Wie viel Ruhezeit zwischen zwei Sätzen braucht es beim Krafttraining?
Hintergrund

Wie viel Ruhezeit zwischen zwei Sätzen braucht es beim Krafttraining?

Hast du auch schon bemerkt, dass es Leute im Gym gibt, die sofort nach dem Ende eines Satzes auf ihre Uhr schauen oder einen Timer für die Ruhepause stellen? Was hat es mit dieser Zeit auf sich und gibt es eine optimale Ruhepause? Hier kommen die Antworten.

Die Zeit, die zwischen zwei Trainings-Sätzen verstreicht, wird als Ruhepause oder -intervall bezeichnet. Die Empfehlungen des American College of Sports Medicine [1] für die Länge der Ruhepausen reichen von 1 bis 2 Minuten für 6 bis 12 RM, 3 bis 5 Minuten für Krafttraining mit schnellen Kontraktionsgeschwindigkeiten und < 90 s für lokales muskuläres Ausdauertraining mit leichten bis mittleren Belastungen (> 15 Wiederholungen).

Zur Wissenschaft

Ratamess und Kollegen [2] untersuchten die Auswirkungen unterschiedlicher Ruheintervalle auf den Stoffwechsel beim Bankdrücken. Acht krafttrainingserfahrene Männer (21.4 ± 2.4 Jahre) führten 10 randomisierte Protokolle (5 Sätze Bankdrücken mit 75 bzw. 85 % des 1-RM für 10 bzw. 5 Wiederholungen) mit unterschiedlich langen Ruhepausen (30 s, 1, 2, 3, 5 min.) durch. Die wichtigsten Ergebnisse waren, dass die geleistete Arbeit bei beiden Belastungsintensitäten mit Verringerung der Ruhepausen abnahm. Die 30-s-Ruhepause verringerte das Gesamttrainingsvolumen in der Gruppe mit 10 Wiederholungen um mehr als 24 % im Vergleich zu der Gruppe mit 5-minütiger Ruhepause.

Die Forschungsgruppe rund um Ahtiainen [3] ging der Frage nach, wie sich kurze und lange Ruhepausen auf Kraft, Muskelgrösse und hormonelle Anpassungen des Quadrizepsmuskels auswirken. Dreizehn krafttrainingserfahrene Männer (28,7 ± 6,2 Jahre) nahmen an der Studie teil. Es wurden zwei Trainingsgruppen gebildet, die aus unterschiedlichen Ruhepausen (kurz: 2 min. oder lang: 5 min.) bestanden. Nach 3 Monaten Training, wurden die Gruppen getauscht. Die Gruppe mit kurzer Ruhepause absolvierte dann das Training jeweils mit einer langen Ruhepause und vice versa.

Das Trainingsprotokoll sah wie folgt aus:

  • Gruppe kurze Ruhepause: Jeweils 10 Wiederholungen bei 5 Sätzen auf der Beinpresse und bei 4 Sätzen Kniebeugen.
  • Gruppe lange Ruhepause: Jeweils 10 Wiederholungen bei 5 Sätzen auf der Beinpresse und bei 4 Sätzen Kniebeugen. Zusätzlich wurde die Belastung um ca. 15 % erhöht, um das Gesamttrainingsvolumen zwischen den Gruppen auszugleichen.

Die Kraft im Quadrizeps unterschied sich zum Messzeitpunkt 0, 3 oder 6 Monate nicht signifikant zwischen den Gruppen. Der mittels Kernspintomographie gemessene Querschnitt des Quadrizepsmuskels nahm nach 6 Monaten in beiden Gruppen gegenüber dem Ausgangswert signifikant um 3,5 ± 4,3 % zu. Die Messung nach drei Monaten ergab keinen signifikanten Unterschied bezüglich des Querschnitts des Quadrizepsmuskels zwischen den Gruppen.

