Hintergrund

Mangel an Karton ist ein Problem für Spielehersteller

Durch die Corona-Pandemie ist der Rohstoffpreis von Karton enorm gestiegen. Das merken nicht nur wir als Shop im Versand, sondern auch Hersteller von Brettspielen.

Holz, Aluminium, Kupfer und Kunststoff. Schon seit letztem Jahr sind viele Roh- und Werkstoffe Mangelware. Das trifft vor allem das Baugewerbe, die Fahrzeugindustrie und Elektrotechnik. Worüber bisher weniger geredet wurde: Auch Karton ist knapp. Das merken nicht nur wir als Onlineshop beim Verpackungsmaterial für den Versand.

Besonders Hersteller von Puzzles und Brettspielen sind dieser Rohstoffknappheit stark ausgesetzt, da ihre Produkte teils komplett aus Karton bestehen. Laut Peter Berneiser, Public Relations Manager von Pegasus Spiele, musste die Produktion deshalb bereits anpasst werden: «Wegen der Rohstoffknappheit bei deutschen und europäischen Kartonherstellern haben wir die Produktion einiger unserer Titel nach China verlegt.»

Warum ist Karton knapp?

Dass Karton stetig knapper wird, ist bereits seit mehreren Jahren bekannt. Grund dafür ist, dass wir immer weniger Papier verbrauchen. Wir lesen weniger gedruckte Tageszeitungen und wegen der Digitalisierung gibt es immer mehr papierlose Büros. Dies führt dazu, dass wir zu wenig Altpapier haben, was wiederum für die Kartonherstellung benötigt wird. Dies ist jedoch ein langjähriger Prozess, worauf sich die Industrie einstellen kann. Was jedoch unvorhergesehen die Branche komplett durchgeschüttelt hat, war Corona.

Da viele Geschäfte wegen der Pandemie vorübergehend ihre Türen schliessen mussten, kauften die Menschen ihre Produkte online. Allein im ersten Pandemie-Jahr haben unsere beiden Shops digitec und Galaxus den Umsatz um 59 Prozent gegenüber Vorjahr gesteigert. Mehr Bestellungen bedeuten auch mehr Karton für den Versand. Gerhard Fust ist in unserem Logistikzentrum in Wohlen unter anderem für die Beschaffung von Verpackungsmaterialien verantwortlich. Der Boom im Onlinehandel und die dadurch gestiegene Nachfrage an Karton für den Versand hat ihn besonders beschäftigt. «Vor zwei Jahren, als der erste Lockdown kam, musste ich mein Arbeitspensum um 20 Prozent erhöhen und auch das reichte noch nicht aus», so Gerhard.

Karton wurde während der Pandemie ein rares Gut.
Karton wurde während der Pandemie ein rares Gut.

Auch die Nachfrage nach Spielen stieg während Corona und besonders in Zeiten von Lockdowns enorm an. Der Spielemarkt hat sich im Jahr 2020 um 21 Prozent gegenüber Vorjahr gesteigert. Durch diese weltweit hohe Nachfrage wurde Karton ein knappes Gut und es entstanden Lieferengpässe.

Der Karton wurde teurer

Durch die Knappheit von Karton sind auch die Preise ins Unermessliche gestiegen. Zwischen September 2020 und August 2021 sind laut Business Insider die Preise für Wellpappenrohpapier um 46.6 Prozent gestiegen. Die Grosshandelspreise für gemischtes Altpapier haben sich in diesem Zeitraum gar verdreifacht. Gemäss Gerhard Fust ist aber nicht nur der Rohstoff selbst teurer geworden: «Die Stromkosten für die Herstellung von Karton und die Dieselpreise für den Transport steigen ebenfalls.»

Durch die gestiegenen Preise von Karton kommen Spielehersteller je länger je mehr in Bedrängnis. So auch Game Factory, ein Spieleverlag aus Wädenswil am Zürichsee. Gemäss Rico Gadola, PR-Manager von Game Factory kriegen sie aktuell zwar genug Rohstoffe, müssen wegen den höheren Rohstoffkosten aber ihre Produktion überdenken: «Ist man mit einer solchen Entwicklung konfrontiert, macht man sich als Verlag auf allen Ebenen Gedanken. Wo können wir beim Verpackungsdesign oder der Ausstattung Rohstoffe sparen? Bei welchen Produktionspartnern bekommen wir realistische Offerten?»

Auswirkung auf Endverbraucher

Werden Rohstoffe teurer, setzt das nicht nur den Herstellern zu. So sagt Gadola: «Wir tun aktuell alles, um unsere Schwellenpreise halten zu können. Doch, und das ist ganz klar, langfristig wirken sich steigende Rohstoffpreise immer auch auf Endkonsument:innen aus.» Was so viel heisst wie, dass Game Factory mit grosser Wahrscheinlichkeit ihre Preise erhöhen wird. Und damit sind sie nicht alleine.

Pegasus Spiele hat die Verkaufspreise ihrer Produkte bereits im November 2021 erhöht. Auch Schmidt Spiele sieht sich dazu gezwungen. Geschäftsführer Axel Kaldenhoven sagt: «Die Preiserhöhung der Rohstoffe wird uns noch länger begleiten. So muss auch Schmidt Spiele aufgrund der aktuellen Lage zum 1. September 2022 die Preise anpassen.»

Immerhin sind die Spielehersteller positiv gestimmt, dass sich die Lage in den nächsten Monaten entspannen wird, da sich die Papierindustrie der steigenden Nachfrage angenommen hat. Nichtsdestotrotz: Die Pandemie und der Angriffskrieg in der Ukraine haben deutlich gemacht, wie empfindlich unsere globale Infrastruktur ist und wie stark die Auswirkungen bis zum Endverbraucher spürbar sind.

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Bezahlt werde ich dafür, von früh bis spät mit Spielwaren Humbug zu betreiben.

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