mac vermisse. Ich habe nach halbwegs gleichwertigem Ersatz gesucht.

Bildbetrachter: Vorschau für IrfanView

Um schnell ein Bild anzuschauen oder in der Grösse zu ändern, möchte ich nicht jedes Mal Photoshop starten. Ich bin seit 1976 vielen Jahren ein grosser Fan von IrfanView. Er ist extrem schnell und über Tastenkürzel effizient zu bedienen. Es gibt vermutlich nichts Gleichwertiges auf dem Mac.

Mein Ersatz ist die in Mac OS integrierte Vorschau. Damit kann ich ebenfalls Bilder auf die Schnelle beschneiden, verkleinern oder in einem anderen Format speichern. Mittlerweile weiss ich auch, wie ich damit mehrere Bilder auf einmal ändern kann: Alle betreffenden Bilder öffnen und in der Vorschau alle markieren.

Die Stapelverarbeitung der Vorschau ist IrfanView klar unterlegen. Dafür hat sie eine grossartige Bildschirm-Recording-Funktion. Auch Videos lassen sich aufzeichnen, in astreiner Qualität. Für meinen Job ist das sehr nützlich.

Optionsmenü für die Bildschirm-Videoaufzeichnung
Optionsmenü für die Bildschirm-Videoaufzeichnung

Text-Editor: BBEdit statt Notepad++

Auch zum Schreiben will ich nicht für jede Notiz eine komplexe Office-Software starten. Ich verfasse sogar lange Texte gerne in einem Text-Editor. Denn ich mag das Schreibmaschinen-Feeling, bei dem nichts vom eigentlichen Tippen ablenkt. Das Tool sollte aber einige Zusatzfunktionen wie Rechtschreibkorrektur, Anzeige der Zeichenlänge oder eine leistungsfähige Suchen-Ersetzen-Funktion haben.

Auf Windows benutzte ich Notepad++. Das gibt’s auf dem Mac nicht, aber natürlich existieren unzählige Alternativen. Ich nutze BBEdit. Dieses Tool ist unschlagbar, wenn es darum geht, Inkompatibilitäten bei Umlauten, Zeilenschlägen oder unsichtbaren Zeichen aus dem Weg zu räumen.

Textverarbeitung: TextEdit statt Office

Das auf jedem Mac vorinstallierte TextEdit lässt sich nicht nur als Text Editor verwenden, sondern auch als klassische Textverarbeitung mit Formatierungen. TextEdit ist im Vergleich zu Word oder LibreOffice Writer simpel gehalten, kann aber Word-Dateien lesen und speichern, ebenso wie die LibreOffice-Formate mit der Endung odt.

Ich bin beruflich auf die in der Deutschschweiz korrekten «typografischen Anführungszeichen» angewiesen. TextEdit kann ich so einstellen, dass das gewöhnliche Zollzeichen automatisch umgewandelt wird. In Word geht das jetzt auch, aber es hat Äonen gedauert, um diese simple Funktion einzubauen.

Auf dem Mac ist neben TextEdit auch Pages vorinstalliert. TextEdit ist klassische Textverarbeitung, Pages fokussiert mehr auf Layout. Ich finde diese Trennung sinnvoll, denn Texte schreiben und Texte layouten sind verschiedene Tätigkeiten mit völlig unterschiedlichen Anforderungen.

Word habe ich zwar installiert, benutze es aber kaum.

Musikproduktion: GarageBand statt Reaper

Das war ein No-Brainer. Denn Reaper war bei mir ein unbefriedigender Ersatz für GarageBand, das ich auf dem iPad intensiv benutzt habe. Reaper kann zwar mehr als GarageBand, aber nur mit externen Erweiterungen, die teilweise viel Geld kosten. Es gibt keine integrierten Instrumente und die Bedienung ist viel komplexer. Reaper sehe ich mehr als Tool fürs Abmischen, nicht für den kreativen Prozess.

Falls mir das kostenlose und vorinstallierte GarageBand mal nicht mehr reichen sollte, könnte ich nahtlos auf Logic Pro wechseln. Denn dieses Tool kann GarageBand-Projekte importieren. Es ist quasi GarageBand plus viel mehr.

Und wenn es keine Alternative gibt?

Für gewisse spezialisierte Software gibt es keinen Ersatz. Mac User, die auf Windows angewiesen sind, können Windows mit Boot Camp auf einer zweiten Partition installieren. Oder mit Parallels in einer virtuellen Maschine betreiben. Aber nur bei einem Mac mit Intel-Chip. Auf einem M1-Mac läuft Windows derzeit nicht.

Allerdings stehen die Chancen nicht schlecht, dass sich das ändert. Parallels hat bereits eine Beta-Version, um Windows auf einem M1-Mac zu betreiben. Auch Boot Camp ist noch nicht abgeschrieben. Allerdings: Auf den M1-Macs dürfte die ARM-Version von Windows zum Einsatz kommen. Diese kann Windows-Intel-Anwendungen zwar emulieren, aber nicht so schnell wie Rosetta 2 die Intel-Mac-Anwendungen. Die 64-Bit-Emulation ist zudem immer noch nicht final.

Ich behalt’ meine Windows-Kiste mal noch, bis sich hier der Nebel lichtet.

Fazit: Läuft.

Das hier sind eigentlich zwei Umstiege in einem. Zum einen der Umstieg von Windows auf Mac, zum andern von der Intel-Chiparchitektur auf die Apple-Architektur. Gemessen daran gibt es erstaunlich wenig Probleme. Fast alles läuft schnell und stabil. Einzige Ausnahme ist die OneDrive-App, die aus irgendeinem ungeklärten Grund nicht richtig funktioniert. Höchstwahrscheinlich hat das Problem aber nichts mit der M1-Architektur zu tun. Ein kleiner Blick auf die User-Rezensionen zeigt, dass diese App jede Menge Probleme aller Art hat.

Wie gesagt, der Windows-PC steht zur Sicherheit noch in der Ecke, aber ich benutze ihn nicht mehr. Privates und Homeoffice erledige ich nur noch auf dem Mac.

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Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 


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