Zwei Untersuchungen zum Thema

De Souza und Kollegen [4] untersuchten die Muskelkraft und -hypertrophie zwischen konstanten und abnehmenden Ruheintervallen bei achtwöchigem Krafttraining. Zwanzig krafttrainingserfahrene junge Männer (20.5 ± 1 Jahre) wurden nach dem Zufallsprinzip entweder einer Gruppe mit konstanten oder einer Gruppe mit abnehmenden Ruhepausen zugewiesen. In den ersten 2 Wochen des Trainings wurden von beiden Gruppen 3 Sätze mit 10 bis 12 Wiederholungen und 2-minütigen Ruhepausen zwischen den Sätzen und Übungen durchgeführt. In den folgenden 6 Wochen trainierte die Gruppe mit konstantem Ruheintervall von 2 Minuten zwischen den Sätzen und Übungen (4 Sätze von 8 bis 10 RM) und die Gruppe mit abnehmendem Ruheintervall, mit von 2 Minuten auf 30 Sekunden abnehmenden Ruhepausen (4 Sätze von 8 bis 10 RM). Daher war das Gesamttrainingsvolumen beim Bankdrücken und bei der Kniebeuge in der Gruppe mit abnehmenden Ruhepausen signifikant niedriger als in der Gruppe mit konstanten Ruhepausen (Bankdrücken 9,4 %, Kniebeuge 13,9 %). Mittels Kernspintomographie wurden die jeweiligen Muskelquerschnitte untersucht. Es wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen in Bezug auf den Muskelquerschnitt (Arm 13,8 vs. 14,5 %, Oberschenkel 16,6 vs. 16,3 %), das 1-RM (Bankdrücken 28 vs. 37 %, Kniebeugen 34 vs. 34 %) und das isokinetische Spitzendrehmoment festgestellt.

Schoenfeld et al. [5] untersuchten die Anpassungen an das Krafttraining bei 21 jungen, trainierten Männern (Altersspanne: 18 bis 35 Jahre), die nach dem Zufallsprinzip entweder einer Gruppe mit 1-minütigen oder einer Gruppe mit 3-minütigen Ruhepausen zugeteilt wurden. Das Gesamttrainingsvolumen war gleich hoch. Die Studiendauer betrug 8 Wochen, und die Teilnehmer absolvierten drei Ganzkörpertrainings pro Woche mit drei Sätzen von 8 bis 12 Wiederholungen von sieben verschiedenen Übungen pro Trainingseinheit. Die Muskelkraft wurde anhand des 1-RM mittels Bankdrücken und Kniebeugen getestet, während die Muskeldicke der Ellenbogenbeuger, des m. triceps brachii und des m. quadriceps femoris mithilfe von Ultraschall gemessen wurde. Es wurde eine signifikant grössere Zunahme beim 1-RM im Bankdrücken und bei der Kniebeuge für die Gruppe mit dem 3-Minuten-Ruheintervall im Vergleich zu der Gruppe mit dem 1-Minuten-Ruheintervall festgestellt. Obwohl kein signifikanter Unterschied bestand, wurde ein Trend zu einer grösseren Zunahme der Dicke des m. triceps brachii (P = 0.06) für die Gruppe mit dem längeren Ruheintervall festgestellt.

Schlussfolgerung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Ruhepausen das Gesamttrainingsvolumen beeinflussen und einen Kompromiss zwischen mechanischer Spannung und metabolischer Belastung darstellen. Die aktuelle Literatur deutet jedoch darauf hin, dass Ruhepausen bei Kontrolle des Gesamttrainingsvolumens nur geringe Auswirkungen auf Kraft und Hypertrophie haben.

Referenzen

  1. ACSM, American College of Sports Medicine. Progression models in resistance training for healthy adults. Med Sci Sports Exerc. United States; 2009;41: 687–708. doi:10.1249/MSS.0b013e3181915670
  2. Ratamess NA, Falvo MJ, Mangine GT, Hoffman JR, Faigenbaum AD, Kang J. The effect of rest interval length on metabolic responses to the bench press exercise. Eur J Appl Physiol. Springer; 2007;100: 1–17. doi:10.1007/s00421-007-0394-y
  3. Ahtiainen JP, Pakarinen A, Alen M, Kraemer WJ, Häkkinen K. Short vs. long rest period between the sets in hypertrophic resistance training: Influence on muscle strength, size, and hormonal adaptations in trained men. J Strength Cond Res. United States; 2005;19: 572–582. doi:10.1519/15604.1
  4. De Souza TP, Fleck SJ, Simão R, Dubas JP, Pereira B, De Brito Pacheco EM, et al. Comparison between constant and decreasing rest intervals: Influence on maximal strength and hypertrophy. J Strength Cond Res. 2010;24: 1843–1850. doi:10.1519/JSC.0b013e3181ddae4a
  5. Schoenfeld BJ, Pope ZK, Benik FM, Hester GM, Sellers J, Nooner JL, et al. Longer interset rest periods enhance muscle strength and hypertrophy in resistance-trained men. J Strength Cond Res. 2016;30: 1805–1812. doi:10.1519/JSC.0000000000001272
Titelbild: Shutterstock

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Molekular- und Muskelbiologe. Forscher an der ETH Zürich. Kraftsportler.


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