Warum «aber» ein Scheisswort ist
Meinung

Warum «aber» ein Scheisswort ist

Patrick Vogt
12.1.2024

Ich liebe die deutsche Sprache und den Umgang mit ihr. Nur das «aber» kann von mir aus gerne in der Sondermülldeponie der unerwünschten Worte entsorgt werden. Dass ich überhaupt darauf achte, habe ich einem Lehrer zu verdanken.

«Das Neinhorn» ist ein wunderbar komisches Kinderbuch von Marc-Uwe Kling. Darin tummeln sich neben der Titelfigur weitere drollige Gestalten, die ihrem Namen alle Ehre machen. Dem Nahund ist alles egal, der Wasbär hört schlecht, die Königsdochter widerspricht konsequent.

All diese Figuren sind irgendwie liebenswert und bringen mich zum Schmunzeln. Nur über einen kann ich überhaupt nicht lachen: den Abär. Was wohl daran liegt, dass mir schon im Alltag viel zu viel rumgeabert wird.

Unten rechts: der Abär aus Marc-Uwe Klings «Neinhorn».
Unten rechts: der Abär aus Marc-Uwe Klings «Neinhorn».
Quelle: Patrick Vogt

«Aber» ist ein kommunikativer Giftpfeil

Der Same der «aber»-Abneigung wurde mir schon als Jugendlicher gesetzt. In den 90er-Jahren hatten wir einen jungen Oberstufenlehrer, der uns neben dem Pflichtlehrstoff immer wieder mit Themen und Anekdoten erhellte, die die Gesellschaft und den Umgang miteinander betreffen. Dabei sprach er auch über «aber» und was dieses Wort bewirken kann. «In einem Satz mit «aber» könnt ihr alles davor vergessen», so oder ähnlich formulierte es Herr Göppert damals. Praktisch identisch, nur etwas deutlicher sagt es Jon Snow viele Jahre später in «Game of Thrones»: «Alles vor dem Wort «aber» ist Pferdescheisse.»

«Aber» lässt meine inneren Alarmglocken schrillen. Dieses Wort vergiftet die Kommunikation, es relativiert, schränkt ein und verkehrt Gesagtes ins Gegenteil. «Ja, aber …», «Deine Idee ist toll, aber …», «Ich mag dich, aber …», merkst du, was ich meine? «Dieses widerliche Wort», erwidert der High Evolutionary auf ein «aber» in «Guardians of the Galaxy Vol. 3». Wie recht er doch hat.

Dem «aber» sachlich auf den Grund gegangen

Laut Wortschatzlexikon der Universität Leipzig ist «aber» eines der 50 häufigsten Wörter. Tatsächlich brauchen und hören wir es ständig. Ich nehme mich da nicht raus. Auch wenn mich das «Aber» anderer triggert, geht es mir selbst wohl immer noch zu oft über die Lippen. Den besten Beweis dafür liefert unsere knapp fünfjährige Tochter, die im Moment fast immer mit «Aber …» beginnt, wenn sie sich widersetzt und andere Pläne hat als wir. Von irgendwoher muss sie das ja haben, deshalb: Asche auch auf mein Haupt.

Bei Scrabble gibt’s dafür ein paar Punkte, bei mir machst du Minus.
Bei Scrabble gibt’s dafür ein paar Punkte, bei mir machst du Minus.
Quelle: Sofia Vogt

Der Duden spuckt bei der Suche nach «aber» vier Ergebnisse aus: Wir können es als Substantiv verwenden («Ohne Wenn und Aber»), als Partikel («Du bist aber gross geworden!»), als Adverb («Sie besuchte ihn aber und abermals») und als Konjunktion, also Bindewort («Das Essen war gut, aber versalzen»). Vor allem als letztere Wortart ist «aber» für mich und andere negativ behaftet. Weil es häufig genau dafür verwendet wird: eine anfänglich positive Aussage ins Gegenteil zu verkehren oder zumindest abzuschwächen.

Die Alternativen

Das «aber» ein Scheisswort ist und viel zu häufig verwendet wird, finden nicht nur mein Oberstufenlehrer von damals und ich. Viele Kommunikationsprofis plädieren dafür, es zu vermeiden. Um auf das «aber» zu verzichten, gibt es verschiedene Lösungsansätze. Keiner davon überzeugt mich restlos.

Schlaumeier meinen, man solle «allerdings», «dennoch» oder «trotzdem» verwenden. Nun ja. Das sind alles Synonyme von «aber» und erzeugen deshalb den gleichen Effekt, jedenfalls bei mir. Da bin ich doch noch näher beim Vorschlag, «aber» durch «und» zu ersetzen. Ja, auch das ist zweifellos nicht der Weisheit letzter Schluss.

Der Rhababer ist bestimmt Abärs Leibspeise.
Der Rhababer ist bestimmt Abärs Leibspeise.
Quelle: Stephan Lütolf

Achte auf deine Worte

Wer jedes Wort auf die Goldwaage legt, nimmt alles wörtlich und achtet peinlich genau auf die Bedeutung jedes einzelnen Wortes. Das wird häufig negativ ausgelegt. Dabei täte es uns allen gut, wenn wir dem, was wir sagen, wieder etwas mehr Gewicht geben und Sorge tragen würden. Einem schnell dahergesagten «Ja, aber …» würde es auf jeden Fall den Garaus machen. Davon bin ich überzeugt.

«Aber» braucht kein Mensch, auch wenn es längst nicht immer so negativ gemeint ist, wie ich es verstehe. Vielleicht schaffe ich es tatsächlich mal, dieses unnütze Wort aus meinem Sprachgebrauch zu verbannen. Ich arbeite dran. Und du?

Wie hältst du es mit dem Wort «aber»? Welches Wort kannst du nicht mehr hören? Die Community und ich sind gespannt auf deinen Kommentar. Ohne Wenn und Aber.

Titelcartoon: Stephan Lütolf

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Ich bin Vollblut-Papi und -Ehemann, Teilzeit-Nerd und -Hühnerbauer, Katzenbändiger und Tierliebhaber. Ich wüsste gerne alles und weiss doch nichts. Können tue ich noch viel weniger, dafür lerne ich täglich etwas Neues dazu. Was mir liegt, ist der Umgangmit Worten, gesprochen und geschrieben. Und das darf ich hier unter Beweis stellen. 


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